"Jetzt den Zeitgewinn gut nutzen"

Hanaus Bürgermeister fordert Finanzierung zum Erhalt der Sprach-Kitas

Die Stadt Hanau war im August wie unzählige andere Kommunen von der Ankündigung überrascht worden, dass die Förderung mit diesem Jahr enden soll. - Symboldbild: KN/Stefanie Harth


Dienstag, 15.11.2022

HANAU - „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ kommentiert Hanaus Bürgermeister Axel Weiss-Thiel die Nachricht aus dem Bundesfamilienministerium, dass die Bundesregierung das Förderprogramm „Sprach-Kitas“ doch nicht wie geplant zum Jahresende, sondern erst im Sommer 2023 einstellen will.

Wie der Sozialdezernent sagt, verschaffe diese sechsmonatige Verlängerung zwar einen Zeitgewinn. „Doch die nächsten Wochen müssen von Bund und Land unbedingt dafür genutzt werden, Mittel und Wege zu finden, wie dieses überaus wichtige Förderprogramm fortgesetzt werden kann.“

"Wichtige Chance genommen"


Die Stadt Hanau war im August wie unzählige andere Kommunen von der Ankündigung überrascht worden, dass die Förderung, mit der bisher die alltagsintegrierte sprachliche Bildung als fester Bestandteil in der Kindertagesbetreuung finanziert wird, mit diesem Jahr enden sollte. Für die Brüder-Grimm-Stadt, in der sich insgesamt 19 Kitas an dem Programm beteiligt haben, wären damit Fördermittel in Höhe von rund 500.000 Euro pro Jahr entfallen. Weiss-Thiel kritisierte diese Entscheidung massiv. „Den betroffenen Kindern wird hier durch den Wegfall der gezielten Mittel für Sprachförderung schon beim Start ihrer Bildungskarriere eine wichtige Chance genommen.“ Dabei sei völlig unstrittig, dass gute Bildung die Basis für einen erfolgreichen Lebensweg sei.

„Auch in der Frage, dass ein gutes Sprachverständnis eine wesentliche Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe ist, sind sich alle Fachleute einig,“ so Weiss-Thiel. Da man diese Überzeugung teile, hätten sich in Hanau 19 Kitas an dem Programm beteiligt. Immerhin haben mehr als 27 Prozent der Hanauer Bevölkerung keine deutsche Staatsangehörigkeit. Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund in den städtischen Kitas liegt stadtweit bei über 60 Prozent. „Wir haben hat vor diesem Hintergrund schon seit Jahrzehnten besondere eigene Anstrengungen für Sprachintegration, Integration und Bildungschancen von Kindern aus Zuwandererfamilien unternommen“, erinnert der Sozialdezernent an das stadteigene Programm „Ich versteh dich“.

Dank des seit 2016 laufenden Bundesprogramms habe man daran anknüpfen und die die Anstrengungen erheblich verstärken können. Dank der Fördermittel verfügen die an dem Bundesprogramm beteiligten Kitas aktuell über eine zusätzliche Fachkraft mit halber Stelle, um die jeweiligen Kita-Teams bei der besonderen Förderung der Kinder in den Themenschwerpunkten alltagsintegrierte sprachliche Bildung, Zusammenarbeit mit Familien, Inklusion und Digitalisierung zu unterstützen.

Wie der Bürgermeister weiter erläutert, werden darüber hinaus aus diesem Programm zwei Fachberatungsstellen mit halber Stelle gefördert, die die Kitas bei der Weiterentwicklung der praktischen Sprachförderung in den Kitas unterstützen. „An diese Fachberatungsstellen sind über Hanau hinaus auch andere Kitas in kleineren Kommunen der Region angeschlossen.“ Doch diese fachliche und inhaltliche Unterstützung ist nach den Worten von Astrid Weiermann, Leiterin des Eigenbetriebs Hanau Kindertagesbetreuung, direkt an die Fördermittel geknüpft. „Sollte die Finanzierung des Bundes auslaufen, müssen wir diese Beratung und fachliche Begleitung für Kindertageseinrichtungen in Michelstadt, Freigericht, Bad Nauheim, Büdingen, Schlüchtern und Fulda ersatzlos streichen.“

Gezielte Sprachförderung in Kitas


„Wir haben in Hanau schon lange vor dem Bundesprogramm mit gezielter Sprachförderung in Kitas begonnen und wir werden auch in Zukunft ganz sicher den uns anvertrauten Kindern eine konzeptionell abgestimmte Hilfestellung beim Spracherwerb geben“, stellt Weiss-Thiel klar, dass die Stadt an ihrer grundsätzlichen Haltung zur Bedeutung der Sprachförderung festhalten und dies im Kita-Alltag leben wird. „In welchem Umfang und in welcher Intensität dies jedoch möglich sein wird, hängt aber ganz maßgeblich von der finanziellen Beteiligung von Bund und Land ab.“

Astrid Weiermann ergänzt, dass man beim EB Kitag in Hanau im Vertrauen darauf, dass die notwendigen Fördermittel fließen, alle Voraussetzungen geschaffen hat, um das Programm zu verstetigen. „Ein kurzfristiger Rückzug des Bundes widerspricht einer verlässlichen Kooperation und stellt uns vor enorme Herausforderungen, da die Wirtschaftspläne für 2023 längst fertig und beschlossen sind.“ Trotzdem werde man natürlich alle Ressourcen nutzen, die zur Verfügung stehen, um die Kinder im Rahmen der Möglichkeiten bestmöglich zu fördern.

Weiss-Thiel und Weiermann appellieren sowohl an die Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) als auch an Hessens Sozialminister Kai Klose (Grüne), eine gemeinsame Lösung zu finden, die es möglich mache, die Sprachförderung in den Kitas fortzuführen. „Das Schlagwort von der frühen Bildung als effektivste Grundlage für späteren Lern- und Integrationserfolg darf nicht zur Worthülse für Sonntagsreden werden“, mahnt Weiss-Thiel. (red)

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