Bädersterben: Landrat fordert Unterstützung über kommunalen Finanzausgleich
Donnerstag, 03.11.2022
MAIN-KINZIG-KREIS - „Der Main-Kinzig-Kreis kann bei der Sicherung der Schwimmbadstandorte im Kreisgebiet ein Teil der Gesamtlösung sein, aber nicht der alleinige Problemlöser“, erklärt Landrat Thorsten Stolz auch mit Blick auf die Diskussionen rund um eine mögliche Schwimmbadschließung in Erlensee (KINZIG.NEWS berichtete).
Mit einigen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aus dem Main-Kinzig-Kreis hatte er in den vergangenen Wochen schon Gespräche über die Herausforderung der Schwimmbadfinanzierung geführt. Steigende Energiepreise erschwerten demnach den Kommunen die Finanzierung des laufenden Betriebs, gestiegene Materialpreise die Finanzierung von notwendigen Sanierungen. In Erlensee ist der Fortbestand des Schwimmbads akut in Gefahr; auch aus anderen Kommunen erhält der Kreis Berichte über Schwierigkeiten bei der Finanzierung.
Unterstützung bei der Lösungsfindung
Thorsten Stolz hat die Bereitschaft erklärt, die Städte und Gemeinde bei der Lösungsfindung zu unterstützen. Konkret geht es um die finanzielle Unterstützung bei Sanierungsmaßnahmen aus Mitteln des Kreisausgleichsstocks und die Höhe der Erstattung des Schwimmunterrichts der Schulen.
„Wir haben als Main-Kinzig-Kreis die Möglichkeit, dringende Instandsetzungen über den Kreisausgleichsstock zu fördern. Das haben wir in der Vergangenheit getan und das werden wir trotz knapper Kassen fortsetzen. Und wir haben über die Zuschüsse zum Schulschwimmen einen Hebel, um die zusätzlichen Aufwendungen bei der Energiebeschaffung ein Stück abzumildern. Diese Möglichkeiten schöpfen wir über das bisherige Maß aus. Wir haben im Sinne des Schulsports und im Sinne der Vereine ein großes Interesse daran, dass die Bäderstandorte erhalten bleiben und leisten dazu verlässlich unseren Beitrag“, sagt Landrat Stolz.
Der Kreisausschuss hat in seiner jüngsten Sitzung am Dienstag entschieden, höhere Zuschüsse für kommunale Bäder zu zahlen, in denen Schulschwimmen stattfindet. Mit der Erhöhung um insgesamt 206.000 Euro auf nun rund 555.000 Euro werden die 14 Bäder im Kreisgebiet als Reaktion auf die in den vergangenen Monaten gestiegenen Energiepreise bedacht. Dies hat der Landrat auch mit Schuldezernent Winfried Ottmann abgesprochen und auf den Weg gebracht.
Zuschussmöglichkeit über den Kreisausgleichsstock

Als weiteren Punkt hat Landrat Thorsten Stolz in den vergangenen
Tagen für die Zuschussmöglichkeit über den Kreisausgleichsstock
geworben. Davon hatten Kommunen in der Vergangenheit schon teils
Gebrauch gemacht. Arbeiten an hiesigen Schwimmbädern hat der
Main-Kinzig-Kreis in den vergangenen fünf Jahren mit 1,9 Millionen Euro
gefördert – und zwar unabhängig von der Förderung des Landes über dessen
SWIM-Programm. Wo neue Sanierungsarbeiten anstehen, könnten diese durch
den Kreis zu einem gewissen Anteil mitfinanziert werden. Das gelte auch
für die Stadt Erlensee.
„Die Städte und Gemeinden mit eigenen
Bädern stehen unter zunehmendem finanziellen Druck. Wir werden deshalb
in unserem Verantwortungsbereich die Dinge tun, die uns möglich sind, um
zu helfen. Gleichwohl wissen wir alle, dass ein Landkreis den Kommunen
den Kostendruck bei ihren eigenen Einrichtungen nicht nehmen kann. Das
gehört zur Wahrheit dazu. Hier braucht es eine Bäderfinanzierung, die
auf mehreren stabilen Säulen steht“, fügt Stolz hinzu und dämpft
„angesichts der mittelfristigen Perspektive der Kreisfinanzen“ die
Erwartungen, der Main-Kinzig-Kreis könne die Lücken komplett decken.
