"Wir machen unsere Hausaufgaben"

Wer siedelt sich an, wer geht? Hanaus Kampf gegen den Leerstand

Ins Forum Hanau wird im Herbst ein neuer Ankermieter einziehen. - Archivfotos: KN/Stefanie Harth


Donnerstag, 02.03.2023

HANAU - „Die Herausforderungen, vor denen unsere Innenstadt, vor denen Handel und Gastronomie stehen, werden sicherlich nicht kleiner. Aber wir sind dank unseres Programms ‚Hanau aufLADEN‘ gewappnet“, sagt Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky.

Zu den nach wie vor schwierigen Rahmenbedingungen, die sich in gestörten Lieferketten, hohen Energiekosten und Kaufzurückhaltung ausdrückten, geselle sich laut OB auch der grundlegende Strukturwandel im Einzelhandel. „Die erneute wirtschaftliche Schieflage des Galeria-Kaufhof-Karstadt-Konzerns steht sinnbildlich dafür, dass erhebliche Veränderungen auf die Innenstädte zukommen werden“, so Kaminsky.

Auch wenn die Zukunft des Hanauer Hauses am Marktplatz nach wie vor ungeklärt ist, gelte es für die Stadt vorausschauend zu agieren. Kaminsky: „Wir machen unsere Hausaufgaben und bereiten uns auf alle Eventualitäten vor. Dafür steht unser Stadtentwicklungsprogramm. Denn wir glauben an die Zukunft der Innenstädte. Und wir sehen es als unsere Pflicht an, diese mitzugestalten.“

Ende 2019 hat die Stadt Hanau das Programm „Hanau aufLADEN“ zur Stärkung der City gestartet. Es umfasst unter anderem eine Vorkaufsrechtsatzung, um Einfluss auf den Immobilienmarkt nehmen zu können und diverse Förderprogramme, die die Ansiedlung von Jung-Unternehmen und Start-ups unterstützen. Eine weitere Säule bildet eine leidenschaftliche „Komplizenschaft“, die Menschen, die den Standort voranbringen wollen, in einem kreativen Netzwerk bündelt. Die Regie des Programms führt die Hanau Marketing GmbH (HMG), die die Arbeit innerhalb der Unternehmung Stadt Hanau Ämter- und Abteilungsübergreifend sowie die städtischen Gesellschaften integrierend koordiniert und vorantreibt.

„‘Hanau aufLADEN‘ ist bundesweit zu einem Musterbeispiel geworden, wie Städte die Entwicklung ihrer Innenstädte in die Hand nehmen können“, freut sich der HMG-Aufsichtsratsvorsitzende Joachim Stamm. Er ist sich mit Oberbürgermeister Kaminsky einig: „Auch wenn möglicherweise der eine oder andere Stolperstein vor uns liegt, werden wir in unseren Anstrengungen, eine vitale, vielfältige und lebenswerte Innenstadt zu erhalten, nicht nachlassen. Für das Image und das Selbstverständnis einer modernen, selbstbewussten Stadt ist die Innenstadt von herausragender Bedeutung.“

Vier neue Pop-up-Flächen


Dass das Stadtentwicklungsprogramm „Hanau aufLADEN“ fruchtet, zeigt sich etwa in der überregionalen Aufmerksamkeit, den Fördermittelzusagen von Bund und Land und den jüngsten Ergebnissen der bundesweiten Innenstadt-Untersuchung „Vitale Innenstädte“, die Hanau bei vielen Parametern eine Verbesserung bescheinigt hat, sondern vor allem am nach wie vor geringen Leerstand. „Die Leerstandsquote liegt in der Hanauer Innenstadt trotz der vielen Krisen der letzten Monate und Jahre im geringen einstelligen Bereich. Das ist außergewöhnlich“, zieht der Oberbürgermeister einen Vergleich zu anderen Städten, die oft wesentlich mehr Leerstand zu verkraften hätten.

Hier zahlen sich offenbar die verschiedenen Förderprogramme aus, die in Hanau initiiert wurden. So konnten sechs von insgesamt acht Anbietern, die sich im Rahmen des Pop-up-Programms der HMG um eine risikoarme Testphase bewarben, inzwischen als dauerhafte Konzepte in Ladenlokalen etabliert werden. Die drei Ursprungs-Pop-up-Stores der HMG sind inzwischen allesamt weitervermietet worden. „Deshalb haben wir inzwischen drei neue Flächen angemietet“, erläutert Stamm.

