Exklusiv-Interview mit Ex-CDU General

Peter Tauber: Aufmerksamkeit für Laute und Wütende "nicht richtig"

Peter Tauber im Interview mit KINZIG.NEWS - Fotos: Moritz Pappert


Freitag, 24.02.2023
von MORITZ PAPPERT

GELNHAUSEN - "Mutmacher. Was uns endlich wieder nach vorne schauen lässt": Das ist der Titel des neuen Buches von Ex-Spitzenpolitiker Peter Tauber (CDU) aus Gelnhausen. Im Interview mit KINZIG.NEWS spricht der 48-Jährige ehemalige Generalsekretär der Bundes-CDU über Mutmacher, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und wie wir selbst zuversichtlicher werden können. 

KINZIG.NEWS: Wie kamen Sie auf die Idee, das Buch "Mutmacher" zu schreiben?

Tauber: "Nach dem ersten Buch "Du musst kein Held sein" hat der Verlag gesagt, dass sie noch ein Buch mit mir machen möchten. Mir hat der Prozess und das Schreiben so viel Spaß gemacht, dass ich zugesagt habe, aber das Thema war noch offen. Wir leben aktuell in Zeiten, in denen Menschen sich Sorgen machen, Angst haben oder unsicher sind. Da braucht es eben Geschichten, die Mut machen. Damit das nicht so abstrakt bleibt, haben wir uns überlegt, ob es Menschen gibt, die Mut machen oder Vorbilder sind. Dann habe ich Menschen angesprochen, die ich persönlich gut kenne und ihre Geschichten in das neue Buch gepackt. Deshalb sind auch viele Menschen aus unserer Region mit dabei."

In Ihrem Buch schreiben Sie: "Die Welt gehört nicht den Lauten und Wütenden, sondern den Mutigen." Wie genau meinen Sie das?

"Das ist eigentlich ein Wunsch. In Wahrheit ist es so, dass die Lauten und Wütenden viel Raum einnehmen. Das sind aber meistens nicht Menschen, die etwas zum Positiven verändern. Die schimpfen zwar und meckern, aber dadurch wird ja nichts gut. Gut wird etwas dadurch, dass jemand die Ärmel hochkrempelt oder auch die Zuversicht hat oder ein Problem oder eine Krise erfolgreich meistert. Die, die permanent arbeiten und sich anstrengen, haben weniger Zeit, laut und wütend zu sein. Die müssen arbeiten. Die Lauten und Wütenden haben die ganze Aufmerksamkeit. Und das ist nicht richtig. Deshalb war die Idee, dem etwas entgegenzusetzen und die Mutigen sichtbarer zu machen."

Was kann die Gesellschaft von den Persönlichkeiten, die im Buch beschrieben werden, lernen?

"Ich glaube, dass es vor allem um eine Haltung geht. Da sind völlig unterschiedliche Menschen dabei. Welche, die eine tragische eigene Geschichte haben, aber auch welche, denen das Schicksal bisher viel Gutes getan hat und die etwas davon abgeben will. So wie Frank Dieter aus Salmünster. Er sagt von sich, er ist ein Mensch, der alles hat und glücklich und zufrieden ist. Gerade das treibt ihn an, weil er sagt, er kennt so viele Menschen, denen das eben nicht so geht und er will etwas von seinem Glück teilen. Die Geschichten in dem Buch können eine Inspiration sein."

Das neue Buch: Mutmacher

Das neue Buch: Mutmacher

Wie kann man in Zeiten des Krieges und der Krisen und dann war es mal kurz ruhig und dann kam das Erdbeben, wie kann man hier Mut haben oder sich Mut aneignen?

"Ihre Frage ist toll, weil sie sagen, dass es kurz ruhig war, aber das heißt ja nur, dass wir uns an die Krisen gewöhnt haben. Der Klimawandel ist allgegenwärtig und der Krieg in der Ukraine tobt ja noch. Insofern war es ja gar nicht so ruhig. Wir merken aber, dass ständig etwas dazu kommt. Und das ist eine echte Herausforderung für Menschen, die das Gefühl haben, dass die Welt so unübersichtlich geworden ist und dass man sich darin verlieren kann. Deshalb sind abstrakte Appelle schwierig. Das abstrakte bleibt eben unkonkret. Aber die Geschichte eines Menschen wird sehr konkret. Da kann man sagen, ach schau mal, die hat das auch geschafft. Diese Perspektive finde ich sehr ermutigend."

