Von Highheels, den Fünfzigern und gutem Rotwein

Gaby Hauptmann unterhält mit Textpassagen und Anekdoten im Orber Gartensaal

Gaby Hauptmann unterhält mit Textpassagen und Anekdoten im Orber Gartensaal - Fotos: Andrea Euler


Montag, 21.10.2024

BAD ORB - Gaby Hauptmann ist nicht „nur“ Schriftstellerin, sondern auch Journalistin. Und das merkt man der engagierten, fast schon zackigen 67jährigen auch an: Etwa während der Lesung am Mittwoch im Rahmen der „Kleinen Orber Buchmesse“, bei der sie im Vorfeld akribisch die Namen des Moderators, des Technikers und der Buchhändlerin erbittet. Schließlich ist es ihr wichtig, auch denjenigen ein Lob auszusprechen, die mit ihr das abendliche, rund 80minütige Programm im Gartensaal der Konzerthalle bestreiten: Kurdirektor Steffen Kempa, Techniker Andreas Jasny und Buchhändlerin Carola Willmann von der Wächtersbacher Altstadtbuchhandlung Dichtung & Wahrheit.

Und die Autorin belässt es nicht bei den Namen: Steffen Kempa wird nach der Begrüßung und Anmoderation mit den besten Wünschen für das sich ankündigende dritte Kind verabschiedet. Der Techniker erhält am Lesungsende einen Dank für den guten Ton. Und die Buchhändlerin wird für die große Auswahl der angebotenen (Hör-)Bücher gelobt – wobei sich Hauptmann über eins besonders freut: „Frau Willmann hat den impotenten Mann da. Also das Buch“, bringt die Autorin das Publikum zu Lachen. „Bis dahin war ich immer hinter der Kamera“ berichtet die ehemalige Redakteurin für Funk und Fernsehen, Produzentin und Regisseurin, dass 1995 das Interesse groß war, die Frau hinter diesem amüsanten Roman auch einmal sehen zu dürfen.

Gaby Hauptmann, vom Feuilleton als „Königin der deutschen Unterhaltungsliteratur“ gefeiert, ist offenkundig gern in Bewegung. Die stilvoll dekorierte Bühne im Gartensaal nimmt sie mit Tasche und Koffer (27 Jahre alt!) in Besitz, wechselt zwischen dem schwarzen Stehtisch und Barhocker zur gemütlicheren Sitzgruppe mit weißem Drehstuhl, springt thematisch vom Damals ins Heute. Und nippt zwischendurch gerne mal an ihrem Rotweinglas, um das sie im Vorfeld gebeten hat: „Auf eine Übernachtung kann ich verzichten. Investieren Sie das Geld lieber in einen guten Wein“, hat sie Veranstaltungsleiter und Organisator Christian Edel von der Bad Orb Kur GmbH wissen lassen. Schließlich ist Bad Orb „nur“ ein Zwischenstopp auf dem Weg zur Frankfurter Buchmesse. Ein Podere Ientu Amaracio Negroamaro von Danyel Monegos WunderBAR Eventgastronomie schmeckt der Autorin offensichtlich.

Launig berichtet sie von einem Besuch in der Talkshow 3nach9, in der sie Gerhard Schröder traf – seinerzeit Ministerpräsident von Niedersachsen. „Wenn Sie jemals Kanzler werden, werde ich Familienministerin“, habe sie damals zu Schröder gesagt – und als er es dann wirklich wurde, das Buch „Nur ein toter Mann ist ein guter Mann“ an ihn geschickt. Überhaupt hat Hauptmann neben den Textpassagen aus ihrem aktuellen Bestseller „Traum vom besseren Leben“ (Die Frauen vom See Teil 2) etliche Anekdoten parat, mit denen sie ihr vorwiegend weibliches Publikum begeistert: Sie erzählt von ihren Büchern, die auf die Leinwand gebracht wurden, erinnert sich an Erlebnisse mit Heinz Schenk, berichtet davon, dass sie sich beim Set bei der Verfilmung ihrer eigenen Bücher schon „ein bisschen durchsetzen“ konnte.

Und sie erzählt, wie es zu der Dilogie über das Gasthaus „Hirschen“ kam: Sie wurde „Ende der Coronazeit“ vom Besitzer des Hirschen, Karl Amann, gefragt, ob sie „ein Flyerle“ über den „Hirschen“ schreiben könne. Daraus wurde bis zum 200. Geburtstag des Gasthauses nicht nur eine Chronik, die Interessierte vor Ort erwerben können. Die Recherche-Ergebnisse sorgten schließlich auch für die Veröffentlichung der beiden Bücher „Hoffnung auf eine glückliche Zukunft“ und „Traum vom besseren Leben“. Inspiriert wurde sie insbesondere von Anna Ruggli, die sie zur Hauptperson ihrer Familiensaga machte. Diese ging als 13jährige vom Hofgut Kraftstein nach Steckborn in die Schweiz und arbeitete dort in einem Gasthaus. Sie lernte dort ihren Ehemann August kennen. 1922 kaufen sie das Gasthaus Hirschen in Horn. Der zweite Band erzählt die (fiktive) Geschichte von 1950 bis 1955. „Vier Historiker hatte ich an der Hand“, macht Hauptmann deutlich, welche Akribie in die Recherche gesteckt wurde. In den Textstellen, die sie dem Publikum als Kostprobe offeriert, geht es um Karl vom Fleischerladen, um Künstler Horst und seine Bilder, um Maria, die älteste Tochter von August, die dieser zurück nach Hause holt, nachdem ihr Mann im Krieg gefallen ist. Reale Protagonisten und fiktive Personen geben sich in diesem historischen Roman die Hand. Hermann Hesse kommt vor, Otto Dix findet Erwähnung.

44 Bücher hat Gaby Hauptmann inzwischen geschrieben, eine Gesamtauflage von 10 Millionen Exemplaren, die in 35 Ländern verlegt wurden, ist erreicht. Grund genug, den Abend mit einem weiteren Auszug aus einem früheren Titel abzuschließen: „Das Glück mit den Männern“, ebenso Buch- wie Geschichtentitel, kommt als bissig-spritziger Hörgenuss daher – und die passenden „sündig-roten“ Highheels, Symbol unverhohlener Sexualität, finden sich - wenn schon nicht am Fuß - so doch auf dem Tisch wieder. Aus Hauptmanns eigenem Schuhschrank, versteht sich. (red)

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