Wächtersbach: Hausbrand wohl Versicherungsbetrug statt rechtsextremer Tat
Mittwoch, 20.03.2024
WÄCHTERSBACH - Nach dem Vollbrand eines Wohnhauses im Baumgartenweg in Wächtersbach- Wittgenborn in der Nacht vom 24.12.2023 auf den 25.12.2023 kam es aufgrund entsprechender Haftbefehle des Amtsgerichts Hanau zur vorläufigen Festnahme von fünf Tatverdächtigen. Es werden die Haftgründe der Verdunklungs- und Fluchtgefahr angenommen.
Ein ausländerfeindliches Motiv für die Tat hat sich im Rahmen der umfangreichen, verdeckt und insbesondere auch in alle Richtungen geführten Ermittlungen, nicht bestätigt. Die Staatsanwaltschaft Hanau geht nach dem aktuellen Stand davon aus, dass die Ermittlungen und die öffentliche Meinung durch die Tatverdächtigen auf ein rechtsextremistisches Motiv gelenkt und eine falsche Spur gelegt werden sollte, woraufhin es auch zu öffentlichen Solidaritätsbekundungen und Mahnwachen gekommen war.
Bei zwei der Tatverdächtigen handelt es sich um den 47-jährigen, pakistanischen Eigentümer des niedergebrannten Gebäudes sowie um dessen pakistanischen, 34 Jahre alten Schwager, die u. a. der gemeinschaftlichen schweren Brandstiftung mittels eines Brandbeschleunigers dringend verdächtig sind.
"Ausländer Raus"-Parolen wohl von Bewohnern selbst
Da die Beschuldigten bei der ihnen vorgeworfenen Brandlegung an sieben Stellen im Gebäude die Parole "Ausländer Raus" an die Wände gesprüht und dadurch den Eindruck eines ausländerfeindlichen Motivs erweckt haben sollen, sind diese überdies des gemeinschaftlichen Vortäuschens einer Straftat dringend verdächtig. Der Eigentümer des Hauses stand bereits kurz nach der Tat im Fokus der Ermittlungen, da dieser bei seiner Vernehmung offensichtliche Brandverletzungen aufwies.
Weiter geht die Staatsanwaltschaft Hanau davon aus, dass die Brandlegung einzig dem Zweck diente, zu Unrecht Versicherungsleistungen für die infolge des Brandes entstandenen Schäden im mittleren sechsstelligen Bereich zu erlangen. Dem Eigentümer des Gebäudes wird folglich auch ein versuchter Versicherungsbetrug im besonders schweren Fall vorgeworfen, zu dem dessen Schwager ihm durch die Brandlegung Beihilfe geleistet haben soll.
Bei dem vierten Tatverdächtigen handelt es sich um den 18 Jahre alten Sohn des Gebäudeeigentümers, der auf Geheiß seines Vaters den Schaden der Versicherung gemeldet und an einem Ortstermin mit dieser teilgenommen haben soll. Es handelt sich bei dem Beschuldigten um einen deutschen Staatsangehörigen, dem Beihilfe zum besonders schweren Betrug vorgeworfen wird.
Verdächtige dem Haftrichter vorgeführt
Im Zuge der Ermittlungen konnte weiter festgestellt werden, dass im Vorfeld der Tat durch die 33-jährige Ehefrau des Gebäudeeigentümers verschiedene Haushaltsgegenstände veräußert wurden. Die pakistanische Staatsangehörige ist daher neben der Beihilfe zur schweren Brandstiftung auch der Beihilfe zum versuchten Versicherungsbetrug dringend verdächtig.
Gegen einen 55 Jahre alten, pakistanischen Tatverdächtigen wurde zudem Haftbefehl wegen versuchter Strafvereitelung erlassen. Er soll dem Gebäudeeigentümer für die Tatzeit der Brandlegung gegenüber der Kriminalpolizei ein falsches Alibi gegeben haben.
