Steinau: Fantastisches Konzert der Bergwinkel Philharmonie
Donnerstag, 28.11.2024
von WALTER DÖRR
STEINAU - Die über 70 Musikerinnen und Musiker plus fünf Sängerinnen und Sänger zählende Bergwinkel Philharmonie, die unter der Leitung von Franz-Josef Schwade und Andreas Leibold steht, ist quantitativ ganz groß, aber vor allem auch qualitativ einmalig in der Region.
Die besten Musiker und Musikerinnen sind in dem im vergangenen Jahr gegründeten Projektorchester vereint, um anspruchsvolle Blasmusik zu machen und mindestens einmal im Jahr konzertant aufzutreten. Da es keine geeigneten Lokalitäten mit ausreichender Bühnenkapazität gibt, kehrte die Philharmonie wieder in die Halle am Steines in Steinau zurück, wo schon am 11. November 2023 das grandiose Start-Up-Konzert stattfand.
Und so wurde aus der Sporthalle auch wieder ein Konzertsaal. Das Konzert-Motto diesmal: „Träume & Legenden“. „Colors of Unity“ von Thomas Doss war das erste Stück. Wie der kompetente Moderator Lukas Bachmann sagte, greife die Fanfare den europäischen Einheitsgedanken auf und sei für die Eurego, die Europa-Region, geschrieben worden, für eine starke regionale Einheit und Identifikation der dort lebenden Menschen. Bachmann verglich das Orchester-Projekt mit dem staatsübergreifenden Gemeinschaftssinn, denn in der Bergwinkel Philharmonie seien Musikerinnen und Musiker aus verschiedenen Musikvereinen der Region zusammengeführt und würden so Identität schaffen für die Heimat „Bergwinkel“.
Die Vorsitzende des Vereins „Bergwinkel Philharmonie“, Walburga Strott, freute sich bei ihrer Begrüßung darüber, dass so viele Menschen gekommen waren. Wie die meisten signalisierten, waren sie schon beim ersten Konzert dabei. Ein besonderer Gruß galt dem Steinauer Bürgermeister Christian Zimmermann, seinem Schlüchterner Amtskollegen Matthias Möller sowie Birgit Enders-Jacob aus Bad Soden-Salmünster.
Zwei Probenwochenenden zur Vorbereitung
In zwei Probenwochenenden inklusive einem Workshop mit dem österreichischen Komponisten Thomas Doss hätten die Musikerinnen und Musiker das neue Programm einstudiert. Strott empfahl, den Alltag hinter sich zu lassen, zuzuhören und zu träumen. Musik verbinde im Bergwinkel, in Europa und in der ganzen Welt. Musik habe einen großen Stellenwert in der Region, aber auch viele sagenumwobene Orte und mittelalterliche Schätze. So passe laut Bachmann das Stück “Of Castles and Legends“, ebenfalls von Thomas Doss, zur Thematik „Träume und Legenden“. Stärker als mit Worten werde musikalisch die Sage von der Weißen Jungfrau auf der Kugelsburg erzählt.
Bei „Baba Yetu“ wirkten erstmals der Chorsänger mit – für den krankheitsbdingt ausgefallenen David Quilitz hatte Solosänger Christian Müller die Leitung. Die von Christopher Tin komponierte Titelmelodie für das Videospiel „Sid Meier´s Civilization IV“ ist träumerisch und religiös angelegt. Baba Yetu bedeutet „Unser Vater“ und deshalb hoffte der Moderator, dass die Videospieler und alle bei jeder zivilisatorischen Errungenschaft die Ehrfurcht vor dem Schöpfer und der Natur nicht verlieren. Das musikalische Poem „Der Traum des Oenghus“ bezieht sich auf die gleichnamige irische Sage.
Musik für Traumvisionen
Die Musik setzt die Traumvision
des Königssohnes Oenghus in Klanglichkeit um. Die Atmosphäre des
Traumhaften und des Unerreichbaren war die Anregung der Komposition von
Rolf Rudin. Geräuschklänge, ein glockenartiges Motiv und eine pendelnde,
in sich schwebende Klangfläche verleihen dem Stück seinen
nächtlich-geheimnisvollen Charakter. Der immer wiederkehrende mysteriöse
Gesang und eine steigende Instumentation war keine leichte Kost für die
Musikerinnen und Musiker – aber zauberhaft komponiert für die Ohren des
Publikums. Zum Ende des ersten Programmteils spielte Julina Strott auf
ihrem Xylophon einen ungarischen Czardas von Vittorio Monti.
Die
„Fascination Fanfare“ von Otto M. Schwarz ist eine Rockhymne an die
Leidenschaft, Faszination und Generationen von Musikliebhabern, die die
Bergwinkel Philharmonie unter Leitung von Andreas Leibold spielte. Die
genial melodischen Elemente der größten Hits der britischen Rockband
„Cold-play“ hat Bert Appermont in sein „Coldplay in Symphony“-Medley
zusammengefasst: „Sky Full of Stars“, „Clocks“, „The Scientist“ und
natürlich „Viva la Vida“. Ein Höhepunkt war die Tondichtung „Return to
Ithaca“ des nie-derländischen Komponisten Kees Vlak nach der
gleichnamigen Romanveröffentlichung von 1946.
Queen von der Bergwinkel Philharmonie – warum nicht?!
Auch
ein Monsterwerk ist „Bohemian Rhapsody“, eigentlich bekannt von der
britischen Rockgruppe Queen, die die „Bergwinkel Philharmonie“ mit Chor
in einem Arrangement für Blasorchester und Chor intonierte. Balade
gemischt mit Heavy-Metal – Chor und Sologitarrist Andreas Elm - absolut
hörenswert. Vor dem letzten Lied, das bezeichnend „The last Song“ vom
belgischen Komponisten Ben Haemhouts war, dankte Andreas Leibold den
Musikerinnen und Musikern für die Vorbereitung des Konzertes. „Es ist
ein tolles Konzert rausgekommen,“ lobte der Dirigent und schwärmte: „Es
ist mir eine große Ehre, mit euch zusammenzuarbeiten.“
Die gute
Zusammenarbeit mit Kollege Franz-Josef Schwade betonte Leibold
ebenfalls. Viele Menschen hätten das Konzert möglich gemacht und er
verlas deshalb eine lange Dankes-Liste. Den beiden Dirigenten
überreichte das Vereins-Vorstandsteam Präsente. Da im „Last Song“ die
Rede von der Förderung musikalischer Talente ist, widmete Franz-Josef
Schwade dieses Lied allen Eltern, die ihren Kindern ein Instrument
erlernen lassen. Stehende Ovationen und langer Beifall war der Lohn des
Publikums für das besondere Konzert. Mit einer ersten Zugabe, dem
Konzertmarsch „Arsenal“ vom belgischen Komponisten Jan von der Roost,
musste es noch eine zweite Zugabe sein.
Spaß mit Rosamunde
Und weil die Akteure des Abends nach all der Angespanntheit Spass haben sollten, sagte Franz-Josef Schwade den Gassenhauer „Rosamunde“ an. Da sich die Dirigenten – abgesprochen – nicht einig wurden, wer dirigiert, dirigierten sie kurzerhand gemeinsam – im Tempo 120, wer sich damit auskennt. Das Publikum feierte ausgelassen die „Philharmonisten“ und die Musiker ihrerseits entlockten ihren Instrumente Wahnsinnstöne und bewiesen, dass Instumentalisten auch singen können.
Ein fantastisches Konzert, auf das im nächsten Jahr hoffentlich ein weiteres folgt. Angedacht ist "open air" der neue Stadtplatz in Schlüchtern.