Buchmessepreisträger schneidet sich Haare ab

PAPPERT PLAPPERT: Über Solidarität, die eigentlich nur dem Selbstzweck dient

K.N-Kolumnist Moritz Pappert - Foto: Marius Auth


Montag, 24.10.2022
von MORITZ PAPPERT

MAIN-KINZIG-KREIS - Heute ist der letzte Tag der Frankfurter Buchmesse. Gelegenheit also auf ein Ereignis zu schauen, dass sich bei der Verleihung des diesjährigen Buchpreises in Frankfurt ereignet hat. Der Gewinner Kim de l'Horizon rasierte sich im Frankfurter Römer die Haare ab. Es sollte ein Zeichen sein. Es dient aber vor allem nur einem: ihm selbst.

Als Kim de l'Horizon als Gewinner gekürt wurde, schaute er laut einem Bericht der Hessenschau völlig ungläubig. Er konnte es offensichtlich selbst kaum glauben. Aber war das wirklich so? Naja. Auf der Bühne holte er plötzlich einen Rasierer aus seinem Täschchen und rasierte sich die Haare ab. Klar, wer hat sowas nicht immer mit dabei. De l'Horizon solidarisierte sich damit mit der Protestbewegung im Iran.

Hintergrund ist, dass eine Frau im September von der islamischen Sittenpolizei festgenommen und misshandelt wurde, weil angeblich ihr Kopftuch nicht richtig saß. Danach solidarisierten sich Menschen auf der ganzen Welt und schnitten sich die Haare ab.

Solidarität sollte anderen helfen, nicht sich selbst

Um eines klarzustellen: Die Verhältnisse im Iran sind grauenhaft und menschenverachtend. Hier muss etwas dagegen getan werden. Aber hilft den Frauen dort wirklich, wenn man sich hier die Haare abschneidet? Und nimmt sich der Buchpreisträger vielleicht nicht etwas zu wichtig, wenn er hier im sicheren Deutschland auf die Bühne tritt und "ein Zeichen setzt". 

Dazu muss man sich mal anschauen, was Solidarität überhaupt ist. Es wird gleichgesetzt mit Zusammengehörigkeit, sich gegenseitig zu helfen und füreinander einzustehen. Deshalb ist die Frage doch berechtigt: Was hilft es den Frauen im Iran, wenn man sich hier die Haare abschneidet? Natürlich, man wird darauf aufmerksam, so wie ich jetzt auch. Aber damit ist einem noch lange nicht geholfen. 

Wenn man wirklich etwas bewegen will, sollte man sich vielleicht nicht ganz so wichtig nehmen. Einige Beispiele, die wirklich etwas bewegen und die man machen kann, ohne sich in den Vordergrund zu stellen sind beispielsweise an Menschenrechtsorganisationen zu spenden, die Politik um Unterstützung bitten oder auch selbst aktiv zu werden.

Solidarität ist wichtig. Aber sie sollte nicht dem Selbstzweck dienen, sondern denen, die wirklich Hilfe benötigen. 

Jeden Sonntag schreibt KINZIG.NEWS-Reporter Moritz Pappert in dieser Kolumne über Themen, die ihn in der vergangenen Woche bewegt haben. Immer mit einem Augenzwinkern und immer extrem subjektiv. Ein Pappert plappert halt einfach drauf los. Autogrammwünsche bitte per E-Mail an [email protected]

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