An der Salz-, der Rosen- und der Lindenstraße können sich Jung-Unternehmen aktuell ausprobieren – und zahlen in den ersten drei Monaten nur zehn Prozent ihres Bruttoumsatzes als Miete (zuzüglich Nebenkosten). Ein Grundkonzept, das nun auch andere städtische Gesellschaften übernehmen: So bietet beispielsweise die Hanau Parkhaus GmbH derzeit eine über 200 Quadratmeter große Fläche im Parkhaus Nürnberger Straße zu den gleichen, risikoarmen Konditionen an.

Neue Konzepte und Silent Disco in der Altstadt


Für eine weitere Dynamik bei der Neuansiedlung hat zuletzt das mit Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums entwickelte Ansiedlungs-Tool „LeAn“ gesorgt. Dieses war unter Regie des IFH Köln von 14 Projektkommunen, darunter Hanau, entwickelt worden, um den Städten ein neues Instrument an die Hand zu geben, Immobiliendaten zu verwalten und sie schneller mit potenziellen Mietern zusammenzubringen. „‘LeAn‘ ist für uns Gold wert. Mithilfe dieses neuen Instruments konnten wir bereits mehrere Flächen innerhalb weniger Wochen vermitteln“, erklärt Kaminsky. Nach der Ansiedlung des Spielwarenladens „Wünsch Dir was“ an der Nürnberger Straße folgten über „LeAn“ die Vermittlung der Gastronomie-Fläche am Schlossplatz (dort zieht das indische Restaurant Soul Tikka ein) sowie der Handtaschen-Designerin Funda Tanjo am Altstädter Markt, die im Frühjahr ihren Showroom samt Werkstatt eröffnen wird.

Überhaupt bewegt sich in der Altstadt derzeit einiges. Für weitere Gastronomieflächen im künftigen Haus des Jugendrechts sowie am Altstädter Markt befindet sich die HMG zusammen mit der Baugesellschaft Hanau als Vermieterin in guten Gesprächen mit potenziellen Nutzern. Zudem werden im Fronhof und in der Kanzlei neue Veranstaltungen und Formate geplant – so zum Beispiel eine Silent-Disco am Samstag, 6. Mai.

Neuer Ankermieter im Forum Hanau


Dass Hanau inzwischen ein Begriff für ansiedlungswillige Händler und Gastronomen ist, zeigt sich auch an anderer Stelle. So konnte das Forum Hanau gerade einen weiteren Vertrag für eine große Fläche mit einer bekannten Kette unter Dach und Fach bringen – der Name ist allerdings noch nicht öffentlich. „Hanau kann sich da auf eine großartige Neuigkeit und eine echte Bereicherung des Innenstadt-Angebots freuen“, kündigt der Oberbürgermeister an. Weitere neue Geschäfte siedeln sich in der Sternstraße (Anteplioglu Baklava) und in der Rosenstraße an, ein neues Café eröffnet zudem in der Nürnberger Straße neben dem KunstKaufLADEN Tacheles.  Mit der Vitaminbar und Brettwerk in der Rosenstraße und Tom Tailor im Forum werden in den kommenden Wochen aber auch einige Geschäfte schließen. Für Porzellan Clemens am Marktplatz wird zudem derzeit ein Nachfolger gesucht.

Eine bemerkenswerte Entwicklung ist auch in der Salzstraße zu verzeichnen: Dort haben innerhalb kürzester Zeit ein Baby-Spa, ein persisches Restaurant, eine Musikschule und ein Hausarzt eröffnet.

Servicecenter entsteht im ehemaligen Dielmann


Im KunstKaufLADEN Tacheles an der Nürnberger Straße, den die HMG selber betreibt, stehen unterdessen Veränderungen an: Die ehemalige Schuhhaus-Dielmann-Fläche, auf der seit gut zwei Jahren Kunstwerke verkauft werden, soll künftig das „Service- und Beratungs-Center Innenstadt“ beherbergen. Dort will die HMG – ähnlich einer Kundeninformation in Einkaufscentern – eine zentrale Anlaufstelle für die Kundinnen und Kunden schaffen.

„Wir werden in unseren Bemühungen, Hanaus Innenstadt vielfältig, erlebnis- und abwechslungsreich zu gestalten, nicht nachlassen. Wir haben uns für die kommenden Monate wieder viel vorgenommen“, unterstreicht der Oberbürgermeister. (red)

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