"Oh happy Day" in Sinntal

Fantastisches Jahresschlusskonzert des Musikvereins Oberzell und des Chores "Sound of Joy"

Wie das Jahr 2023 auch gewesen sein mag, besser als mit dem Jahresschlusskonzert des Musikvereins Oberzell in der evangelischen Kirche hätte es nicht enden können. - Fotos: Walter Dörr


Montag, 01.01.2024
von WALTER DÖRR

SINNTAL - Wie das Jahr 2023 auch gewesen sein mag, besser als mit dem Jahresschlusskonzert des Musikvereins Oberzell in der evangelischen Kirche hätte es nicht enden können.

Vollbesetzt war das Gotteshaus – übrigens eines der größten im Altkreis Schlüchtern – als der Klangkörper unter Leitung von Dennis Ankert zu Beginn das „Concerto d’Amore“ spielte.

Das Stück vom niederländischen Komponisten Jacob de Haan ist eines der populärsten Kompositionen der Gegenwart und war gleich ein grandioser Auftakt des Jahresabschlusskonzerts, denn das „Liebeskonzert“ vereint Blasmusik verschiedener Stilrichtungen, wie Barock, Pop und Jazz. Die Musikvereins-Vorsitzende Gloria Dorn moderierte fachkundig den Abend. Unter „Selections from Nutcracker“ im Programm verbargen sich einige Sätze der berühmten Nussknacker-Suite des Komponisten Peter Iljitsch Tschaikowsky. Für eine Ballettaufführung war der Altarraum natürlich zu klein, aber die Darbietung unter Leitung der Dirigentin Claudia Jonas ein akustisches Erlebnis für die Ohren der Besucher. Saxophonist Julian Kraushaar glänzte mit einem Solo.

Inneres Schunkeln beim "Second Waltz"


Beim bekannten „The Second Waltz“ vom russischen Komponisten Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch dachten viele in der Kirche an Andre´ Rieu und sein Johann-Strauß-Orchester, denn der niederländische Geiger stürmte mit dem Klassiker einst die Charts. Im Musikverein Oberzell spielen zwar keine Geiger, aber mit ihrer Musik zu begeistern, das können die Sinntaler, und brachten die Besucher in der Kirche zum inneren Mitschunkeln. Eva Ochs spielte ein Saxophonsolo, Rolf Orth ein Posaunensolo.

Traumhafte Melodien


„My Dream“, von Peter Leitner komponiert und seiner Kärntner Band „Fegerländer“ bekannt gemacht, intonierte  der Musikverein Oberzellin der Kirche, ein wahrer Hörgenuss auch durch das Trompetensolo von Karl Bienmüller und einem Saxophonsolo von Janine Braungart.

Klarinetten-Ensemble trötete


„Viva la Vida“ (spanisch „Lebe das Leben“) der Rock-Band „Coldplay“, spielte das Klarinettenensemble des Musikvereins Oberzell bei einem Soloauftritt. Tanja Hölzer, Hanna Ochs, Alicia Richter, Verena Dorn, Annalena Nowaczyk, Dorina Dorn und Katja Heil hatten sich im Seitengang vor den Weihnachtsbaum platziert, weil es im Altarraum leider viel zu eng war. Viel Beifall war der Lohn für das erste Stück, und auch beim zweiten traf das Klarinettenseptett, das sich innoffiziell liebevoll "Die öden Tröten" nennt, den Geschmack des Publikums: „You Raise Me Up“ – wer kennt diesen Ohrwurm nicht. „Hallelujah“, das musikalische Gotteslob des kanadischen Songwriters Leonard Cohen, gespielt vom Musikverein bildete den Abschluss des ersten Konzertteils.

Programm mit Blasmusik und Frauenchor


Um für den Gastauftritt der Oberzeller Gesangsgruppe „Sound of Joy“ Platz zu haben, mussten einige Musiker ihren Platz räumen. Die Damen, die unter der Leitung des Dirigenten und Pianisten Felix Zieseniß standen, bereicherten das Jahresschlusskonzert mit religiöser und weltlicher Literatur, wie der Ballade „Body and Soul“, „I sing holy“, „Tage wie diese“ von den „Toten Hosen“ und von den Beatles „With a little help from my friends“. Als Zugabe folgte der Gospel schlechthin „Oh Happy Day“. Mit „A Day of Hope“ (Ein Tag der Hoffnung) gestaltete der Musikverein Oberzell wieder eindrucksvoll das musikalische Geschehen. Auch „You’ll be in my Heart“ von Phil Collins aus dem Disney-Film „Tarzan“ wusste zu gefallen und „Selections from the Po-lar Express“ – hier spielte ein Saxophonsolo Janine Braungart. Die Ballade „Wo ich auch stehe“ von Albert Frey (nach Psalm 139, 1-12) sang sehr gefühlvoll mit Orchesterbegleitung Hanna Ochs.

Dirigent und Trompeter


Als Trompeter hatte Dirigent Dennis Ankert einen Solopart im Medley „Bye Bye Spritual“. Gemeinsam mit dem Chor „Sound of Joy“ erklang zum Programmende „Küss mich, halt mich, lieb mich“, der allseits bekannte Schlager von Ella Endlich aus dem Jahr 2009. Tosender Beifall belohnte die Darbietungen des besonders gelungenen Jahresschlusskonzertes.

Und noch ein paar Hintergrundinformationen:  


Mit 1.962 Hektar ist Oberzell flächenmäßig der größte Sinntaler Ortsteil, bei den Einwohnern (rund 970) liegt man nach Sterbfritz und Altengronau an dritter Stelle. Oberzell liegt malerisch eingebettet im Sinntal, umgeben von den Bergen Haag (585 m, höchster Berg im Main-Kinzig-Kreis), großer Nickus (558 m), kleiner Nickus (488 m), Stiftes (568 m), Hirschberg (474 m), Stoppelsberg (571 m) und Sandberg (534 m).

