Wo Hahn und Henne im Team arbeiten

Steinau: Kükentötung ist tabu – Bioland-Hofgut Marjoß hält Zweinutzungshühner

Ein Mitarbeiter des Hofguts Marjoß mit einem Zweinutzungshuhn der Rasse „Cream“, erkennbar am weißen Gefieder. - Fotos: BWMK gGmbH


Donnerstag, 16.01.2025

STEINAU - Männliche Küken sind oft dem Tod geweiht, weil sie in der Eier-Produktion keine Rolle spielen. Auf dem Hofgut Marjoß hingegen wird seit jeher auf das Wohl der Tiere geachtet, wie Abteilungsleiter Dietrich Hunsmann erklärt. Seit 1999 ist der Bauernhof, der Menschen mit Behinderungen Arbeit und Qualifizierung bietet, Bioland-Betrieb. Und seit 2021 tummeln sich dort so genannte „Zweinutzungshühner und -hähne“.

„Die Hähne sind hervorragend als Masttiere geeignet, und die Hennen können zum Eierlegen gehalten werden. Bei Zweinutzungstieren gibt es darum von Natur aus kein Kükentöten“, erläutert Hunsmann. Bezogen wird das Federvieh der Rasse „Coffee and Cream“ von der ÖTZ (Ökologische Tierzucht), einer gemeinnützigen Gesellschaft, die auf Initiative von Bioland und Demeter entstanden ist. Während eine Legehenne am Ende ihrer Tage zum Suppenhuhn wird, ergeben die Hähne nach einer gewissen Aufzuchtphase einen kräftigen Braten.

Hunsmann erklärt auch, warum Verbraucher für die Bio-Eier etwas tiefer in die Tasche greifen müssen: „Zweinutzungshühner legen nicht nur weniger Eier, sondern haben auch einen höheren Futterverbrauch und sind teurer in der Anschaffung. Konsequenterweise kosten die Eier dieser Hühner mehr. Legt ein Hybridhuhn rund 280 Eier pro Jahr, liegen bei Zweinutzungshühnern nur rund 200 bis 220 Eier pro Jahr im Nest.“

Die Zweinutzungshühner der Rasse „Cream“ legen weniger Eier als vergleichbare Legehennen, setzen dafür aber mehr Fleisch an und können noch als Suppenhühner vermarktet werden.

Die Zweinutzungshühner der Rasse „Cream“ legen weniger Eier als vergleichbare Legehennen, setzen dafür aber mehr Fleisch an und können noch als Suppenhühner vermarktet werden.

Das verbirgt sich hinter "Coffee and Cream"


„Coffee and Cream“ heißen die Bresse- beziehungsweise Gauloise-Huhn-Kreuzungen wegen ihrer Gefiederfarbe: Die Cream ist eine weiße Henne mit weißem Hahn. Die Coffee ist eine bunte Truppe mit braunen, weißen und zum Teil auch schwarz-gemusterten Tieren. Auch Käfighaltung ist bei den Zweinutzungstieren der ÖTZ tabu: Sie werden in Gruppen im Stall oder auf Freiflächen gehalten und können scharren, picken und umherflattern. Dafür bietet das Bioland-Hofgut Marjoß mit seinen ausgedehnten Wiesen am Rande des Spessarts ideale Bedingungen. „Seit vielen Jahren halten wir unsere Hühner in mobilen Ställen“, berichtet Hunsmann.

Das heißt: Während der Vegetationsphase im Sommer werden die Ställe alle zwei Wochen umgesetzt, so dass die Tiere immer frische Weideflächen haben. In den Ställen selbst ist es auch gemütlich: Hier finden die Hennen Nester aus Dinkelspelzen, um dort ihre Eier zu legen. Außerdem bieten die Ställe Schutz vor Räubern wie Habicht, Uhu und Co.

Ein interessantes und vielfältiges Arbeitsgebiet


Für die Menschen mit Behinderungen, die auf dem Hofgut beschäftigt sind, ist die Hühnerhaltung ein interessantes und vielfältiges Arbeitsgebiet: Futter und Wasser müssen zur Verfügung gestellt werden, im Sommer werden die Ställe umgesetzt, die Eier müssen täglich gesammelt und für den Verkauf vorbereitet werden. Bei zurzeit rund 1.000 Hühnern in sechs mobilen Ställen ist das eine verantwortungsvolle Aufgabe. Übrigens: Zu jeweils 100 Hennen gesellt sich je ein Hahn.

Rund 50 Menschen mit Behinderungen sind aktuell auf dem Hofgut der BWMK gGmbH (Behinderten-Werk Main-Kinzig) beschäftigt. Sie kümmern sich um Hühner, Schweine, Gänse, Rinder, Schafe, Esel und Pferde. Bienenvölker liefern den begehrten Bio-Honig.

Auch das Miethuhn-Konzept sei bei den Kunden beliebt, berichtet Hunsmann. Interessierte können ein Abo für ein Viertel-, ein halbes oder ein ganzes Jahr erwerben und beziehen dafür wöchentlich sechs frische Bio-Eier aus Marjoß an einer der zahlreichen Abholstellen im Main-Kinzig-Kreis. Zum Beispiel werden die Eier auch in den 1-2-3-Märkten in Bad Soden-Salmünster, Hanau und Alzenau angeboten.

Überdies dient das Bioland-Hofgut als großes Klassenzimmer in freier Natur: Im Zuge des kreisweiten Projekts „Lernfeld Landwirtschaft“ können Kita-Kinder und Schüler den Bauernhof besuchen, um mehr über Tierhaltung, Abläufe in der Natur und ökologische Lebensmittel-Erzeugung zu erfahren. Außerdem bietet der inklusive Bildungscampus des BWMK unter dem Motto „Mitmachen und die Natur erleben“ regelmäßig Workshops und Seminare für Kinder und Erwachsene auf dem Hofgut Marjoß an.

Weitere Informationen gibt es unter: www.hofgut-marjoss.de. (red)

Auf dem Bioland-Hofgut Marjoß werden die Eier für den Verkauf vorbereitet.

Auf dem Bioland-Hofgut Marjoß werden die Eier für den Verkauf vorbereitet.