HANAU

Kein Raum für Hass und Hetze: Podiumsdiskussion mit Bundesjustizministerin Lambrecht

(v.l.) Dr. Sascha Raabe, Susanne Wenzel, Christoph Degen, Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, Yasmin Schilling und Andreas Weiher - Fotos: Carina Jirsch


Sonntag, 20.10.2019
von Lena Eberhardt

HANAU - "Hass, Hetze und Beleidigung ist eine falsch verstandene Meinungsfreiheit", sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht am Samstagabend in Hanau, "Es muss einen Kompass geben mit dem klar wird, was geht und was nicht geht. Das Netz ist kein rechtsfreier Raum." Zusammen mit dem Landtagsabgeordneten Christoph Degen und dem Wächtersbacher Bürgermeister Andreas Weiher, nahm die Bundesministerin an der Podiumsdiskussion „Hassrede und Hetze im Netz - Was können wir dagegen tun?“ der SPD Main-Kinzig in der Sandelmühle teil. Dabei wurden nicht nur Thematiken wie Meinungsfreiheit und Anonymität, sondern auch über Konsequenzen und Solidarität diskutiert. 

Umgangsformen werden rauer, die Hemmschwelle sinkt und das zumeist im Netz, wenn sich die Verfasser von Hasskommentaren, Hetzreden und Fake News in eine scheinbar sichere Anonymität zurückziehen können. "Das ist eine neue Form von Gewalt. Diese findet nicht mehr in der realen Öffentlichkeit statt, sondern verlagert sich ins Internet. Ob in Nachrichtendiensten oder sozialen Netzwerken", sagte Christoph Degen. Die Art des Umgangs und des Miteinanders scheinen sich radikal zu verändert. Dabei schlagen nicht nur Lehrer Alarm, dieses Phänomen ist auch an vielen Erwachsenen zu erkennen. Das Internet erscheint dabei als rechtsfreier Raum, in dem Meinungsfreiheit als Argument für Beleidigung und Hetze missbraucht wird. Oftmals sinkt die Hemmschwelle so weit, sodass schon keine Pseudonyme und Scheinnamen mehr benutzt werden, sondern der reale Klarname. 

Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Yasmin Schillung
Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Yasmin Schillung
Wächtersbacher Bürgermeister Andreas Weiher
Wächtersbacher Bürgermeister Andreas Weiher
Bundestagsabgeordneter Sascha Raabe
Bundestagsabgeordneter Sascha Raabe

"Das besonders Gefährliche ist, wenn die Grenze völlig überschritten wird. Dann können aus Maulhelden später einmal Mörder werden, wie am Mord von Walter Lübcke zu sehen ist", sagte Lambrecht. Auch der Mordanschlag an dem 26-jährigen Flüchtling in Wächtersbach am 22. Juli gipfelte aus Hass, Hetze und rassistischen Motiven. Bürgermeister Andreas Weiher positionierte sich damals klar auf der Seite des Opfers und wollte der Tat keinen neuen Raum geben, um Hass und Hetze zu schüren. "Ich wurde damals selbst im Netz angegriffen. Wenn man dann an den Mord an Lübcke zurückdenkt, selbst allein auf der Terrasse sitzt und ein Strauch im Garten raschelt, denkt man schon anders darüber nach. Angst hatte ich jedoch nie", beteuert Weiher. Die Angriffe auf Politiker über das Netz sollen laut Bundesjustizministerin nicht toleriert werden. "Politiker und jeder, der sich für die Demokratie engagiert, dürfen nicht mundtot gemacht werden. Wir müssen uns zusammen solidarisch schützen", sagte Lambrecht.

Die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht
Die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht
Landtagsabgeordneter Christoph Degen
Landtagsabgeordneter Christoph Degen

Das Problem zu lösen scheint nicht leicht. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre laut Degen eine Sensibilisierung. "Bereits in der Schulen müssten sich die Schüler genauer mit dem Thema auseinandersetzen. Dafür müssen auch die Lehrer geschult und die Erwachsenenbildung nicht außer acht gelassen werden", so der Landtagsabgeordnete. Die Bundesjustizministerin plädierte hingegen auf schärfere Gesetze. Durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz könnten im Internet Verfasser von Drohungen, Beleidigungen und Hetze schneller und effektiver über die IP-Adresse strafrechtlich verfolgt werden. "Wer schimpft und beleidigt darf nicht auf Anonymität hoffen", so das Fazit der Ministerin. Die Polizei brauche jedoch neue Instrumente für die digitale Auswertung und deutlich mehr spezialisierte Beamte. "Täter müssen direkt gemeldet werden und das nicht an den Plattformbetreiber, sondern an die Behörden. Dann kann der Rechtsstaat eingreifen", so Lambrecht. +++

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