Weiperzer ist man oder nicht

Sinntal: Kirmes wurde wieder zweimal im Musikdorf gefeiert

Der Sinntaler Ortsteil Weiperz feiert traditionell zweimal Kirmes. - Fotos: Walter Dörr


Dienstag, 15.10.2024
von WALTER DÖRR

SINNTAL - Der Sinntaler Ortsteil Weiperz feiert traditionell zweimal Kirmes. Am vergangenen Wochenende waren wieder Kirmes im Gasthaus Döppler mit den „Önnern“ (Musikverein 1924 Weiperz) und den „Öbern“ (Trachten-kapelle „Musikfreunde“ Weiperz). 

Eine Zeltkirmes veranstaltete die „Öbern“ am ehemaligen Schulhof – direkt neben der Sankt-Wigbert-Kirche und dem Dorfgemeinschaftshaus, deren Bloo in Frack, schwarzem Zylinder mit schwarz-rot-gold dekorierten Bändern und urigen Holzschuhen gekleidet ist. Dort fand zunächst eine „Glow in the Dark Party“ mit DJ Teddy statt. Tags darauf spielte die Rock- und Party-Coverband aus Sinntal „Tot Tod“. Am Sonntagtagmorgen wurde zunächst der Kirmesgottesdienst in der nahen Kirche gefeiert, daran schloss sich im Zelt ein zünftiger Musikfrühschoppen an. Der Grillservice Marcel Müller sorgte für einen reichlichen Mittagstisch.

Als Höhepunkt der Kirmesspruch


Das Aufsagen des Kirmesspruches bildete am Sonntag ein Höhepunkt. Dazu holte die Bloogesellschaft erst einmal den buntgeschmückten Kirmesstrauß beim ehemaligen Sinntaler Bürgermeister „Bürgi“ Carsten Ullrich ab. Der Bloo bestand diesmal hauptsächlich aus Frauen. Ohne Männer war man jedoch nicht, denn die Mannen der „Öbern-Bloo-Kapelle“ (Musiker der Trachtenkapelle) komplettierten die Bloogesellschaft. Mit Marschmusik brachte man den Strauß zum Dorfgemeinschaftshaus, wo schon zahlreiche Bürger auf das Aufsagen des Kirmesspruches warteten.

Die Kröftjes Anna hatte ihren ersten Auftritt


Am Dorfgemeinschaftshaus traf auch rechtzeitig der „Önnern Bloo“ mit dem Musikverein 1924 Weiperz als Klangkörper ein. Der 13-köpfige Männerbloo war wieder leger in schwarz-weiß karierten Hemden und Jeans gekleidet. Sie führten zwar ihren beim Vorsitzenden des Musikvereins, Ewald Gerst, geholten Kirmesstrauß mit, aber ihr Auftritt kam später. „Von weitem klingts wie Donnerhall, mir Öbern wolle wirre Kirmes hall,“ so begann Anna Kraft ihren ersten Kirmesspruch. „Ein euch auf der Leiter unbekanntes Gesicht, die Kröftjes Anna heut zu euch spricht.“ „Der demografische Wandel hat zugeschlage, die Männer sind uns abhandengekommen, da ham unsere Eltern die Socke beim Liebesakt wohl abgenomme,“ meinte Anna Kraft. „Nachbarschaftshilfe ist aufm Dorf sehr bekannt, wenn einer schreit, wird gleich zur Hilfe gerannt,“ so begann die erste Geschichte. Ein Nachbar, der mit seinem Hund abends Gassi ging, entdeckte im Haus ein flackerndes Licht. Als er zwei Tage später wieder vorbeikam und das Licht immer noch brannte, schlug er Alarm, da er Schlimmes vermutete.


Die Polizei, dein Freund und Helfer


„Die Polizei, dein Freund und Helfer, hat er kontaktiert, und die sind mim Einsatzkommando anmarschiert.“ Da die Klingel nicht ging, wurde die Tür aufgebrochen – und die verdutzten Bewohner vorgefunden. Eine defekte Lampe und leere Batterien in der Klingel waren die Erklärung für den Einsatz. Zum Entspannen und Bierwellness gegen den Alltagsstress war ein Männerwochenende in den Alpen geplant. In einem Gasthaus machten die Weiperzer wetterbedingt Halt. Da kam es aber zu einem Saufgelage, sodass es darauf nichts mit der Gipfelerstürmung wurde. „Die Moral von der Geschicht, Hochleistungssportler bist du oder nicht.“ „Eine Ortsvorsteherära ging zu Ende, die Margot ging in die Ortsvorsteherrente,“ sagte Anna Kraft.

