Impuls von Stefan Buß: Der kleine Baumwollfaden

Samstag, 15.03.2025
von STEFAN BUß
FULDA / MKK - Es war einmal ein kleiner Baumwollfaden, der hatte Angst, dass es nicht ausreicht, so, wie er war: „Für ein Schiffstau bin ich viel zu schwach“, sagte er sich, „und für einen Pullover zu kurz. An andere anzuknüpfen, habe ich viel zu viele Hemmungen. Für eine Stickerei eigne ich mich auch nicht, dazu bin ich zu blass und farblos. Ja, wenn ich aus Lurex wäre, dann könnte ich eine Stola verzieren oder ein Kleid. Aber so?! Es reicht nicht! Was kann ich schon? Niemand braucht mich. Niemand mag mich – und ich mich selbst am wenigsten.“
So sprach der kleine Baumwollfaden, legte traurige Musik auf und fühlte sich ganz niedergeschlagen in seinem Selbstmitleid. Währenddessen läuft draußen in der kalten Nacht ein Klümpchen Wachs in der beängstigenden Dunkelheit verzweifelt umher. „Für eine dicke Weihnachtskerze bin ich viel zu klein“ jammert es „und wärmen kann ich kleines Ding allein auch niemanden. Um Schmuck für eine tolle große Kerze zu sein, bin ich zu langweilig. Ach was soll ich denn nur tun, so allein in der Dunkelheit?“
Da kommt das kleine Klümpchen Wachs am Häuschen des Baumwollfadens vorbei! Und da es so sehr fror und seine Angst so riesig war, klopfte es schüchtern an die Türe. Als es den niedergeschlagenen kleinen Baumwollfaden sah, kam ihm ein wunderschöner Gedanke. Eifrig sagte das Wachs: „Lass dich doch nicht so hängen, du Baumwollfaden. Ich habe da so eine Idee: Wir beide tun uns zusammen. Für eine große Weihnachtskerze bist du zwar als Docht zu kurz und ich habe dafür nicht genug Wachs, aber für ein Teelicht reicht es allemal. Es ist doch viel besser, ein kleines Licht anzuzünden, als immer nur über die Dunkelheit zu jammern!“ Ein kleines Lächeln huschte über das Gesicht des Baumwollfadens und er wurde plötzlich ganz glücklich.
Er tat sich mit dem Klümpchen Wachs zusammen und sagte: „Nun hat mein Dasein doch einen Sinn.“ Wer weiß, vielleicht gibt es in der Welt noch mehr kurze Baumwollfäden und kleine Wachsklümpchen, die sich zusammentun könnten, um der Welt zu leuchten?! (Verfasser unbekannt)
Es gibt ein kleines Sprichwort, dass den Gedanken der Geschichte nochmal unterstützt. Wo viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, viele kleine Dinge tut, da wird sich das Angesicht der Erde verändern. Wie oft meine Menschen, sie sind eigentlich viel zu klein, das schaffe ich nicht. Aber gemeinsam mit anderen kann man etwas bewegen und sich einbringen. Einer allein ist auf verlorenen Posten, aber in Gemeinschaft mit anderen lassen sich Dinge bewegen. Und nicht jammern über die Dunkelheit, sondern ein Licht anzünden in der Dunkelheit ist viel besser.
Wer weiß, vielleicht gibt es in der Welt noch viele kleine weiße Baumwollfäden und viele kleine weiße Wachsklümpchen, die sich zusammentun könnten, um der Welt zu leuchten?! Und vielleicht gehören Du und ich auch dazu.