Heringsessen der CDU Sinntal: Erst Fisch, dann Kommunalpolitik

Montag, 27.02.2023
von WALTER DÖRR
SINNTAL - Der hauptamtliche Kreisbeigeordnete des Main-Kinzig-Kreises, Winfried Ottmann aus Bad Soden-Salmünster, engagiert sich schon seit über 40 Jahren kommunalpolitisch, zunächst als CDU-Vertreter im Ortsbeirat von Salmünster, von 1981 bis 2001 als Stadtverordneter von Bad Soden-Salmünster.
Von 1987 bis 1989 gehörte er dem Magistrat der Badestadt an, von 1989 bis 2000 als CDU-Fraktionsvorsitzender im Stadtparlament. Von April 2011 bis zu seinem Amtsantritt als Kreisbeigeordneter des Main-Kinzig-Kreises 2018 gehörte Ottmann in der CDU-Fraktion dem Kreistag an. Im September 2012 wurde er als ehrenamtlicher Kreisbeigeordneter in den Kreisausschuss berufen.
Nach der Kreistagswahl 2016 war Winfried Ottmann wieder Kreistagsabgeordneter in der CDU-Fraktion, wirkte besonders im Ausschuss für Bildung, Kultur, Sport und Partnerschaften sowie als Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Umwelt und Landwirtschaft. Am 22. Juni 2018 wählte man ihn zum hauptamtlichen Kreisbeigeordneten. Wenn das keine kommunalpolitische Kompetenz ist.
Und diesen Winfried Ottmann hatte der CDU-Gemeindeverband Sinntal zu seinem traditionellen Heringsessen eingeladen, das am östlichsten Zipfel des Main-Kinzig-Kreises, im Gasthaus Schmidt in Züntersbach, stattfand. Vorsitzender Günter Frenz, der Ottmann natürlich schon lange kennt, hatte den Kreisbeigeordneten als Redner über die aktuelle Kreispolitik „Bestandsaufnahme und Ausblick“ gewinnen können.
Frenz freute sich, auch den Landtagsabgeordneten Michael Reul (Seit 2013 direkt gewählter Landtagsabgeordneter, Mitglied des Haushaltsausschusses, des sozial- und integrationspolitischen Ausschusses, des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst, des Petitionsausschusses, sowie des Unterausschusses für Finanzcontrolling und Verwaltungssteuerung) begrüßen zu können. Als weitere Mandatsträger waren noch der ehrenamtliche Kreisbeigeordnete und stellvertretende Vorsitzende der CDU-Main-Kinzig, Uwe Häuser, und der 1. Stadtrat von Bad Orb, Michael Kertel, nach Züntersbach gekommen.
Kompetente Kommunalpolitiker beim Heringsessen
Neben Mitglieder der CDU-Sinntal und die interessierten Bürger hieß Frenz auch Michael Hartmann, der sich in Sinntal besonders um IKEK (integriertes kommunales Entwicklungskonzept) kümmert, den Fraktionsvorsitzenden der Bürgerlichen Wählergemeinschaft, Mike Richter, sowie vom CDU-Stadtverband Schlüchtern Petra Schneider willkommen. Vor der Politik ließ man sich erst einmal den schmackhaften Heringssalat aus der Küche des Gasthauseses Schmidt schmecken. Was man im Kreis macht, betreffe direkt die Bürger, sagte einleitend Winfried Ottmann.
Als ein Hauptthema sprach er die Flüchtlingssituation an. 9.202 Flüchtlinge forderten den Kreis und die Lage sei nicht haltbar. Ottmann sah noch 3.000 Menschen mehr kommen. „Menschen aus aller Welt kommen immer mehr nach Deutschland“, so Ottmann. Die Unterbringung in einer Leichtbauhalle in Birstein und die Unterbringung in einer Turnhalle in Wächtersbach erforderten Millionen Euro. In 2022 wurden allein schon sieben Millionen Euro aus noch nicht benötigtem Breitbandgeld für die Flüchtlinge verwendet. Wie Ottmann sagte, stoße der Flüchtlingsansturm nicht überall auf Gegenliebe, wie die kürzlichen Veranstaltungen in Weichersbach und Sannerz gezeigt hätten. Die Zuwanderung müsse unbedingt gestoppt werden, forderte der Kreisbeigeordnete und erinnerte daran, dass das ein Thema bei der letzten Bundestagswahl war. Der Bund sei gefordert.
Aktuelle Flüchtlingssituation das Hauptthema
Sinntal habe
Ende 2022 zwölf Zuweisungen erhalten und insgesamt 32 im Jahr 2022. Für
2023 müssten in Sinntal Unterkünfte für 161 Flüchtlinge (51 davon
Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine) geschaffen werden. Bei der aktuellen
Kreispolitik nannte Ottmann den Breitbandausbau. Er appellierte,
unbedingt die Grundstückseigentümererklärung zu geben, die nichts koste.
Verträge mit Netzanbietern müssten nicht abgeschlossen werden. Der
Ausbau in unserer Region könne durch das Förderprogramm (100 Millionen
Euro Bund, 80 Millionen Euro Land, 20 bis 30 Millionen Euro Kreis) in
2025 erfolgen; in Sinntal könne nach den Gegebenheiten viel ausgebaut
werden.