"Heute in der Situation, vor der wir 2015 gewarnt haben"
Der
Landrat erinnert an die Diskussion, die über die Bäderfinanzierung vor
gut sieben Jahren im Zuge der Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs
geführt worden ist. „Wir sind auf kommunaler Ebene heute genau in der
Situation, vor der wir in Hessen vor Jahren gewarnt haben“, erklärt er.
„Die Trägerschaft der Schwimmbäder liegt bei den Städten und Gemeinden,
und dort verbleibt die Hauptlast der Kosten. Es wäre sehr sinnvoll, wenn
die Kommunen gerade für die Unterhaltung von Hallenbädern Mittel aus
dem Kommunalen Finanzausgleich erhielten. Aber ein solcher Vorschlag,
den ich 2015 dem Land Hessen gemeinsam mit neun anderen
Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aus dem Main-Kinzig-Kreis –
darunter auch Erlensees Bürgermeister Stefan Erb –unterbreitet habe,
fand damals in Wiesbaden kein Gehör.“
Im Jahr 2015 war die
Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs in Hessen diskutiert worden.
Im Einklang mit dem Landessportbund Hessen und dessen Präsidenten Dr.
Rolf Müller hatten die Rathäuser damals gefordert, die Schwimmstätten
durch die Landesregierung nicht länger als „freiwillige Leistung“
einstufen zu lassen. Ziel war, für die Vorhaltung von Bädern – eben
gerade auch für den Schul- und Vereinssport – dauerhaft und verlässlich
Zuwendungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich zu erhalten. Das
Finanzministerium lehnte dieses Ansinnen ab.
„Für Städte wie
Erlensee und Nidderau gäbe es noch eine Perspektive, wenn sie durch das
Land Hessen zum Mittelzentrum hochgestuft würden. Das unterstützt der
Main-Kinzig-Kreis ausdrücklich. Aber auch das wäre mit Blick auf die
Kostenstruktur für Schwimmbäder nur ein weiterer kleiner Baustein zur
Entlastung. Und für die anderen Städte und Gemeinden, die ebenfalls
Frei- und Hallenbäder haben, gibt es diese Perspektive nicht. Kommunen
mit Bädern brauchen einfach eine verlässliche, stärkere, strukturelle
Hilfe“, so der Landrat.
Der Main-Kinzig-Kreis reiche seinerseits den Kommunen die Hand. „Für eine Gesamtlösung brauchen die Kommunen aber auch eine stärkere Kostenbeteiligung durch den Bund bei den anstehenden Sanierungen und durch das Land Hessen bei den laufenden Betriebskosten. Nur so können sie haushaltsvertretbar ihre Schwimmbäder offenhalten und sanieren. Die kommunale Ebene alleine kann nicht das Finanzierungsnetz flicken, das von anderer Stelle durchlöchert worden ist“, erklärt Stolz.
Main-Kinzig-Kreis: "Betrieb von Schwimmbädern im Finanzausgleich anrechnen"
Da
in Hessen eine Evaluierung des Kommunalen Finanzausgleichs ansteht,
wird der Landrat den aus 2015 stammenden Vorschlag zur anteiligen
Hallenbadfinanzierung erneut gegenüber dem Land unterbreiten. „Was
damals richtig war, ist es in der heutigen Situation umso mehr. Das
macht das Beispiel Erlensee so deutlich. Künftig muss der Betrieb von
Schwimmbädern im Kommunalen Finanzausgleich angerechnet werden können“,
so Thorsten Stolz, der auf eine breite, parteiübergreifende
Unterstützung für den Vorstoß zum Erhalt der Bäder hofft.
Die Argumente für eine anteilige Finanzierung über den Kommunalen Finanzausgleich liegen auf der Hand: „Hallenbäder wie das in Erlensee sind immer Einrichtungen auch für die Bürgerinnen und Bürger der Nachbarkommunen, teilweise auch der Region. Genau deshalb wäre eine Mitfinanzierung aus dem Kommunalen Finanzausgleich richtig und angebracht. Das würde ein weiteres Bädersterben verhindern.“ (red)