Silke und Christian Ay schließen Jedermanns-Restaurant Ende Juli
Sonntag, 02.07.2023
SCHLÜCHTERN - Lange haben sie gekämpft, nur um am Ende festzustellen: Es geht einfach nicht mehr. Das Inhaberpaar Silke und Christian Ay schließt am 22. Juli sein Jedermanns-Restaurant in Schlüchtern. Grund ist der extreme Personalmangel in der Branche.
„Wir müssen die Reißleine ziehen, um unsere Gesundheit nicht weiter zu gefährden“, erläutert Silke Ay. Ihr Mann Christian ergänzt: „Uns blutet das Herz. Wir haben hier so viel Leidenschaft, Energie und Investment reingesteckt. Das ist keine Entscheidung, die uns leichtfällt.“
Konnten die beiden im vergangenen Jahr noch aus einem Pool von acht Aushilfskräften und drei Festangestellten schöpfen, verschlechterte sich in den vergangenen Monaten die Personalsituation dramatisch. Christian Ay erklärt: „Die Lage in der Gastronomie ist extrem angespannt, das wird sich so schnell auch nicht ändern und hat letztlich dazu geführt, dass wir heute nur noch auf sechs begrenzt verfügbare Aushilfskräfte zurückgreifen können. Das ist viel zu wenig, um einen angemessenen Service bieten zu können.“
Start inmitten von Corona
Christian Ay ist nicht nur Inhaber, sondern auch der einzige feste Koch und sorgt dafür, dass die frische, vielfältige und damit aufwändige Küche Abend für Abend auf die Teller kommt. Seine Frau Silke kümmert sich tagsüber um die umfangreiche Administration, leitet abends den Service und springt noch in der Küche ein. Sie sagt: „Wir sind permanent über unsere persönlichen Grenzen hinausgegangen. Irgendwann reicht die Kraft nicht mehr, irgendwann geht es einfach nicht mehr. Wenn einer von uns ausfällt, ist unsere wirtschaftliche und private Existenz ernsthaft gefährdet.“
Die Voraussetzungen waren vom ersten Tag an nicht einfach für das Ehepaar Ay: Gestartet haben sie mitten in der Corona-Pandemie, dann folgte der Umbau in der Stadthalle, anschließend die monatelange Baustelle samt Sperrung des Vorplatzes, und kurz vor dem Hellen Markt brannte es sogar noch im Restaurant. „Das alles haben wir immer wieder hingekriegt, weil wir das Licht am Ende des Tunnels gesehen haben“, sagt Christian Ay: „Im Gegensatz zu allen bisherigen kritischen Situationen sehen wir aus dieser Misere jetzt aber keinen Ausweg mehr.“ Die herausragende Unterstützung seitens der Stadt Schlüchtern, finanziell wie ideell, betonen die beiden dabei explizit. Silke Ay: „Der Einsatz besonders von Bürgermeister Matthias Möller ist wirklich beispiellos. Wir sind ihm sehr dankbar für alles, was er getan hat.“
Tatsächlich machte es den Anschein, als würde das Restaurant endlich in ruhigere Fahrwasser kommen. „Die Umsatzzahlen stimmen, und es war unser Ziel, ein Restaurant zu schaffen, das hierher passt, ein Restaurant für alle, für jedermann“, sagt Silke Ay. „Und das ist gelungen. Es ist unser Baby. Deshalb schmerzt es umso mehr.“
"Die Schlüchternerinnen und Schlüchterner sind wirklich tolle und herzliche Menschen"
Die Gäste hätten stets Verständnis gezeigt, betont die Inhaberin: „Bei einem so kleinen Team ist es klar, dass der Service nicht immer optimal läuft und die Menschen manchmal länger warten müssen. Aber das wurde uns von vielen verziehen, und das wissen wir sehr zu schätzen.“
Ohnehin fühle sich das Ehepaar in Schlüchtern so wohl wie noch nie an einem Ort, sagt Christian Ay: „Hier wohnen wir, hier wurden wir vom ersten Tag an wohlwollend empfangen. Die Schlüchternerinnen und Schlüchterner sind wirklich tolle und herzliche Menschen. Wir danken allen unseren Gästen, die uns regelmäßig besucht und in schwierigen Situationen unterstützt haben.“
Bis einschließlich Freitag, 21. Juli, findet im Jedermanns noch ganz normaler Restaurant-Betrieb statt. Am Samstag, 22. Juli, verabschieden sich die Ays ab 18 Uhr mit dem Weinfest, das zusammen mit dem Schlüchterner Carneval-Club SCC „Die Spätzünder“ vor der Stadthalle veranstaltet wird. Bis zum letzten Tag können auch bereits erworbene Gutscheine eingelöst werden.
Und wie geht es dann weiter? Kulinarisch bleiben die Ays der Region mit ihrem Catering-Angebot erhalten, verspricht Christian Ay: „Trotz des notwendigen Einschnitts gehören unser Herz und unsere Leidenschaft der Gastronomie und gutem Essen.“ (red)