HANAU

Mehr als 300 Menschen beteiligen sich an Kundgebung gegen Hass und Antisemitismus

Rund 300 Menschen versammeln sich am Denkmal von Moritz Daniel Oppenheim in Hanau - Foto: Link


Freitag, 18.10.2019
von Gelnhäuser Neue Zeitung

HANAU - Bunte Regenschirme ragen in den grauen Himmel empor, auf mitgebrachten Schildern und Bannern sind Solidaritätsbekundungen und Aufrufe zu Toleranz und Liebe zu lesen. Es ist ein Anblick, der sicherlich auch Moritz Daniel Oppenheim sehr gefreut hätte. Direkt neben seinem Denkmal auf dem Hanauer Freiheitsplatz hatten sich am Mittwochabend, eine Woche nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle, mehr als 300 Menschen versammelt, um in der Brüder-Grimm-Stadt gemeinsam ein deutliches Zeichen gegen Rassismus und Antisemitismus zu setzen.

Der Angriff des rechtsextremen Täters auf die Synagoge in Halle am höchsten jüdischen Feiertag, dem Versöhnungsfest Jom Kippur, sei mit äußerster Brutalität erfolgt, wie Oberbürgermeister Claus Kaminsky feststellte. Dass acht Jahrzehnte nach dem Holocaust in Deutschland wieder Juden offen von Mördern angegriffen werden, sei deprimierend und mache wütend. „Es ist traurig und beschämend, dass wir heute alle hier sein müssen.“ Die Tat sei aber nicht nur ein Angriff auf die jüdischen Menschen gewesen, sie treffe die gesamte Gesellschaft: „Der rechtsradikale Terrorismus attackiert unsere Idee der Menschlichkeit, des unveräußerlichen Rechts auf Freiheit und Gleichheit.“ Auch wenn die NSU-Morde, der Mord an Regierungspräsident Lübcke oder das Attentat von Halle gezeigt haben, wie verwundbar die offene Gesellschaft gegen solche Angriffe sei, gelte es, trotzdem an der Freiheit festzuhalten. „Das Attentat erschüttert uns als Menschen, aber es erschüttert nicht unsere Überzeugungen“, so Kaminsky. Unabhängig von Hautfarbe, Nationalität und Religion seien wir am Ende alles Menschen. Und klar sei auch: „Terror hat keine Religion.“

Während die 51 Menschen in der Synagoge in Halle den Angriff unversehrt überstanden haben, fielen zwei Menschen außerhalb des Gotteshauses dem Attentat zum Opfer. Mit einer stillen Gedenkminute wurde ihnen gedacht, bevor Kaminsky noch einmal klare Worte fand: „Es reicht“, stellte er dabei deutlich fest. „Wir müssen begreifen, dass wir handeln müssen.“ Der demokratische Rechtsstaat müsse seine Wehrhaftigkeit endlich unter Beweis stellen. Auch wenn der Angriff in Halle die Tat eines Einzelnen gewesen sein mag, so gelte dies nicht für das Motiv der Tat. Er forderte die Anwesenden auf, auch im Alltag klar Stellung zu beziehen und Anfeindungen entschlossen entgegen zu treten, auch und insbesondere in den digitalen Medien. „Die Demokratie lebt davon, dass wir alle für sie einstehen, Tag für Tag, jeder an seinem Platz.“ Er bedankte sich bei den Anwesenden, die mit ihrem Dasein ihren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern deutlich zeigten, dass diese nicht allein seien. Mit Blick auf die schrecklichen Ereignisse des Zweiten Weltkriegs betonte er dabei deutlich: „Wir lassen Sie nicht noch einmal im Stich.“

Auch die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Iryna Pysarevska, bedankte sich herzlich für dieses große Zeichen der Solidarität. Wenn in Pittsburgh in einer Synagoge bei einem Anschlag elf Menschen ums Leben kommen, bei einem Angriff während des Pessachfestes in San Diego Tote und Verletzte zu beklagen seien oder Muslime in Christchurch während des Gebetes hinterhältig getötet würden, dann seien das mehr als nur die sogenannten Alarmzeichen. „Wieder einmal wurde uns vor einer Woche vor Augen geführt, welche Ausmaße Hass, Rassismus und Antisemitismus annehmen können – auch in Deutschland.“ Nicht umsonst würden die jüdischen Gemeinden, Landesverbände und der Zentralrat der Juden in Deutschland vor wachsendem Antisemitismus warnen.

 Dass Fremdenfeindlichkeit heute wieder so präsent sei, sei dabei auch ein politisches Problem, wie Pysarevska erklärt: „In Zeiten, in denen Politiker und Parteien welt-, europa- und deutschlandweit giftiges Gedankengut verbreiten, führt das dazu, dass es salonfähig gemacht wird.“ Was früher nur hinter vorgehaltener Hand oder im stillen Kämmerlein gezüchtet wurde, trage heute gesellschaftliche Früchte. „Es gibt immer weniger Hemmungen und Tabus.“ Auch sie forderte die Anwesenden dazu auf, sich für demokratische Werte einzusetzen. Jeder der Anwesenden sei dabei ein wertvoller Multiplikator. „Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass Hass, Rassismus und Antisemitismus keinen Millimeter Platz in unserer Gesellschaft haben.“

Die Vorsitzende des Hanauer Ausländerbeirates, Selma Yilmaz-Ilkhan, rundete den Reigen der Redner ab und appellierte ebenfalls, gemeinsam Haltung zu zeigen und sich noch stärker miteinander zu solidarisieren. +++

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