SCHLÜCHTERN

Weihnachtsmarkt vor märchenhafter Kulisse des Schlosses Ramholz

Fotos: Walter Dörr


Sonntag, 08.12.2019
von Walter Dörr

SCHLÜCHTERN - Einst kommerziell veranstaltet – wie auch die überregional bekannten Schloss- und Gartenfeste – richtet jetzt der jüngste örtliche Verein „Degenfelder Geselligkeitsverein“ mit Unterstützung anderer Vereine, wie „Rock am Hinkelhof e.V.“, Schützenverein Steckelburg und das Rote Kreuz einen kleinen aber feinen Weihnachtsmarkt auf der sogenannten Schlossfreiheit aus, dem Platz zwischen der gigantischen „neuen“ Schlossfassade und der majestätischen Treppen- und Terrassenanlage, einst der Beginn der Sichtachse vom Schloss zur Burg Steckelberg. 

Rund um den historischen Säulenbrunnen sind die Stände platziert, die zum Stöbern und Einkaufen einladen. Das Angebot reicht von handgefertigten Kerzen über Schmuck bis zu dekorativen Eichenbalken. Für das leibliche Wohl ist ebenfalls bestens gesorgt: von Waffelkreationen über Kürbissuppe, Mühlenbäcker-Backwaren bis zu Grillspezialitäten – und natürlich Winzerglühwein. 

Die diesjährige Eröffnung des Weihnachtsmarktes in Ramholz fand leider bei strömendem Regen statt. Wettergott Petrus schickte keinen Schnee, aber Frost. Dennoch ließ man sich die vorweihnachtliche Stimmung nicht vermiesen. Am Samstag ist der Weihnachtsmarkt wieder ab 15 Uhr und am zweiten Adventssonntag von 11 Uhr bis 18 Uhr eintrittsfrei offen. 

Besonders nach Einbruch der Dunkelheit kommt durch Lichtinstallationen vorweihnachtliche Stimmung auf. Zur Unterhaltung gibt es Live-Musik. Nach Seb Roskönig spielte am Samstag Felix Oberländer und am Sonntag beenden die fantastischen BlechBRASSers nach Schwarzenfels und Sannerz ihre diesjährige Weihnachtsmärkte-Tournee in Ramholz.+++

Über das Schloss Ramholz:

