Erneuter Protest: Apotheken bleiben am 27. und 28. Juni geschlossen

Donnerstag, 20.06.2024
HESSEN / MKK - Die Apotheken in Hessen bleiben am 27. und 28. Juni geschlossen ...
Mit dieser zweitägigen Schließung protestiert die hessische Apothekerschaft gegen den vor wenigen Tagen vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgelegten Referentenentwurf zur geplanten Apothekenreform, "der die schlimmsten Erwartungen für die Patientinnen und Patienten und derer flächendeckender Arzneimittelversorgung durch die öffentlichen Apotheken noch weit übertrifft".
Holger Seyfarth, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbandes (HAV), betont: "Der vom BMG vorgelegte Referentenentwurf ist ein Generalangriff auf unseren gesamten Berufsstand, unsere pharmazeutische Kompetenz und die wohnortnahe Arzneimittelversorgung durch die Apotheken vor Ort. Minister Karl Lauterbach rückt weder die Arzneimittelsicherheit noch die wohnortnahe Versorgung der Menschen in den Fokus, sondern opfert uns Apotheker als letzte Kontrollinstanz und als letzten Sicherheitsfaktor zwischen der ärztlichen Verschreibung und dem Patienten auf dem Einsparungsaltar."
"Zeichen der Entschlossenheit"
Die beiden Protesttage am 27. und 28. Juni seien deshalb einerseits ein Zeichen der Entschlossenheit, sich gegen "diesen Todesstoß für einen ganzen Berufsstand" entschieden zu wehren, und andererseits auch ein deutlicher Appell an die Regierungskoalition in Berlin, dieses Vorhaben des Gesundheitsministers umgehend zu stoppen. Damit einhergehe, dass sich die Apothekerschaft auch über den 28. Juni hinaus für scharfe Protestmaßnahmen und weitere mehrtägige Schließungen wappne. Seyfarth: "Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten im Sinne unserer Patientinnen und Patienten hartnäckig und gradlinig bleiben."
Wie beratungsresistent das Bundesgesundheitsministerium agiere, so der HAV-Vorsitzende weiter, werde nicht nur daran deutlich, dass sich die Verantwortlichen den guten Argumenten der Apothekerschaft für eine auch künftig sichere und flächendeckende Arzneimittelversorgung der Menschen in der Bundesrepublik seit Monaten komplett verschließen. Vielmehr solle laut weiterem Zeitplan des BMG die erste Verbändeanhörung bereits Ende Juni abgeschlossen sein und das Bundeskabinett die umstrittene Vorlage dann um den 17. Juli herum beschließen. "Die Zeit bis dahin werden wir nutzen, um der gesamten Bundesregierung und der Öffentlichkeit noch einmal klar und entschlossen zu verdeutlichen, welchen destruktiven Weg das BMG da gerade einschlägt", kündigt Seyfarth an.
Geplante Schaffung von "Pseudo-Apotheken"
Als ein
konkretes Beispiel führt der Verbandschef die geplante Abschaffung der
pharmazeutischen Kompetenz für die Bevölkerung durch die von
Gesundheitsminister Lauterbach geplante Schaffung von "Pseudo-Apotheken"
an, in denen Patientinnen und Patienten kein Apotheker mehr in Präsenz
vertrauensvoll und in gewohnter Weise als beratender Spezialist für
Arzneimittel zur Seite stehe. "Das ist eine nicht hinnehmbare
Einschränkung in der Versorgung der Bürgerinnen und Bürger, geht zu
Lasten der Arzneimittelsicherheit, kann Menschenleben gefährden und hat
rein gar nichts mit Telepharmazie zu tun", kritisiert er scharf.
Keine
Entlastung bringe die Scheinreform zudem der wohnortnahen
Arzneimittelversorgung durch öffentliche Apotheken, von denen immer mehr
schließen müssten, da die Inhaberinnen und Inhaber aufgrund der
prekären wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keine Nachfolgerinnen und
Nachfolger mehr finden würden. "Nach unseren Berechnungen verursachen
Lauterbachs Vorhaben perspektivisch weitere Einbußen in Höhe von 170
Millionen Euro für die Apotheken in der Bundesrepublik, obwohl die seit
20 Jahren unveränderte Vergütung der Apotheken eigentlich umgehend eine
zeitgemäße Anpassung benötigt", berichtet der HAV-Vorsitzende.
Da sei es ein weiterer unfassbarer Affront, dass das BMG stattdessen weitere Verschlechterungen plane, beispielsweise durch die Reduzierung des Aufschlages auf die Apothekenvergütung von drei Prozent auf zwei Prozent, die für jede Apotheke ein durchschnittliches Ertragsminus von rund 30.000 Euro pro Jahr bedeute. "Das sind weitere einschneidende und existenzgefährdende Defizite für die öffentlichen Apotheken, die sich ganz speziell auch bei der Versorgung mit hochpreisigen Arzneimitteln für die Patientinnen und Patienten negativ bemerkbar machen", so Holger Seyfarth abschließend.
Die Arzneimittelversorgung am 27. und 28.
Juni bleibt einzig über die Notdienstapotheken aufrechterhalten. Der
Hessische Apothekerverband bittet Patientinnen und Patienten, dringend
benötigte Rezepte an den Tagen davor einzulösen. Welche Apotheke am 27.
und 28. Juni Notdienst hat, erfahren die Hessen per Aushängen in den
örtlichen Apotheken oder online unter www.aponet.de. (red)