"Jeder kann was, glaubt an Euch!"

Fest der Vielfalt zum 50-jährigen Bestehen des BWMK

v.l.:Evren Gezer, Martin Berg, Claus Kaminsky, Thorsten Stolz, Juergen Dusel - Fotos: BWMK


Dienstag, 02.07.2024

HANAU - „Wie schön“ – Daniela Milia spricht aus, was an diesem Abend noch viele Menschen zum Ausdruck bringen werden. Die junge Frau mit Down-Syndrom arbeitet im Kunstatelier des Brockenhauses Hanau und feiert mit rund 350 weiteren Gästen das 50-jährige Bestehen des BWMK (Behinderten-Werk-Main-Kinzig) auf dem Außengelände der historischen Villa im Lamboyviertel. 

Das Publikum erlebt ein Feuerwerk aus gedanklichen Impulsen, Musik und beeindruckenden künstlerischen Darbietungen. Hier ist Vielfalt erlebbar: Angefangen vom bunt gemischten Publikum mit bekannten Gesichtern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft über das von Radio-Moderatorin Evren Gezer erfrischend präsentierte Bühnenprogramm bis hin zum Jubiläums-Bildband. Das Buch mit dem Titel „Mensch sein“, das vom BWMK herausgegeben wird, ist ein Geschenk an die Jubiläums-Gäste sowie an alle Menschen in der BWMK-Gruppe. Der bekannte Hanauer Fotograf Kai Pfaffenbach hat 50 Doppelporträts gemacht, die jeweils einen Menschen mit und einen ohne Behinderung in der gleichen Situation zeigen: im Bundes- und Landtag, auf dem Flugplatz, im Büro, in der Buchhandlung, im Park, im Theater und an vielen weiteren Orten mehr. Die Botschaft: Alle Menschen gehören dazu – überall.

 Auch Daniela Milia ist in dem Foto-Buch abgebildet. Darauf ist sie stolz und sie zeigt es voll Begeisterung ihren Schwestern, die sie zum Jubiläumsfest begleitet haben. Mit völligem Selbstverständnis ist sie Künstlerin neben anderen Kunstschaffenden in diesem Bildband, an diesem Abend und im täglichen Leben. Und das BWMK leistet ihr dabei Unterstützung – ebenso wie vielen anderen Menschen mit Behinderung, die ihr Leben selbst gestalten möchten. Der Foto-Bildband, auf den alle mit Spannung gewartet haben, wird beim Jubiläums-Festakt erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt und anschließend verteilt. Ein berührender Moment. Es ist eines von vielen besonderen Ereignissen an diesem Sommerabend auf dem mit weißen Zeltpavillons, Olivenbäumchen und mediterraner Dekoration wunderbar hergerichteten Areal rund um das Brockenhaus. Cäcilie Kluth, die Vorsitzende des Werkstattrats, begrüßt die Gäste. Sie vertritt gemeinsam mit den anderen Ratsmitgliedern die Menschen mit Behinderung in den Werkstätten des BWMK und bringt in ihrer Rede zu

Ausdruck, wie viel es bedeutet, gehört zu werden, beteiligt zu sein und das Recht auf Mitsprache umsetzen zu können. Nachdenkliche Impulse setzt Joachim Hild, der Aufsichtsratsvorsitzende der BWMK gGmbH, der den Wert von Vielfalt und der demokratisch-freiheitlichen Grundordnung in unserer Gesellschaft unterstreicht, und gleichzeitig auf die Bedrohung dieser Werte und Errungenschaften durch rechtsextreme Gruppierungen wie die AfD hinweist. Für diese Klarheit bekommt Hild sofort Applaus von Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky, der „allen reaktionären Kräften“ ebenfalls eine deutliche Absage erteilt. 

Wundervolle Violinenmusik von Katharina Garrard
Wundervolle Violinenmusik von Katharina Garrard
Das freundliche BWMK-Team überreichte den Gästen den Jubiläums-Bildband
Das freundliche BWMK-Team überreichte den Gästen den Jubiläums-Bildband
Die Künstlerin Daniela Milia ist auch im Jubiläumsbuch abgebildet
Die Künstlerin Daniela Milia ist auch im Jubiläumsbuch abgebildet

Er ist Teilnehmer der Podiumsdiskussion unter dem Titel „Vielfalt als Bereicherung für die Demokratie“, ebenso wie Landrat Thorsten Stolz, BWMK-Geschäftsführer Martin Berg und Jürgen Dusel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung. Unter Moderation von Evren Gezer fallen prägnante Worte. Das Grundgesetz müsse Kompass sein für unser aller Handeln, unterstreicht Dusel. Und er betont mehrfach, dass es für Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft noch immer erschreckend viele Barrieren gibt – in der Arbeitswelt, auf den Straßen, in öffentlichen Gebäuden und in der Kommunikation. Er ruft den Menschen zu: „Jede/r kann was, glaubt an Euch, lasst Euch nicht klein machen.“

 Die Demokratie brauche Teilhabe, Vielfalt und Mutmacher:innen, dafür stehe das BWMK, erklärt Landrat Thorsten Stolz. Zu einer lebendigen Demokratie gehöre es auch, Verantwortung zu übernehmen, daraus zögen sich leider immer mehr Menschen zurück. Dort gelte es anzusetzen, in den Dialog zu gehen, zu motivieren. Kaminsky zitiert Willy Brandt: „Es soll sich die Politik zum Teufel scheren, die - um welcher Prinzipien auch immer - den Menschen das Leben nicht leichter zu machen sucht.“ 

Um Ausgleich geht es auch bei Martin Berg: Das BWMK schaffe Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen, um ihnen die Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft zu ermöglichen – auch in politischen Prozessen. Susanne Simmler, bis April 2024 Erste Kreisbeigeordnete und nun Direktorin des Landeswohlfahrtsverbands (LWV) erhebt in ihrem Grußwort die Stimme einmal mehr für eine zielführende und starke Sozialpolitik. Das Publikum genießt einen inspirierenden Wechsel aus nachdenklich stimmenden Rede-Beiträgen, filmischen Sequenzen und Kunst. 50 Jahre BWMK werden in einem interessanten Video zusammengefasst, und die Sandmalerin Olga Lysytska fasziniert das Publikum mit ihrer gefühlvollen Kunst, die zarte Bilder entstehen lässt. BWMK-Geschäftsführerin Mareike Meister übernimmt die Aufgabe, allen Gästen zu danken – und die

Gemeinschaftsleistung zu würdigen, die bei der Vorbereitung und Umsetzung der Jubiläumsfeierlichkeiten von einem Team aus Menschen mit und ohne Behinderungen erbracht wurde. Mit toller Choreographie und Artistik, untermalt von Leuchtobjekten wie Ringen und Stäben, überzeugt das Duo um Violinistin Katharina Garrard, die mit ihrer Show und der bezaubernden Musik das Publikum am Ende des Programms noch mal so richtig mitreißt. Auch Daniela Milia spürt das, legt eine Fantasie-Geige auf die Schulter, führt ein paar Streichbewegungen aus und lächelt glücklich. (red)

Neues Beliebtes
    Kontakt
    Kinzig.News Redaktion:
    Telefon:06051 833 712
    E-Mail: [email protected]
    Kinzig.News Vertrieb:
    Telefon:06051 833 711
    E-Mail: [email protected]
    Kinzig.Termine