Frontfrau Anna Brunner im Interview

Modern-Metal-Band "League Of Distortion" hat mächtig Bock aufs Sinner Rock

Die Senkrechtstarter League Of Distortion schließen ihre Open-Air-Saison in diesem Jahr auf dem Sinner-Rock-Festival ab. - Foto: Timo Ehlert


Donnerstag, 20.07.2023

SINNTAL - Die Modern-Metal-Band League Of Distortion ist ein echter Senkrechtstarter und tritt in diesem Jahr auf dem Sinner-Rock-Festival (7. bis 9. September) in Altengronau auf.

Seit Veröffentlichung der ersten Single „Wolf Or Lamb“ vor ziemlich genau einem Jahr ging es Schlag auf Schlag: Album-Release, Deutschlandtour, Europatour, jetzt steht die Festivalsaison bevor. Im Interview verrät Frontfrau Anna Brunner alias „Ace“, was genau die Band mit ihrer Liga überhaupt „verzerren“ (engl.: distortion) möchte, wie der Kontakt zum Sinner Rock zustande kam und was sie von der Frauenquote auf Konzertbühnen hält.

Euer Debütalbum „League Of Distortion“ ist vor circa sechs Monaten erschienen. Was ist seitdem passiert?

"Wenn ich zurückblicke, haut es mich immer noch um. Vor genau einem Jahr haben wir die erste Single veröffentlicht, im November dann das Album. Seit dieser Zeit habe ich durchgehend Gänsehaut! Wir waren auf Releasetour mit Caliban, auf Europatour mit Kamelot, dieses Jahr spielen wir auf zahlreichen Festivals. Das ist ein unglaublicher Start für eine Newcomer-Band, gerade auch wenn man bedenkt, dass wir mitten in der Pandemie gestartet sind."

Inwiefern hat Corona euch beeinflusst?

"Wir waren viel zuhause, anstatt auf Tour, es fanden ja keinerlei Gigs statt. Die Idee für League Of Distortion geisterte schon längere Zeit im Hinterkopf herum – jetzt war die Zeit gekommen, es endlich anzugehen. Mit „Arro“ (Jim Müller, Gitarre), „Aeon“ (Tino Calmbach, Schlagzeug) und „Ax“ (Felix Rehmann, Bass) war die perfekte Combo schnell gefunden, wir kannten uns alle von anderen Projekten oder gemeinsamen Konzerten. Der Lockdown war also letztlich schon der „Kick In The Ass“, die Idee jetzt umzusetzen."

Herausgekommen ist ein einzigartiger Stil, der nicht nach billiger Kopie klingt. Die Musik erinnert zwar an Nu-Metal-Bands wie Linkin Park, Limp Bizkit oder Rage Against The Machine, hat aber auch poppige Parts, wie das bei Guano Apes der Fall ist. Wie würdest du den Sound von League Of Distortion beschreiben?

"Wir machen Modern Metal. Ich denke, das fasst es ganz gut zusammen. Klar haben wir Nu-Metal-Anleihen, das habe ich selbst früher ja auch brutal gefeiert. Es sind aber auch Old-School-Einflüsse dabei, Shouts und Screams auch, klar. Deshalb ist es mit Modern Metal schon gut beschrieben."

In euren Texten prangert ihr ganz klar Missstände an und habt auch keine Angst davor, vermeintliche No-Gos zu thematisieren. Nenne doch mal ein, zwei Beispiele dafür.

"Im Song „SIN“ geht es um den Missbrauch in der katholischen Kirche. Wir haben für das Lied viel recherchiert, intern diskutiert, uns aber auch mit einem Missbrauchsopfer gut vier Stunden unterhalten. Es hat diesem 70-jährigen Mann viel gegeben, dass wir so etwas mit unserer Musik thematisieren. Und uns selbst bewegt das natürlich auch sehr. Die Reaktionen auf den Konzerten zeigen uns, dass wir die Menschen auch wirklich erreichen und bewegen. Manche kommen nach einem Auftritt zu uns und bedanken sich bei uns, fühlen sich gehört und nicht mehr alleine. Gleiches gilt für das Lied „I’m A Bitch“. Das handelt von Gleichberechtigung und Gleichbehandlung. Was bei Männern völlig in Ordnung ist, wird bei Frauen oftmals tabuisiert oder skandalisiert. Und darauf wollen wir aufmerksam machen. Wir wollen für etwas stehen, das ist uns ganz wichtig."

Schön, dass du dieses Thema ansprichst. In diesem Jahr spielt ihr ja auf zahlreichen Festivals. Den Abschluss markiert das Sinner Rock, das im September im Sinntaler Ortsteil Altengronau stattfindet. Ihr spielt dort donnerstags – und an diesem Abend treten ausschließlich „Female Fronted Bands“ auf, also Bands mit Frauen an der Spitze. Was hältst du davon?

