Royal-Chef Stefan Pappert exklusiv: „Mein Geheimnis ist, dass ich keins habe“
Dienstag, 28.11.2023
von MORITZ PAPPERT
REGION - Stefan Pappert war einer der Köche auf Windsor Castle für Queen Elisabeth II.. Aufgewachsen ist er im Landkreis Fulda, in Niederkalbach. Heute lebt er in London, kocht unter anderem im Wembley-Stadion für prominente Personen und Fußballteams. Anfang November war er für zwei Wochen im Frankfurter Stadion, um für die NFL-Spiele zu kochen.
Als ich Stefan Pappert zum Interview treffe, kommt er gerade von seinem Dienst im Stadion. Er hat gerade für die Eigentümerfamilie einer bekannten Footballmannschaft ein Gänseessen zubereitet. Trotz vollem Terminkalender nimmt sich Stefan Pappert den ganzen Abend für das Interview Zeit, schlägt den Nobel-Italiener in Neu-Isenburg vor (Alter Haferkasten). Der Inhaber, Francesco Pugliese, ist ein langjähriger Freund von ihm. Sein Vater hat schon für die Nationalmannschaft gekocht. Promis wie Rudi Völler und die Spieler der Eintracht gehen hier ein und aus. Es gibt getrüffeltes Rindercapaccio, Spaghetti Calabrese und Steinbutt. Genau der richtige Ort, für einen Spitzenkoch wie Pappert.
„Die meisten Leute können sich nicht vorstellen, was ich eigentlich genau mache“
Um das Leben von Stefan Pappert zu verstehen, brauche es Zeit, sagt er. Man müsse verstehen, was er eigentlich tut und wie er dahin gekommen ist. Das merkt man auch, als man ihn nach seinem Alter fragt. „Macht das Alter denn überhaupt etwas aus? Was sagt es aus, wenn man weiß, wie alt jemand ist? Das ist doch Schubladendenken“, sagt er. Aber von vorne.
„Die meisten Leute können sich nicht vorstellen, was ich eigentlich genau mache.“ Angestellt ist er bei der amerikanischen Firma „Delaware North“. Für die ist er unter Vertrag und für das Wembley Stadion zuständig. Seine Berufsbezeichnung: Lead Chef Three Lions for Wembley National Stadium. Die Queen bekochte er nebenbei, wenn er in Wembley frei hatte und kein Fußballspiel anstand. Dasselbe gilt für viele Fußball-Weltmeisterschaften und Europameisterschaften, für die Pappert auch weiterhin kocht.
Schon früh hat Stefan Pappert gemerkt, dass er in seinem Dorf in Kalbach nicht weiter kommt. Der gelernte Heilerziehungspfleger will raus aus seinem Dorf und etwas von der Welt entdecken. Heute sagt er über Heimat: „Heimat ist da, wo der Hintern abends im Bett liegt.“
Von Fulda über München nach London
Vom Catering in der Fuldaer Johannisau ging es erstmal nach München. Dort kochte er auf dem Tollwood-Kulturfestival, später auf der Wiesn. Seine nächste Station war die Allianz Arena. Nach acht Jahren dort wurde er gefragt, ob er nicht in London für ein Paulaner-Restaurant arbeiten will. Dort lief es nicht ganz so, wie gewünscht. Aber hier fängt die spannende Reise von Pappert erst so richtig an.
Der FC Bayern war in London zu Gast. Pappert landete bei dem Landmark Hotel Marleybone, dem Vertragshotel des englischen Fußballverbandes FA. Er kochte dort für die Fußballteams. Am Tag des FE-Cup-Finals traf er im Hotel mit Pep Guardiola einen Bekannten aus München wieder. „Er hat mich ins Wembley eingeladen. Ich war gerade in der Küche am Kochen. Mein Küchenchef sagte aber: Wenn du jetzt gehst, bist du gefeuert“. Pappert ging.
In Wembley bekam er nach dem Essen am selben Tag noch vom dortigen Küchenchef die Küche gezeigt. Prompt bekommt er ein Angebot, dort zu arbeiten. Am nächsten Tag sollte er zum Bewerbungsgespräch kommen. Aber dazu kam es nicht. „Ich kam dort an und bekam direkt meine Arbeitskleidung. Ich war völlig verwundert. Er sagte, das Bewerbungsgespräch war gestern schon im Aufzug, jetzt bist du angestellt“ Schließlich versorgte er die Royal Box des Stadions. Immer wieder waren dort die königliche Familie und dadurch auch Prinz William zu Gast. So kam er nach Schloss Windsor, kochte für die Queen an seinen fußballfreien Tagen bis zu ihrem Tod.
Stefan Pappert erzählt mehrere Stunden von seiner einzigartigen Lebensgeschichte, schweift immer wieder aus. Ganz nebenbei fallen Namen prominenter Personen (Obama, Taylor Swift, Robbie Williams, Coldplay) , die er getroffen hat. Manche davon, die ihm wieder neue Jobs möglich gemacht haben. Beworben habe Pappert sich noch nie. „Ich habe noch nie einen genauen Plan gehabt. Ich lebe im jetzt und habe kein konkretes Ziel“, sagt er.
Was ist sein Erfolgsrezept?
Aber was ist sein Erfolgsrezept? „Es gibt keins“, sagt er. Sein Geheimnis sei, dass er keins habe. Aber irgendetwas muss es da ja geben. Warum hat er es bis ins britische Königshaus geschafft? „Ich mache es anders, als die anderen“, verrät er. Er meint damit, dass er zwar nicht versucht, das Rad neu zu erfinden, aber auch mal neue Wege geht. Die Digitalisierung nutzt er beispielsweise voll aus. Seine Öfen kann er per App steuern. Seine Rezepte und Kochparameter hat er in einer Cloud. „So habe ich immer dieselbe Qualität“.
So ist es auch bei vielen Zutaten. Die Grüne Soße etwa macht er nicht selbst, sondern lässt sich die Zutaten fertig aus Frankfurt liefern. Das Kürbiskernöl bestellt er dort, wo es herkommt, aus der Steiermark. Auch das Gemüse für die Nationalmannschaften lässt er sich meist schon fertig geschnitten und geschält liefern. „Damit spart man sich Manpower, Zeit und Speisereste, wenn man schon ofenfertig bestellt“, sagt er.
„Man hat mich mal gefragt, wie ich es schaffe, 600 Würstchen für eine Vernissage zu machen. Dabei habe ich die einfach schon von meinem Metzger vorbraten lassen“, sagt Pappert. Und noch etwas versucht Pappert anders zu machen, als viele andere Köche. „Ich treffe den Geschmack der Allgemeinheit. Woher lernt man denn seine Geschmäcker? Aus der Kindheit. Deshalb versuche ich viele Gerichte so zu machen, wie ich es von früher von meiner Oma kenne“. So werden dann Schnitzel in Butterschmalz statt mit Butter oder Öl gebraten oder auch der Holundersaft bereitet er nach dem Rezept seiner Oma aus Osthessen zu.
Und was steht für ihn in der Zukunft noch an? „Nächstes Jahr erstmal die Europameisterschaft in Deutschland, dann folgt Olympia in Paris. Die WM in Amerika 2026 wird dann meine letzte sein. Dann habe ich bei fünf WMs seit 2006 und elf EM-Finals seit 2017 gekocht“, sagt Stefan Pappert zufrieden.