Der Nahverkehrsplan, der vom Kreistag in den
Wirtschaftsausschuss verwiesen wurde, sehe regelmäßige Fahrten in einem
Ein- oder Zweistunden-Takt vor. 20 Millionen Euro lasse es sich der
Kreis kosten und mancher Bus werde kaum genutzt. Damit mehr mitfahren,
sollen bis 2030 Konzepte erarbeitet werden. Ottmann stellte besonders
für den ländlichen Raum mögliche Szenarien in den Raum. So könnte der
Zug bis Sterbfritz und Weiterfahrt mit einem autonomen Bus eine Idee
sein.
Autonomer Bus für Sinntal?
Ebenso ein
Ruf-Bus, der mit dem Handy bestellt werden könnte. Ottmann gab zu
bedenken, dass die Busse CO 2 neutral sein sollten, was aber durch die
fehlende Infrastruktur (Umsetzung der Vorgaben aus Berlin) noch nicht
möglich ist. Außerdem gab er zu bedenken, dass Elektrobusse oder Busse
mit Wasserstoff in der Anschaffung viel teurer seien. Für die
Realisierung eines Radverkehrskonzeptes seien die Kommunen und der Kreis
gefordert. Der Main-Kinzig-Kreis habe einen Radverkehrsbeauftragten
eingestellt, der demnächst vor Ort prüfe, ob die möglichen 12,3
Kilometer Radwege (drei Kilometer in Sinntal) umgesetzt werden können.
80 Prozent der Kosten würden vom Bund getragen, den Rest teilen sich je
zur Hälfte der Kreis und die Kommune. Mit einem Nebensatz bemerkte
Ottmann, dass der Kreis viele Ingenieurbüros beschäftige, weil das von
Berlin so gefordert werde.
In Bezug auf die Schulen – insbesondere
die kleinen Dorfschulen - sagte der Dezernent, dass alle erhalten
bleiben. Prognosen zeigten, dass es bei den Schülern in den nächsten
Jahren keine Probleme gebe. Die Akademie für Gesundheit und Pflege in
Gelnhausen, die Abwerbungen von Fachkräften der zukünftig kreisfreien
Stadt Hanau, die Wirtschaftsförderung, die Transformation der Wirtschaft
und die Vernetzung von Rechenzentren waren Themen in Winfried Ottmanns
informativen Vortrag.
Entscheider in der Kommunalpolitik hautnah
Kommunalpolitik
seien hautnahe Entscheidungen am Bürger und die Entscheider seien nah
beteiligt, sagte Günter Frenz und konstatierte, dass die Kommunen
finanzielle Unterstützung vom Land benötigen. Das war die Vorlage für
ein Grußwort des Landtagsabgeordneten Michael Reul. Der ehemalige
Diplom-Volkswirt und Finanzfachmann ist seit 2013 direkt gewählter
Landtagsabgeordneter. Am Jahrestag des brutalen Angriffskrieges in der
Ukraine gehe es um die Demokratie und dass man mit Waffengewalt keine
Grenzen verschieben kann.
Reul sprach sich für die Aufnahme von
Flüchtlingen auf, man müsse aber auch auf Bundesebene die wieder
abschieben, die nicht asylberechtigt sind. Er kritisierte, dass
Flüchtlinge erst in den Aufnahmen und nicht an der Bundesgrenze
registriert würden. So sei die Erstaufnahmestelle Gießen völlig
überlastet und es mussten vom Land Hessen 1.000 zusätzliche Stellen
geschaffen werden. Reul dankte den Kommunen für das, was da geleistet
wird. Mittelkürzungen des Bundes würden durch Landesmittel getragen und
erhöht.
Land Hessen unterstützt mit Millionen
15
Millionen Euro zahle das Land für die Arbeit des Technischen
Hilfswerkes (40 Prozent kürzte der Bund), die Garantiesumme für den
Brandschutz in Hessen wird auf 47 Millionen Euro erhöht, für das
Landesprogramm „Hessen steht zusammen“ für Folgen des Krieges in der
Ukraine sind 200 Millionen Euro eingestellt, für die Vereinsförderung
stehen bis zu 30 Millionen Euro zur Verfügung. Den kommunalen
Finanzausgleich mit 6,8 Millionen Euro nannte Reul, 4.000 neue
Lehrerstellen gleich fünf Millionen Euro im Bildungshaushalt, 477 neue
Stellen in der Justiz und bei der Polizei. Defizitäre Krankenhäuser und
speziell die Erhaltung der Kliniken im Main-Kinzig-Kreis seien ein
großes Thema und werden mit einer Million Euro Investitionssumme
unterstützt.
Die Landarzt-Quote soll durch Ausbildungsförderungen nach Verpflichtungen erhöht werden. Schwierigkeiten sah Reul mit einem Augenzwinkern bei einem Ministerpräsidenten mit einem Bein in Hessen und einem in Berlin. Für die am 8. Oktober anstehende Landtagswahl warb Reul für eine Bestätigung des amtierenden Ministerpräsidenten Boris Rhein.
Unter Leitung vom CDU-Fraktionsvorsitzenden Lukas Henke wurden zahlreiche Themen in der Diskussion angesprochen. Es ging um die Verteilung von Flüchtlingen, Probleme beim elektrischen Bürgerbus oder das Kommunizieren der politischen Arbeit, um der AfD keine Plattform zu bieten.