"Ich finde es klasse, dass gerade im Metal mittlerweile immer mehr Frauen zu finden sind, es gibt sogar einige All-Girl-Bands, die richtig abrocken. Das zeigt, es geht in die richtige Richtung. Wir Frauen können das ja schließlich auch, und deshalb finde ich es auch gut, wenn man dem eine Plattform gibt – so wie es das jetzt auf dem Sinner-Rock-Festival ist."

Aber?

"In meiner Utopie braucht es solch eine Sonderbehandlung nicht, weil einfach alle gleichberechtigt sind. Es geht ja eben nicht darum, einen Unterschied zu machen – genau diesen wollen wir schließlich nicht mehr. Weder in die eine noch in die andere Richtung. Deshalb bin ich grundsätzlich kein Fan von der Frauenquote, egal ob in der Gesellschaft oder auf der Konzertbühne. Dennoch ist mir natürlich klar, dass mit solchen Aktionen wie dem „Female Thursday“ auf dem Sinner Rock die Aufmerksamkeit eben genau dorthin gelenkt werden soll – und damit ist das ein wichtiger und notwendiger Schritt zur Gleichberechtigung."

Exakt das sei die Idee dahinter gewesen, betont die Sinner-Rock-Veranstalterin Renate Iorio, die ja selbst Sängerin der Band The Vagrants ist und der es eine Herzensangelegenheit ist, Frauen im Musikgeschäft zu unterstützen.

"Ja, und das finde ich auch wirklich klasse. Wir freuen uns schon sehr auf das Sinner Rock."

Wie kam überhaupt der Kontakt zustande?

"Unser Gitarrist „Arro“ hat im vergangenen Jahr mit seiner Band Kissin’ Dynamite bereits auf dem Sinner Rock gespielt und ist aus dem Schwärmen nicht mehr herausgekommen. Ich freue mich auf ein ganz tolles Festival mit fantastischen Menschen und einer super Atmosphäre. Was mir besonders imponierte: Renate hat uns sogar auf einem unserer Konzerte besucht, nachdem feststand, dass wir auf dem Sinner Rock auftreten. Da spürt man, dass man nicht nur irgendeine Nummer ist, sondern den Veranstaltern wirklich etwas an ihrem Line-up liegt."

Und wie geht es nach den Festival-Auftritten weiter – sitzt ihr schon an neuen Songs?

"Ja, wir haben schon wieder sehr viele Ideen, wollen jetzt aber erst mal diesen Sommer einfach nur abrocken und uns dann die Zeit nehmen für neue Songs und neue Themen. Wir hatten für das erste Album sehr viel Zeit, das hört man auch, da ist kein einziger schwacher Song drauf, kein Lückenfüller. Das ist auch unser Anspruch für die zweite Platte, wir wollen die Qualität halten. Darüber hinaus ist die Liga aber nicht nur Musik, sie ist auch ein Engagement für das Gute."

Was heißt das genau?

"Wir wollen eine Welt schaffen, in der sich die Menschen stark fühlen können und selbstbewusst sind. Das ist uns auch schon ganz gut gelungen, Band und Fans sind eine echte Einheit, wir haben ein tolles Gemeinschaftsgefühl. Das bedeutet mir sehr viel, und auch da wollen wir dran bleiben und weitermachen. Wir haben also noch einiges vor und freuen uns schon riesig darauf zu sehen, wo wir in einem Jahr sein werden. Aber jetzt rocken wir uns jetzt erst mal auf den Festival die Seele aus dem Leib."

League Of Distortion sind: Anna „Ace“ Brunner (Gesang), Jim „Arro“ Müller (Gitarre), Tino „Aeon“ Calmbach (Schlagzeug) und Felix „Ax“ Rehmnan (Bass).

Über das Sinner Rock


Sinner Rock ist das Rock- und Metalfestival mit dem ganz besonderen Charakter: Auf zwei Bühnen sorgen internationale Künstler sowie kleinere Bands für mächtig Halligalli, und das inmitten herrlichster Natur. Es gibt ausschließlich Originalmusik auf die Ohren, Coverbands treten nicht auf. Die Künstler kommen unter anderem aus Schweden, Italien, den Niederlanden, Frankreich, Tschechien, Großbritannien, den USA und Deutschland.

Dabei wird das Sinner Rock gerne auch als Entdecker-Festival bezeichnet, weil es mit internationalen Bands aufwartet, gleichzeitig aber auch kleineren und unbekannteren Perlen eine Bühne bietet. Erstmals findet das Festival an drei Tagen statt, den Auftakt am Donnerstag machen ausschließlich Frauen-Bands. Alle Infos und Tickets gibt’s unter www.sinner-rock.de. (red)

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