Das Dorf Ramholz liegt nur wenige Kilometer von Schlüchtern entfernt verträumt in einem Talkessel. Es ist seit jeher ein Ortsteil der Gemeinde Vollmerz und deshalb seit der Verwaltungsreform am 1. Dezember 1969 – also vor fünfzig Jahren - ein Stadtteil von Schlüchtern. Wegen seiner romantischen, von bewaldeten Bergzügen umgebenen Lage ist es ein beliebtes Ausflugsziel, insbesondere aus dem Rhein-Main-Ballungsraum. Der Haupthingucker in Ramholz ist natürlich das Schloss. Die Inschrift einer Steinplatte an dem historischen Gebäude dokumentiert: „Zu diesem Schloss wurde am 29. November 1893 der Grundstein gelegt. Am 25. September 1895 die Fahne auf den Turm gesteckt. Gott segne nun das Haus, und alle, die gehn ein und aus”. Hugo Rudolf Freiherr von Stumm (1845-1910) war Bauherr des „neuen” Schlosses, ein Anbau an die alte Renaissance-Huttenburg, und die Münchener Architektenbrüder Emanuel und Gabriel von Seidl erstellten die Pläne. Fast 2.000 Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche und nochmal rund 2.500 Quadratmeter Keller- und Nutzräume, (150 Zimmer, 52 Kamine). Im Stil der Neugotik und dem Zeitgeist der „englischen” Renaissance nachempfunden, trägt das imposante Gebäude durch die Kombination mit Fachwerk auch deutsche Züge. Im gesamten unteren Stock, überall wo große Fenster sind, befanden sich früher Repräsentationsräume. In den Jahren vor und nach dem ersten Weltkrieg fanden hier Empfänge und Festlichkeiten statt, an denen bedeutende Persönlichkeiten aus Aristrokratie, Diplomatie und Wirtschaft teilnahmen. Der eigentliche Wohnbereich befand sich im zweiten Stock. In der dritten Etage waren ursprünglich die Gemächer für das über 20köpfige Personal sowie deren Arbeitsträume, wie Bügelzimmer, Wäschekammer oder Stauräume. Dass sich Hugo von Stumm das große Haus baute, ist natürlich eine Leistung gewesen, aber das Besondere ist eigentlich, dass die ursprünglich landwirtschaftlich genutzte Fläche von fast 100 Hektar auf dem Papier in einen Park verwandelt wurde - mit den entsprechenden Wasseranlagen, Bächen, Hügelaufschüttungen, Kleingruppierungen und Gebäuden, wie eine Försterei, Gewächshaus, Teehaus, Kegelbahn und Familiengruft. Rittmeister Hugo Stumm hatte das schöne Fleckchen Erde Ramholz während eines Manövers kennen und lieben gelernt. Inspiriert von Fürst von Pückler-Muskau (1785-1871), hatte Stumm viele Ideen, die er mit dem fachmännischen Rat des bekannten schwedischen Gartenarchitekten Jens Person Lindahl (1843-1887) in die Tat umsetzte. Die Gestaltung des Schlossumfeldes mit den renaissanceartigen Treppenanlagen und Terrassen geht auf die Münchener Hausarchitekten zurück. In Oberförster Felix Schnetzer (1855-1940) hatte der königlich preußische Rittmeister einen Mitstreiter, der den märchenhaften Landschaftsgarten, der einst bis hinauf zur Burgruine Steckelberg reichte, pflegte. Es ist nachzuvollziehen, dass die großzügigen baulichen Gegebenheiten von Schloss Ramholz ein immenser Kostenfaktor sind. So kam es, dass der Schlosspark, nach wie vor ein einzigartiges Gartenbau- und Kulturdenkmal, durch Teilverkäufe stark verkleiner und das Schloss 2014 letztlich sogar veräußert wurde. Bevor die Familie Stumm die Ländereien übernahm, hatte Ramholz eine wechselvolle Geschichte. Mit dem Niedergang der Herren von Steckelberg zu Beginn des 14. Jahrhunderts wurde deren umfangreicher Besitz an sechs Erben aufgeteilt, darunter auch an die Herren von Hutten. Die Eigentumsverhältnisse in der Huttenschen Linie wechselten in der Folge häufig. Philipp Daniel von Hutten, der schließlich 1642 alle Huttischen Güter besaß, wurde von einer durch Krieg und Pest verursachten wirtschaftlichen Notlage gezwungen, die „adeligen Wohnungen” in Ramholz und Vollmerz an seinen Schwager, Casimir Carl von Landas, zu verpfänden. Als der kinderlose Casimir starb, erbte zunächst der Vater, der kurpfälzische Kirchenratspräsident Carl von Landas, danach Bruder Johann Friedrich von Landas, seines Zeichens kurpfälzischer Geheimrat, Hofmarschall und Faut zu Heidelberg. Nach dessen Tod ging die Pfandschaft 1677 an Tochter Amalie über, die mit Maximilian Freiherr von Degenfeld verheiratet war. Wegen ihrer Abgelegenheit wurde die Herrschaft Ramholz weitgehend von Vögten und Amtmännern verwaltet. 1852 verkauften die Grafen August Christoph, Gustav Christoph und Adolf von Degenfeld den gesamten Besitz an Fürst Ernst Casimir von Ysenburg-Büdingen. 1885 erwarb ihn Stahl-Baron Hugo von Stumm. Sein Enkel Knut von Kühlmann-Stumm, (Bundestagsabgeordneter, erst FDP dann CDU), war auch erfolgreich in der Land- und Forstwirtschaft und starb 1977 bei einem Autounfall. Sein Sohn Magnus von Kühlmann versuchte in 2000, mit Teilverkäufen den Besitz zu entschulden. Durch den Tod von Magnus Viktor Otto Ludwig von Kühlmann am 23. Oktober 2008 erbte Maximilian von Kühlmann, ein Sohn aus erster Ehe, aber auch er konnte Schloss Ramholz nicht zum Guten wenden und verkaufte 2014 an einen chinesischen Investor, der mit großem finanziellen Aufwand das Schloss wieder auf Vordermann bringt und immer noch restauriert. Das Schloss Ramholz bildet die Kulisse für stimmungsvolle Weihnachtsmärkte. 

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