Nach der vorläufigen Festnahme der fünf Tatverdächtigen am Dienstagmorgen werden diese nunmehr dem Haftrichter vorgeführt, während die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hanau und des Fachkommissariats 11 der Polizeidirektion Main-Kinzig weiter andauern.
Statements von Landrat und Bürgermeister
„Diese Offenheit und Transparenz zeigt deutlich, wie wichtig ein sorgfältiges und verantwortungsvolles Vorgehen mit solchen Vorfällen ist. Wir danken daher allen an der Aufklärung beteiligten Behörden“, erklären Thorsten Stolz und Andreas Weiher, die bereits im Dezember zu „einem angemessenen Umgang in der Sache“ aufgerufen hatten. Denn eine weitergehende politische und gesellschaftliche Einordnung sei erst gerechtfertigt, wenn die Umstände komplett ermittelt und die Hintergründe für den Wohnhausbrand und die ausländerfeindlichen Schmierereien zuverlässig aufgeklärt seien.
„Wir können froh und dankbar sein, dass nach der offensichtlichen Brandstiftung keine Verletzten zu beklagen sind“, betonen sie mit Blick auf den herausfordernden Einsatz rund um Weihnachten. „Unser Dank gilt nochmals den beteiligten Feuerwehrleuten und Rettungskräften, die Schlimmeres verhindern konnten. Für die Einsatzkräfte war dies ein unglaublich herausforderndes Geschehen, bei dem die Feuerwehrleute auch einer Eigengefährdung ausgesetzt waren“.
Landrat und Bürgermeister weiter: „Wir sind dankbar für das entschlossene Vorgehen der beteiligten Behörden, die damit eine klare Einordnung der Ereignisse und eine Grundlage für die weiteren rechtlichen Verfahrensschritte geschaffen haben." (red, tby)
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Ursprungsmeldung: Zu einem Brand eines Wohnhauses im Baumgartenweg kam es am frühen Montagmorgen im Wächtersbacher Ortsteil Wittgenborn. Dort brach kurz nach 1 Uhr ein Feuer in dem dortigen Wohngebäude aus, welches daraufhin rasch im Vollbrand stand.
Ein Großaufgebot der Feuerwehr war bis in die Morgenstunden mit den Löscharbeiten beschäftigt. Die Brandursache ist bislang noch unklar. Das Fachkommissariat hat nun die Brandermittlungen übernommen. Nach derzeitigen Erkenntnissen gab es keine verletzten Personen; während des Brandausbrauchs sollen sich keine Anwohnerinnen und Anwohner im Gebäude aufgehalten haben.
Die Stadt Wächtersbach schreibt am Dienstagmittag auf Facebook: "Wie die Polizei bei der Tatortaufnahme feststellte, wurde in diesem Haus an mehreren Wänden der Schriftzug „Ausländer raus“ festgestellt. Seit dieser Feststellung ermittelt die Polizei intensiv. Was wir noch wissen: Der Brand und die Schriftzüge ereigneten sich im privaten Wohnhaus einer Familie, die vor vielen Jahren aus Pakistan einreiste. Sie lebten seit vielen Jahren integriert in Wittgenborn. Aktuell ist die Familie bei Freunden untergebracht. Sie benötigen nach eigener Aussage keine Hilfe."
Das sagt der Bürgermeister
Wächtersbachs Bürgermeister Andreas Weiher betont in einer Stellungnahme, dass nun die Stunde der Ermittlungsbehörden schlage. "Es gilt, mit Hochdruck die Hintergründe des Brandes aufzudecken." Ganz Wächtersbach sei betroffen "von diesem dramatischen Brandereignis".
Vor dem Hintergrund, dass auf den Wänden des Hauses mehrere ausländerfeindliche Parolen geprangt hätten, meinte der Rathauschef, dass dies "diesem Ereignis eine völlig neue Dimension gibt. Sollte sich das bestätigen, dann wäre das eine dramatische Entwicklung, die in keinster Weise vorhersehbar gewesen wäre."
Der entstandene Schaden beläuft sich nach ersten Schätzungen auf etwa 350.000 Euro. (red)