Attraktivität des Erzieherberufs - Leiterin der Fachschule für SoziaIwesen im Interview
Samstag, 02.12.2023
GELNHAUSEN - Wenn Irmgard Herget über den Beruf der Erzieherin oder des Erziehers spricht, kommt sie regelrecht ins Schwärmen. „Supergute Berufsperspektiven“, „rote Teppiche für jene, die in den Beruf einsteigen“ und der „unbedingte Wunsch, mit Menschen arbeiten zu wollen“ stehen im Fokus.
Im Interview schildert die Leiterin der Fachschule für Sozialwesen an den Beruflichen Schulen in Gelnhausen, was Beruf und Ausbildung so attraktiv macht.
Frau Herget, können Sie fünf Gründe nennen, warum der Beruf der Erzieherin beziehungsweise des Erziehers toll ist?
Erstens, weil man mit jungen Menschen arbeiten kann. Das ist für sich schon etwas Tolles. Zweitens, weil Erzieherinnen und Erzieher in diesem Beruf sehr viel Wertschätzung erfahren. Drittens, weil er eine direkte Form der Kommunikation mit sich bringt: Kinder, vor allem kleine Kinder reagieren schließlich direkt und ungefiltert. Viertens, weil Erzieherinnen und Erzieher in den sozialpädagogischen Einrichtungen, wie zum Beispiel Kita, Hort, Jugendhilfe und anderen im Team und zugleich sehr eigenverantwortlich arbeiten. Sie gestalten, organisieren, sind kreativ und können sich selbst entfalten. Und fünftens, weil der Beruf supergute Berufsperspektiven bietet und einen sichereren Arbeitsplatz – und das sogar wohnortnah.
Es wird immer wieder gesagt, die Ausbildung sei lang. Was antworten Sie?
Die Rede ist immer von fünf Jahren, aber die fachschulische Ausbildung dauert drei Jahre und damit nicht länger als andere fachschulische Ausbildungen. Interessierte brauchen auf jeden Fall einen mittleren Abschluss. Wenn sie nach diesem Schulabschluss schon wissen, dass sie als Erzieherin oder Erzieher arbeiten möchten, rate ich direkt die zweijährige schulische Ausbildung zur Sozialassistenz zu absolvieren. Hier werden wichtige Grundlagen vermittelt, die im Erzieherberuf gebraucht werden. Es schließen sich drei Jahre Fachschule an. Am Ende dieser Ausbildung sind die Absolventen sehr gut qualifiziert und haben zudem die Eintrittskarte für ein Studium erworben.
Welche persönlichen Voraussetzungen muss jemand mitbringen, wenn er oder sie in einer Kita arbeiten will?
Er oder sie muss empathisch sein. Eine weitere unbedingte Voraussetzung ist, mit Menschen arbeiten zu wollen – und das gern. Interessierte müssen gut organisiert und strukturiert sein, denn sie organisieren Ausflüge, Elternabende, Fahrten, Feste und vieles mehr. Sie strukturieren den Alltag der Kinder, denn diese brauchen klare Orientierung und Struktur. Man muss belastbar sein, widerstandsfähig und motiviert. Nur wer diesen manchmal auch anstrengenden Beruf gern macht, wird sich wohlfühlen. Es ist ein superinteressanter Beruf, weil Erzieherinnen und Erzieher viele Fäden zusammenführen. Ich denke da an die Zusammenarbeit mit Eltern, Psychologinnen und Psychologen, Kinderarzt-, Physiotherapie- und Logopädie-Praxen.
Gibt es die Möglichkeit für einen Quereinstieg in den Beruf?
Ja, es gibt die Möglichkeit des Quereinstiegs. Wenn jemand im Beruf steht, damit nicht glücklich ist und schon immer mit Kindern arbeiten wollte, dann gibt es einen Weg. Dafür benötigen Interessenten Abitur, die Fachhochschulreife oder eine erfolgreich abgeschlossene dreijährige Ausbildung. Benötigt wird auch eine dreimonatige Fachpraxis Dieser letztgenannte Teil soll Interessentinnen und Interessenten die Möglichkeit eröffnen, in der Praxis – also in einer Kita, einem Hort oder einer Jungendhilfeeinrichtung – zu testen, ob ihnen der Beruf überhaupt liegt. Die Fachpraxis muss nicht am Stück absolviert werden. Für einen Quereinstieg gibt es im Übrigen keine Altersbeschränkung. Das kann man auch noch mit 40 Jahren machen. Im Augenblick haben wir hier in Gelnhausen eine Studierende, die mit 50 Jahren den Quereinstieg in den Beruf gewagt hat. Mit ihrer Lebenserfahrung ist sie eine echte Bereicherung für ihre Schulklasse.
Wie sind die Chancen von Erzieherinnen und Erziehern auf dem Arbeitsmarkt?
Für pädagogisches Fachpersonal werden rote Teppiche ausgerollt. Absolventinnen und Absolventen der Fachschule für Sozialwesen in Gelnhausen finden überall Jobs und bleiben – was uns ausgesprochen freut – zumeist im Main-Kinzig-Kreis.
Was zeichnet die Ausbildung aus?
Es ist eine interessante Verzahnung von Theorie und Praxis. Das, was in der Theorie erlernt wird, kann in der Praxis in den Kitas sofort angewendet, ausprobiert und umgesetzt werden. Damit verfestigt sich das Wissen besonders gut. Hier bei uns in der Schule erwerben die Studierenden Wissen in einer Vielzahl von Lernfeldern, den sogenannten Aufgabenfeldern. Das reicht von pädagogischer Psychologie über Erziehungswissenschaften bis hin zu rechtlichen Fragen wie Kindeswohlgefährdung, Kinderrechte oder Aufsichtspflicht. Es werden alle Bereiche der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen abgedeckt: Bewegung, Gestaltung, Musik, Umwelt und Gesundheit, Naturwissenschaften, Spiel und Literacy. Bei Letztgenanntem geht es nicht nur um die Fähigkeit zum Lesen und Schreiben sondern auch um die Vertrautheit mit Büchern, das Text und Sinnverständnis und um den kompetenten Medienumgang.
Sie sehen: Die Studierenden werden umfassend auf die Praxis und die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen vorbereitet. Wir vermitteln Wissen über pädagogische Konzepte, darüber, wie Bindung in Familien funktioniert, sprechen über Familienstrukturen, Familien im Wandel, Teamarbeit und Öffentlichkeitsarbeit. Diese Vielfalt an Themen macht den Beruf so besonders und so aufregend. Das vermittelte Wissen bildet die fachliche Grundlage. Im Mittelpunkt der täglichen Arbeit in den sozialpädagogsichen Einrichtungen steht das Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen, die uns anvertraut werden. (red)