Wie kann man sich gegen diese vielen negativen Schlagzeilen in den Medien entgegenstellen, dass das einen nicht herunterzieht? Oder kann man daraus auch Hoffnung schöpfen?

"Es gibt da verschiedene Rituale, die einem helfen können. Zum Beispiel, dass man sich abends die drei Dinge, die an diesem Tag gut waren, aufschreibt. Wenn man das über eine gewisse Zeit macht, merkt man, dass jeden Tag auch viele gute Dinge passieren. Das verändert den Fokus. Wenn ich den die Tageszeitung aufschlage, ist es aber so, dass man aus den schlechten Nachrichten gar nicht mehr herauskommt. Vielleicht weil die alte Weisheit, nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten, in den Redaktionen gelebt wird. Ich glaube, es gibt bei den Menschen aber auch ein Bedürfnis nach den positiven und guten Geschichten."

Müsste es hier einen Wandel in der Medienlandschaft geben?

"Ich habe in den zwölf Jahren in der aktiven Politik die Medienkritik immer gemieden. Aber ich merke ja bei mir selbst in meinem Medienkonsum, dass ich zwar auch die negativen Meldungen und Kritiken lese, aber es nervt mich zunehmend. Auch in den Kommentaren wird alles schlecht geredet. Ich versuche meinen Fokus zu ändern und schaue, ob es auch etwas gibt, was mir gefällt, etwas Schönes. Eine gute Nachricht war beispielsweise die Sanierung des Wächtersbacher Schlosses. Das ist eine kleine gute Nachricht, aber die freut mich als gebürtiger Wächtersbacher."

Welche Tipps können Sie den Lesern geben, wie man mutiger sein kann?

"Ich überlege mir abends, was war heute gut. Wenn man das eine Zeit lang macht, wird man feststellen, dass man eine neue Perspektive auf sich selbst und den eigenen Tag hat. Ansonsten gibt es auch viele Medien, die ein gutes differenziertes Angebot haben, wo man auch mal schmunzeln kann. Ihre Kolumne ist ja auch eine, bei der man sich am Lesen mal aufregen und ärgern kann, aber sie binden es ja da mit einem Augenzwinkern ab. Und das ist etwas Gutes, weil der Leser mit einem versöhnlichen Gefühl und entspannter die Lektüre abschließt. Wenn man bei der Zeitungslektüre denkt, darüber rege ich mich nur auf, sollte man vielleicht die Zeitung wechseln. Und dann gibt es noch den Tipp, dass man sich auch im eigenen Umfeld mal nach Mutmachern umschauen kann. Ich bin mir sicher, da findet jeder in seinem Umfeld jemanden."

Vielleicht kann man sich da daran auch selbst ein Beispiel nehmen, oder?

"Der Punkt ist, vielleicht ist man selbst ja längst ein Mutmacher oder eine Mutmacherin, aber sieht sich so nicht. Bei den zwölf Menschen, die ich porträtiert habe, war es so, dass alle gesagt haben, ich verstehe gar nicht, warum ich in dein Buch soll. Ich habe doch nichts Besonderes gemacht. Sich für eine Sache engagieren, die einem wichtig ist, wird als selbstverständlich, aber nicht als mutig empfunden. So ist das bei vielen Leuten, die sich engagieren."

Haben Sie zum Abschluss einen Appell, der zu Mut auffordert?

"Ich finde es wohltuend, wenn man sich auf den eigenen Bereich fokussiert. Denn da kann man etwas tun. Da ist man nicht ohnmächtig. Man kann sagen, ok dann engagiere ich mich jetzt mal. Bei der Nachbarschaftshilfe oder in einem Verein oder ich Spende für etwas, was bei mir in der Gegend ist, wo ich sehe, dass sich etwas zum Besseren wendet. Da sieht man sofort, dass etwas geschieht. Deshalb finde ich den Blick auf die eigene Heimatregion wichtig. Wir haben im Main-Kinzig-Kreis viele, die sich ehrenamtlich engagieren. Wenn hier noch ein paar dazu kommen, dann kann es für uns auch wieder gut sein."

Neues Beliebtes
    Kontakt
    Kinzig.News Redaktion:
    Telefon:06051 88770 230
    E-Mail: [email protected]
    Kinzig.News Vertrieb:
    Telefon:06051 88770 180
    E-Mail: [email protected]
    Kinzig.Termine