Sinntal: Vier auf einen Streich - Junge Störche in Sannerz beringt
Donnerstag, 23.05.2024
von WALTER DÖRR
SINNTAL - Die vier Jungstörche, die auf dem Brutmast in den Kinzig-Auen zwischen Sannerz und Sterbfritz geschlüpft sind, wurden von Werner Peter, der im Main-Kinzig-Kreis anerkannter Beringer der Vogelwarte Helgoland ist, beringt und somit die ersten registrierten Weißstörche des Jahrgangs 2024 im Main-Kinzig-Kreis. Dass der Klapperstorch die Kinder bringt, das wird seit vielen Generationen den Kindern erzählt. Klapperstorch beim Klapperstorch
Einen Kindersegen im Sinntaler Ortsteil Sannerz zu erwirken, war zwar nicht das vorrangige Ziel des Vereins „Gruppe Vogelschutz Sannerz“, als man vor Jahren auf einer Feuchtwiese zwischen Sannerz und Sterbfritz einen Telefonmast mit einem gebauten Storchennest aufstellte. Die Ansiedlung des Weißstorches – landläufig auch Meister Adebar genannt – verlief auch erst negativ, denn das obere Kinzigtal lag nicht auf der Route der majestätischen Flugvögel. Irgendwann wurde der Sannerzer Brutmast dann doch als ein Zuhause ausgewählt und das Storchenpaar „Roberto und Julia“ fand in den Randgebieten des Main-Kinzig-Kreises sein Glück (der Weißstorch gibt es vornehmlich im Raum Gelnhausen, Langenselbold, Nidderau, Rodenbach).
Vier Jungstörche erblickten vor vier bis fünf Wochen in dem Nest in acht Metern Höhe das Licht der Welt. Das sind viele, denn meist gibt es nur zwei Storchenbabys. Wenn die Weißstörche ihre Rundflüge zur Nahrungsbeschaffung machen, dann ist das ein Erlebnis und wird gerne von den Menschen beobachtet. Neben der Eigenverpflegung verlangt ein schnell wachsender Jungstorch täglich 700 Gramm Nahrung, soviel wie 500 Regenwürmer und 15 Mäuse.
500 Regenwürmer und 15 Mäuse
Der Freigerichter Hobbyornithologe Werner Peter ist als ehrenamtlicher Mitarbeiter der Vogelwarte Helgoland für den Main-Kinzig-Kreis zuständig, engagiert sich hier, dass Vögel wieder heimisch werden und beringt hauptsächlich auch Jungstörche. Eine Beringung erfolgt kurz bevor die Jungstörche flügge werden (5. bis 7. Lebenswoche). Mit dem natürlichen Todstellreflex, der Akinese, ergibt sich ein Jungstorch bei Gefahr – oder wenn der Beringer zu Besuch kommt.
In Sannerz stand nur ein Alttier auf dem Horst und sah erst gelassen zu, was sich über die große Weidewiese näherte. Als dann die feuerrote Hebebühne vom örtlichen Lumberjack-Unternehmen vom Transportlaster gefahren wurde, unterhalb des Mastes seine Spinnenfüße ausbreitete und dann Sascha Gärtner die Arbeitsbühne hydraulisch ausfuhr, traute der Vogel dem Ganzen nicht und wollte ablenken, indem er wegflog. Nicht weit, sondern er kreiste aufgeregt in einem gewissen Sicherheitsabstand um das Storchennest. Obwohl das Beringen relativ schnell erfolgt, muss es dem Storchenvater doch lange vorgekommen sein. Werner Peter begutachtete die vier Jungstörche, die alle gutgenährt sind, und beringte sie.
Ringe für die Forschung
Zwei Tiere bekamen die sogenannten ELSA-Ringe, das sind zwei schwarze Kunststoffteile, auf denen in Weiß gut sichtbar vertikal und horizontal eine Registrierungsnummer steht, die zu einem Ring zusammengesetzt werden. Der Ring wird oberhalb des Intersalgelenkes angebracht, quasi oberhalb der Ferse. Zwei Jungstörche wurden mit einem hellen Modalitätsring aus Alu beringt. Über die in einer Datenbank erfassten Code-Zahlen können die Tiere immer wieder identifiziert, für Erfahrung populationsbiologische Zusammenhänge und ökologische Studien genutzt werden. Nach zwei Jahren sind Störche geschlechtsreif. Durch die Verbesserung ihrer Lebensräume – sie brüten auch auf Hochspannungsmasten und in Bäumen – kann davon ausgegangen werden, dass sie bei uns heimisch bleiben.
Nach Beendigung der Beringungsaktion durch Storchenexperte Peter kam der Storch zurück und kümmerte sich weiter liebevoll um seinen Nachwuchs – als wäre nichts geschehen. Die Brutzeit bei Störchen dauert von April bis August. Ein Elternteil bebrütet das Gelege 32 bis 33 Tage lang. Wie der Ornithologe Peter sagte, sichere statistisch 1,8 Jungtiere die „stabile“ Population der Störche. Die Witterung beeinflusst sehr das Geburtsergebnis eines Jahres. Wenig geschützt seien die Jungen bei Kälte (Eisheilige, Schafskälte). Verluste gebe es bei den unerfahrenen Jungstörchen durch das Befliegen von Hochspannungsmasten. Störche können 25 bis 28 Jahre alt werden.
Männchen oder Weibchen?
Das Geschlecht der schwarz-weiß-gescheckten Storchenkinder lässt sich noch nicht feststellen und ist bei Störchen allgemein sehr schwer festzustellen. Für die Namensfindung für ihren Nachwuchs haben die Mitglieder des Vereins „Gruppe Vogelschutz Sannerz“ deshalb auch ein Problem. Vorschläge (m/w) können gerne an den Vorsitzenden [email protected] gesendet werden.
Viel Spaß beim Anschauen der Fotos unseres Fotografen Walter Dörr.