Ein Dorf mit Kirche


Seit 1867 ist die neu-gotische Kirche ein markantes Gebäude in der Dorfmitte von Oberzell. „Cella“ heißt Oberzell in der ersten Urkunde des Bischofs Herold von Würzburg aus dem Jahr 1167, was bedeutet „ein Dorf mit Kirche“. 1593 und 1706 sind umfangreiche Reparaturen an dem Kirchengebäude überliefert. 1808 wurde ein neuer Glockenturm errichtet, weil der alte baufällig geworden war. Da auch die Holzkonstruktion der alten Kirche marode war, stellte der Kirchenvorstand unter Vorsitz von Pfarrer Ernst Römheld am 23. Juli 1863 beim Kurfürstlichen Evangelischen Konsistorium in Hanau den Antrag für einen Kirchenneubau. Das Innenministerium in Kassel hatte aber kein Geld dafür. 1865 beantragte der Pfarrer Wilhelm Adam, der immer noch auf einen Entscheid wartete, statt eines Neubaus die Renovierung der alten Kirche. Das lehnte das Innenministerium wieder ab, stellte aber 8.000 Taler für einen Neubau zur Verfügung. Landesbaumeister Spangenberg aus Steinau schreibt die Maßnahme am 15. Juni 1865 im Bezirksboten aus: "Die Kirche wird 98 Fuß lang, 53 Fuß breit, im Stockwerk 28 Fuß hoch, von Sandstein erbaut; eine 98 Fuß lange Kirche erhält einen massiven Turm 57 Fuß hoch, mit hölzernem Helm und ein massives nach fünf Seiten des Achtecks geschlossenem gewölbten Chor."

Am 19. April 1866 wird mit dem Bau begonnen und auch dank der Eigenleistung der Oberzeller Bürger und Spenden konnte die neue Kirche am 15. September 1867 durch Superintendent Wendel aus Hanau eingeweiht werden. Der Zahn der Zeit nagte an dem Gebäude, das 1959 schon einmal renoviert wurde. Anfang der 1990er Jahre zeigten sich an verschiedenen Stellen Risse. Ein statisches Gutachten ergab, dass das Kirchendach in einem sehr schlechten Zustand war. Binderbalken waren teilweise völlig weggefault und so sind Schubkräfte entstanden, die die Außenwände wegdrückten. Im hinteren Bereich des Gebäudes bestand sogar Einsturzgefahr. Deshalb sperrte man die Kirche. Mithilfe eines Notprogrammes der Landeskirche wurde die Oberzeller Kirche ein Jahr lang baulich grundhaft hergerichtet. Die sehr schöne im neugotischen Stil erbaute Kirche sollte an den Urzustand aus dem 18. Jahrhundert angeglichen werden. Die bei der Renovierung in 1959 abgewaschenen Wände und die steinsichtig behandelten Bögen erhielten wieder Ornamente. Die Decke ist maseriert und lasierend hell behandelt, mit roten und blauen farblichen Absetzungen. Neu gefasst wurde der Altar, die Wände erhielten eine Quadrierung.

Eine Kirche im Urzustand


Die eichenen Kirchenbänke sind jetzt mit einem Rotton vorgestrichen und rehbraun nachlasiert. Die Kirchenorgel, gebaut 1867 von Georg Friedrich Wagner, Hersfeld, wurde von den Restauratoren mit Blättern schablonisiert und das Schleierwerk am oberen Teil des Instrumentes wurde in einem Goldton gefasst. An der Gesamtinvestitionssumme von über einer Million Mark sind Oberzeller Helfer (über 2.000 Stunden Arbeitsleistung) mit 100.000 Mark und 44.000 Mark Spenden beteiligt. Bei der feierlichen Wiedereinweihung am 30. April 1995 durch Probst Gerhard Pauli, Dekan Klaus Dietrich und Pfarrer Reinhard Wolf, bei der auch die Tauf-, Toten-, Gebets- und Friedensglocke geläutet wurden, nahmen hunderte Bürger teil.

Musikverein macht Musik


Musizieren hat in Oberzell eine lange Tradition. Erst nicht in Kapellen-Formation, sondern anlassbezogen. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es zwei Kapellen und auch einen Posaunenchor aus denen dann der Musikverein hervorging. Melchior Eichholz initiierte am 15. Februar 1970 die offizielle Gründung mit 15 Gründungsmitgliedern. Zwölf Musiker bildeten die erste Blaskapelle. Durch eine intensive Ausbildung an Instrumenten wurde der Klangkörper größer und besser und ein beliebtes Orchester bei den unterschiedlichsten Anlässen im Ort und außerhalb. Seit 1982 ist der Musikverein Oberzell ein eingetragener Verein.

1999 gründeten sangesfreudige Menschen in Oberzell einen Taize-Chor. Nach anfänglichen Auftritten bei Gottesdiensten wurde das Repertoire umfangreicher und es kamen weltliche Popmusik und Musicals hinzu. So konnten auch Auftritte bei Liederabenden und Konzerten erfolgen. In 2003 schloss sich der Chor „Sound of Joy“ dem 1900 erst als Männerchor gegründeten und nach dem zweiten Weltkrieg um einen Gemischten Chor erweiterten Gesangverein „Eintracht“ Oberzell an. Nachwuchsprobleme zwangen in 2017 zur Einstellung der Sangestätigkeit, sodass heute praktisch nur noch der Frauenchor „Sound of Joy“ der Gesangverein ist.

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