Dank an Ex-Ortsvorsteherin Margot Klement


Man wolle herzlich danken. „Unzählige Themen hat sie für unser Dorf gemacht, und uns immer einen Schritt nach vorne gebracht.“ Hoch motiviert sei das Nachfolgegremium und ein Öbern habe das Ortsoberhauptamt übernommen. „Man munkelt schon, dass er nach Höherem strebt, und am Bürgermeister seinem Stuhl sägt.“ Stunk gab es am letztjährigen Kirmesmontag, da „die Önnern“ „die Öbern“ beschuldigten, deren (vergessene) Fahne gestohlen zu haben. Ein Önnern Bloobursch wollte deshalb als Vergeltung deren Kirmesstrauß klauen. Alkohol und die Schwerkraft sorgten aber für einen Absturz.

Beim Straußklauen abgestürzt


„Seine Kolleche griffen zur Rettungsdienst-App – hier am DGH licht einer, dem sein Bein ist krumm un schepp,“ so die Oberbloofrau Anna Kraft nach dem misslungenen Straußdiebstahl. Über die Kloopreise beim 100-jährigen Jubiläumsfest des Musikvereins wurde im Spruch berichtet, und die vereitelte Frühstücksei-Euphorie zweier Weiperzer, deren Hühner von Füchsen geholt wurden, waren im Kirmesspruch vertreten. Nachdem der Kirmesstrauß am Dorfgemeinschaftshaus aufgesteckt war, zog der „Önnern Bloo“ mit Marschmusik des Musikvereins 1924 Weiperz zum Gasthaus Döppler/Gärtner, wo der zweite Kirmesspruch durch Leon Müller vorgetragen wurde. „Seid gegrüßt, mit frohem Hurra, die Weiperzer Kirmes ist wieder da,“ so der freundliche Gruß von der Leiter.


Nach dem „Öbern“ Spruch den der „Önnern“


„Kriege, Mord und Totschlag sein in de Nachrichte ständige Begleiter, hört endlich damit auf und trinkt emo e Bier ruf ich von der Leiter,“ appellierte der Oberbloo. „Wie solls aach annerscht gesei, geht’s um en Kautz aus unsere eigene Reih,“ klang es im Spruch der „Önnern“ – der Fahnenklau, über den auch schon „die Öbern“ berichtet hatten. „Im Eiltempo und unter aller finanzieller Mittel wurden die Ire von sämtlichen Alkoholvorräten befreit,“ berichtete der Bloovodder von dem vorausgegangenen Pub-Besuch in Gelnhausen. Dass es der Bloobursch irgendwie zum Kirmesstraußständer geschafft habe, dann aber abstürzte und auf den Teer klatschte, war auch schmerzlich beim Zuhören. „Mit Blaulicht und Tatü-Tata kam der Rettungsdienst zu Hilfe geeilt, der stellte fest, das Bein ist glatt in zwei geteilt.“ Vom unfassbar tollen Jubiläumsfest des Musikvereins schwärmte der Bloovadder Müller, vom Aufbau des riesigen Zeltes, das man wohl vom Aussichtsturm der Burg Schwarzenfels sehen konnte, über eine Gülle-Pipeline „erster Sahne“, mehrere LKWs voll Technik und dem Musikprogramm.

Ein wirkliches Jahrhundertfest


„Das Zelt hat unfassbar gebebt, so ebbes hat im Main-Kinzig-Kreis noch keiner erlebt,“ beschrieb Müller den Auftritt der Fäaschtbänkler. Besonders hob der Bloo den Einsatz der Helfer hervor. „Die Moral von der Geschicht, Weiperzer durch und durch ist man oder nicht.“ Geschichten vom Kommers gab es noch separat, denn der verlief für einige mit Aussetzern und Instrumentenverlusten. Letztlich tauchten aber alle Musiker und „Hürnje“ wieder auf. „Der Wohnwagen voll mit Äppelwoi und Dosenbier, mir sein ja schließlich net zum Spaß hier,“ beschrieb der Bloovodder den Wohnwagen-Ausflug eines Weiperzer Ehepaars an die Mosel. Die ausgelassene Stimmung der Sinntaler und der damit verbundene Lärm gefiel den Nachbarcampern nicht, sodass sie „wegen Ruhestörung sein se im hohe Boche nach de ersten Nacht vom Campingplatz gefloche.“ Nach dem Aufsagen des Spruches stimmte der Musikverein noch Walzerklänge an und „die BiertranSPORTler“ unterhielten „vor dem Döppler“ mitstimmungsvoller Blasmusik.

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