Impuls von Stefan Buß: Die Heilige Hildegard von Bingen
Samstag, 15.10.2022
von STEFAN BUß
FULDA / MKK - Die Heilige Hildegard von Bingen, deren Gedenktag am 17. September begangen wird, lebte 1098 – 1179. Sie war Benediktinerin, Äbtissin, Dichterin, Komponistin und eine bedeutende natur- und heilkundige Universalgelehrte. In der römisch-katholischen Kirche wird sie als Heilige und Kirchenlehrerin verehrt.
Sie war eine Frau, die sich Gehör verschaffte und ihre Zeit wesentlich mitprägte. Als Zeitgenossin von Kaiser Barbarossa (1122–1190) wurde sie in unruhige Zeiten hineingeboren. Es ist die Zeit der Kreuzzüge und der innerkirchlichen Spannungen. In den Wirren der Zeit musste die prophetisch begabte Frau hinaustreten in die Öffentlichkeit, um unzähligen Menschen Weisung und Orientierung zu geben. Nebenbei hat sie sich auf dem Gebiet der Naturkunde und Medizin einen Namen gemacht.
"Ganzheitlich leben"
„Ganzheitlich leben“, das prägte ihr Leben. Hildegard verstand sich aufs Leben. Sie war beseelt von der Gewissheit, dass Gott alles zum Guten führt, was der Mensch in seinem Namen beginnt. „Gott ist gut, und alles, was in Ihm seinen Ausgang nimmt, ist gut“, sagte sie selbst. In dieser Zuversicht konnte sie die Menschen und die Welt sehen, wie sie sind, ohne zu idealisieren, zu verteufeln und ohne zu moralisieren. Somit gehört alles zum Menschen, was ihn ausmacht.
Eine moderne Sichtweise auf den Menschen. Alles, was ist, darf sein; nichts muss geleugnet oder verdrängt werden, weil alles zu Gott führen kann, wenn ich als Mensch bereit bin, mich gerade durch die Sehnsucht meines Lebens, meiner Seele, meines Leibes und meines Geistes zu Gott führen lassen. Es ist eine sinnliche, ja sinnfrohe Spiritualität, in der Hildegard lebt. Eine Frömmigkeit, die nicht überfordert, sondern Maß nimmt am Menschen und damit dem menschlichen Maß gerecht wird. Weil sie die Erde ebenso liebte wie den Himmel, war sie aufmerksam für die Menschen und ihnen zugewandt.
Mit beiden Beinen auf der Erde
Eine Heilige also mit beiden Beinen auf der Erde, aber dem Himmel zugewandt. Viele kamen zu ihr und fragten sie um Rat. Kranke, kleine Leute und Fürsten, verzweifelte Mütter und Bischöfe. Sie fanden in Hildegard einen Menschen, der die Spannweite des Lebens nicht nur vom Hörensagen kannte und den Mut hatte, zu sagen, was zu sagen ist, realistisch, solidarisch, kritisch, ermutigend und barmherzig. In jedem Menschen und in jedem Detail der Schöpfung sah sie den großen Zusammenhang alles Geschaffenen in der Liebe des Schöpfers und im Ganzen des Universums zugleich das Einzelne und Besondere.
Zusammenschau, was zusammengehört – das konnte Hildegard, und das wird es wohl sein, was sie 800 Jahre nach ihrem Tod so aktuell und darum auch so anziehend noch heute macht. Voraussetzung dafür ist ein Herz, das weit ist und frei und bereit, die gebrechliche Wirklichkeit zu lieben und anzunehmen. Die Frucht solchen Schauens ist ein Leben, das in aller Armut und Begrenztheit reicher wird, wahrhaftiger und nicht zuletzt – lebendiger.
Impuls von Stefan Buß: Oh, wie schön ist Panama
Also machen sie sich getrieben von ihrer Sehnsucht auf den Weg...