WIESBADEN

Land Hessen verleiht Leuschner-Medaille posthum an Dr. Walter Lübcke

Irmgard Braun-Lübcke (l-r), Frau von Walter Lübcke, Christoph und Jan-Hendrik Lübcke, Söhne von Walter Lübcke, und Volker Bouffier (CDU), Ministerpräsident von Hessen, stehen nach der Verleihung zusammen. - Fotos: Facebook Land Hessen


Sonntag, 01.12.2019
von pm / hub

WIESBADEN - Die Familie des früheren Kasseler Regierungspräsidenten nahm die höchste Auszeichnung des Landes Hessen beim Festakt in der Wiesbadener Kurhaus-Kolonnade entgegen.

"Dr. Walter Lübcke war ein Mensch und Politiker, der sich aus voller Überzeugung für Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit eingesetzt hat. Er war ein Mensch der klaren Worte. Für seine standhafte, aufrichtige und unerschrockene Einstellung musste er mit dem Leben bezahlen. Walter Lübcke ist ein Vorbild für alle aufrichtigen Demokratinnen und Demokraten. Sein Wirken und seine Verdienste für unser Land werden wir immer in Erinnerung behalten", sagte der Regierungschef in seiner Rede.

Der politische Mord und seine Hintergründe hätten Hessen und ganz Deutschland tief erschüttert. „Diese Gewalttat hat uns nachdenklich gemacht, wie es um unsere politische Kultur und die politische Auseinandersetzung in Deutschland steht, die wir nicht extremistischen Minderheiten und Gruppen überlassen dürfen“, sagte der Ministerpräsident und langjährige Weggefährte Lübckes. Er forderte alle demokratischen Parteien zum gemeinsamen Handeln gegen Angriffe auf die freiheitlich-demokratische Ordnung auf. „Wir brauchen den Zusammenhalt. Unsere Stimme für Demokratie, Menschenrechte und die Freiheit muss noch lauter werden. Wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen. Das sind wir Walter Lübcke und vielen anderen, die sich für die Freiheit auf der ganzen Welt einsetzen, schuldig.“

Um das Gedenken an den Verstorbenen zu bewahren, wird das Land Hessen in Zukunft den Walter-Lübcke-Demokratie-Preis verleihen. Der Ministerpräsident verkündete, dass damit Menschen geehrt werden, die sich in besonderer Weise für die Werte der Demokratie einsetzen. So wie Walter Lübcke dies ein Leben lang getan habe. 

Mit dem vom Ministerpräsidenten verliehenen Preis können Einzelpersonen, Vereine, Projekte und Initiativen ausgezeichnet werden. Der Walter-Lübcke-Demokratie-Preis ist ein Bürgerpreis, jede und jeder kann Vorschläge einreichen. Der Preis hat, angelehnt an das Buch „Der Kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry, eine Sternenform. Dort heißt es: „Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache“. Dazu erklärte der Hessische Ministerpräsident: „Viele, die Dr. Walter Lübcke kannten oder kennenlernten, haben in ihm einen Menschen gesehen, der überaus herzlich lachen konnte. Ich bin mir sicher, irgendwo auf einem Stern wird er sitzen, sich über jede Preisträgerin, jeden Preisträger freuen und ihnen allen sein Lachen schenken“. Auf einer Sternengala, die alle zwei Jahre stattfinden soll, werden die Preisträgerinnen und Preisträger gewürdigt. 


Walter Lübcke wurde im Jahr 1953 in Bad Wildungen geboren. Er gehörte von 1999 bis 2009 dem Hessischen Landtag an und war unter anderem stellvertretender Vorsitzender im Unterausschuss für Heimatvertriebene, Aussiedler, Flüchtlinge und Wiedergutmachung sowie Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr. Im Mai 2009 ernannte ihn Volker Bouffier, der damals Hessischer Innenminister war, zum Regierungspräsidenten im Regierungsbezirk Kassel. 

