Mobile Pflegedokumentation per Sprachmemo

Mittwoch, 22.02.2023
HANAU - Das Altenpflegeheim St. Elisabeth macht den Anfang: Als „Pilotprojekt“, stellvertretend für anderen Einrichtungen der Martin Luther Stiftung Hanau (MLS) im gesamten Main-Kainzig-Kreis, wurde hier kürzlich eine neue Art der Dokumentation in der Pflege eingeführt. Das Besondere daran: Sie funktioniert mobil, und zwar per Spracheingabe.
Klingt simpel, hat aber weitreichende, positive Folgen für den Pflegealltag. Die App mit dem Namen „Voize” verringert die Zeit, die die Pflegekräfte mit der Dokumentation am PC verbringen, erheblich: Per Sprachnachricht werden Daten wie zum Beispiel Blutzuckerwert oder Temperatur erfasst. Gleichzeitig dokumentiert die Pflegekraft, wiederum mit einer Sprachmemo, die erforderlichen Maßnahmen (Blutzuckermessung oder ähnliches). Die auf diese Weise erfassten Daten werden automatisch in die digitale Bewohnerakte übertragen. Auch mehrere Informationen in einer Nachricht überfordern das System nicht: Die App ist in der Lage, diese zu sortieren und zuzuordnen.
Mehr Zeit für Bewohner*innen
Für das Team in St. Elisabeth fühlt es sich an wie ein Quantensprung: Der Zeitaufwand für Dokumentation wird erheblich reduziert, es entsteht Raum für wirklich Wichtiges, nämlich die Pflege und Betreuung der Bewohner*innen. Dem Entwickler der App, Marcel Schmidberger, der das Team in St. Elisabeth in die Software einführte, kam die Idee dazu als er seinen Opa im Pflegeheim besuchte: „Man weiß ja als Außenstehender gar nicht, was alles dokumentiert werden muss. Ich habe nur gesehen, dass die Pflegekräfte viel Zeit am PC verbringen und mir dann mal erklären lassen, was sie eigentlich machen. Und dann dachte ich ‚Das muss doch auch anders gehen‘.“
Vor rund drei Jahren begann die Arbeit mit „Voize“, und aus dieser Zeit stammt auch eine Anekdote, über die Schmidberger noch heute lachen muss: „Wir hatten unser erstes Projekttreffen beim ersten Träger, der sich für die App interessierte. Ich war natürlich sehr aufgeregt, habe alles gezeigt und erklärt. Und die allererste Frage der Fachkräfte war ‚Und was ist mit den Maßnahmen?‘ Ich war erstmal total perplex, denn die hatten wir, als Laien, gar nicht auf dem Zettel.“ Diese Kinderkrankheiten sind vorbei. Mittlerweile kümmert sich ein Team von 15 Menschen um das Projekt, 35 Träger in der Pflege nutzen die App.
Hohe Akzeptanz bei Pflegekräften in St. Eli
In St. Elisabeth läuft alles wie am Schnürchen, die Mitarbeiter*innen sind begeistert. Mit der Akzeptanz derjenigen, die im Alltag mit dem System arbeiten müssen, steht und fällt so ein Projekt – das weiß auch Einrichtungsleitung Monika Holtschneider. Sie ist froh, dass ihr Team sich so voll und ganz auf die App einlässt: „Die Resonanz ist durchweg positiv. Wichtig ist, dass die Mitarbeiter*innen gerne damit arbeiten und es unkompliziert bedienen können. Das hat dann ganz automatisch auch einen positiven Effekt auf die Qualität der Pflege.”
Mittelfristig soll mobile Dokumentation in der gesamten Martin Luther Stiftung ausgerollt werden. Aktuell läuft eine vergleichende Testphase mit zwei Systemen. Monika Holtschneider: “Das ist künstliche Intelligenz. So was scheint immer so weit weg, und jetzt liegt sie bei uns auf dem Tisch.” (red)