"Auf der Bühne der Landespolitik, als Abgeordneter der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag und auch als Regierungspräsident in Kassel vertrat und verteidigte Walter Lübcke die Grundprinzipien des Grundgesetzes und der Hessischen Verfassung. Das feste Fundament seines Denkens und Handelns waren die freiheitlich demokratische Grundordnung und das christliche Menschenbild. Walter war bekannt und beliebt für seine Bodenständigkeit. Die Menschen lagen ihm am Herzen. Er hat sich für unser Land und seine Bürgerinnen und Bürger unermüdlich eingesetzt. Wir vermissen unseren Freund und Weggefährten schmerzlich. Mit dem Walter-Lübcke-Demokratie-Preis wollen wir an ihn erinnern und diejenigen, die sich tagtäglich in ihrem Ort oder darüber hinaus für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einsetzen, in besonderer Weise würdigen", sagte Bouffier.

Hintergrund

Die Medaille wurde vom ehemaligen Ministerpräsidenten Georg August Zinn am 29. September 1964, dem 20. Todestag Wilhelm Leuschners, gestiftet. Die Auszeichnung geht an Menschen, die sich beispielhaft und nachhaltig für Demokratie, Freiheit und soziale Gerechtigkeit eingesetzt haben. Unter den Preisträgern der Wilhelm Leuschner-Medaille befinden sich Persönlichkeiten wie Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, die erste weibliche Bundesministerin Dr. Elisabeth Schwarzhaupt, der Philosoph Professor Jürgen Habermas, der Erfinder des Computers Konrad Zuse oder der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki. Erster Preisträger war im Jahr 1965 der ehemalige Staatsminister des Innern und frühere Landtagspräsident Heinrich Zinnkann.

Erste posthume Verleihung

Zur Verleihung der Wilhelm-Leuschner-Medaille posthum an Dr. Walter Lübcke erklärte der hessische CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Boddenberg:

"Am 2. Juni dieses Jahres haben wir durch einen schrecklichen Anschlag unseren Freund und Kollegen Walter Lübcke verloren. Ein schreckliches Verbrechen, das uns nach wie vor fassungslos macht, hat unser demokratisches Gemeinwesen im Kern erschüttert. Bis heute stehen wir in Trauer und tief betroffen an der Seite der Familie und sind auch in diesen Stunden mit unseren Gedanken bei ihr.

Dass Walter Lübcke heute posthum mit der Wilhelm-Leuschner-Medaille, der höchsten Auszeichnung des Landes geehrt wird, ist ein bedeutsames Signal. Die Werte der Wilhelm-Leuschner-Medaille, mit der hervorragende Verdienste um die demokratische Gesellschaft und der Einsatz für Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit gewürdigt werden, könnten keinen würdigeren Vertreter finden als ihn.


Walter Lübcke hat die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in Nord- und Osthessen – und weit darüber hinaus - mit großer Empathie vertreten. Als Regierungspräsident setze er sich für eine demokratische Gesellschaft ein und zeigte humanitäre Größe in schwierigen Zeiten. Dabei scheute er nie klare Worte. Walter Lübcke war der direkte Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern immer wichtig, um auch schwierige Sachverhalte im persönlichen Gespräch vor Ort zu klären. Er hat sich mutig für Demokratie und Freiheit eingesetzt - dass ihm dieses Engagement zum Verhängnis wurde und ihn das Leben kostete, macht uns noch immer fassungslos.

Unter Lübcke wurde das Regierungspräsidium Kassel strukturell und personell umfassend umgebaut und zukunftsfähig gemacht. Damit hat sich der Regierungsbezirk Kassel in seiner Amtszeit zu einer der dynamischsten Regionen Deutschlands entwickelt - darauf war er zu Recht stolz. Wir danken unserem Freund Walter Lübcke für seinen unermüdlichen Einsatz und halten sein Andenken in Ehren.“

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