50 Jahre Sinntal

Sinntal: Eine Großgemeinde rauft sich zusammen

Mit einem Sinntal-Abend wird das 50jährige Jubiläum im Rahmen des Musikfestes zum 65jährigen Bestehen der Trachtenkapelle Musikfreunde Weiperz begangen. - Fotos: Walter Dörr


Samstag, 10.05.2025
von WALTER DÖRR

SINNTAL - Am 1. Juli 1974 erfolgte gesetzlich angeordnet der Zusammenschluss der Großgemeinde Sinntal. Mit einem Sinntal-Abend wird das 50jährige Jubiläum im Rahmen des Musikfestes zum 65jährigen Bestehen der Trachtenkapelle Musikfreunde Weiperz begangen.

Zum 25jährigen Jubiläum Sinntals fand am 19. November 1999 in der Mehrzweckhalle Sterbfritz ein Festakt statt, bei dem der damalige Bürgermeister Johann Heberling (Bürgermeister von 1999 bis 2005) über die Entstehung der Gemeinde referierte. Wie er sagte, sei bereits im ersten Halbjahr 1969 durch die hessische Landesregierung eine Sachverständigenkommission für Verwaltungsreform und Verwaltungsvereinfachung auf Gemeindeebene eingesetzt worden, mit dem Ziel, einen Vorschlag zu erarbeiten, wie man die Verwaltungskraft der Gemeinden stärken könne. 

Ab Mai 1969 begann der damalige Landrat des Kreises Schlüchtern, Dr. Wolfgang Seibert, mit Informationsveranstaltungen über die Notwendigkeit von Zentralisierungen. Unbestritten sei bei allen Politikern des Hessischen Landtags gewesen, dass ein Zusammenschluss von ehrenamtlich verwalteten Gemeinden in eine hauptamtlich Verwaltete Vorteile erbringen werde. Diskutiert wurden zwei Alternativen: die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften, wie geschehen in Bayern oder Niedersachsen, oder die Bildung von klassischen Großgemeinden, bei denen seither ehrenamtlich verwaltete Gemeinden Ortsteile einer Großgemeinde werden.

Großgemeinde – aber wie?


Hessen entschied sich für das letztere Modell und nach bestehenden Rahmenmodellen sollte Gemeinden gestattet werden, sich einer hauptamtlich verwalteten Gemeinde – und das war Sterbfritz – anzuschließen, oder sich freiwillig zu einer Großgemeinde mit mindestens 1.500 Einwohnern mittels Grenzänderungsverträgen zusammenzuschließen. Ein freiwilliger Zusammenschluss wurde vom Land mit Mehrschlüsselzuweisungen belohnt. Auf dieser freiwilligen Basis schlossen sich ab 1. Dezember 1969 die selbständigen aber ehrenamtlich verwalteten Gemeinden Breunings, Sannerz und Weiperz an Sterbfritz an und die Gemeinde Neuengronau zur Gemeinde Altengronau zusammen. Wie Bürgermeister Heberling 1999 sagte, habe das Hessische Innenministerium im September 1971 Vorschläge für die gebietliche Neugliederung im Landkreis Schlüchtern vorgelegt, die als Referentenentwurf für eine Verwaltungs- und Gebietsreformgesetz angesehen werden konnte. Dieser Entwurf sah als Großgemeinde die Gemeinden Altengronau, Neuengronau und Jossa verbindlich vor -mit der Option, dass sich Marjoss zusätzlich anschließt oder zur Stadt Steinau geht.

Kinzig oder Sinn?


Zur zweiten Großgemeinde sollten sich Breunings, Mottgers, Oberzell, Sannerz, Schwarzenfels, Weichersbach und Weiperz mit Sterbfritz zusammenschließen. Züntersbach sollte zunächst nicht eingegliedert werden. Diese Vorschläge förderten die bilateralen Gespräche der noch ehrenamtlich verwalteten Gemeinden und der beiden hauptamtlich verwalteten Gemeinden Altengronau und Sterbfritz wegen den Schlüsselzuweisungen bei unterschiedlich möglichen Zusammenschlüssen. Im Juni 1972 erfolgte die formelle Anhörung des Kreistages zur Kreisgebiets- und Gemeindegebietsreform. Der Kreistag stimmte der Großgemeinde Altengronau (Altengronau, Jossa, Neuengronau) zu, das Konzept für Sterbfritz, das alle übrigen in einer Großgemeinde Sinntal vorsah, wurde bei Stimmengleichheit und einer Enthaltung abgelehnt. Ein Änderungsantrag mit dem Ziel Mottgers, Schwarzenfels und Weichersbach zu einer Gemeinde Sinntal zusammenzuschließen, wurde mit gleichem Ergebnis abgelehnt. Das bedeutete, dass der Kreistag zu dem größeren Teil der heutigen Gemeinde Sinntal der Landesregierung keine verwendbare Aussage machen konnte.

Sinntal per Dekret


Eine endgültige Entscheidung musste der Landtag im Gebietsreformgesetz treffen. Ungeachtet des Abstimmungsergebnisses und der Modellplanungen der hessischen Landesregierung haben sich im Juli 1972 die damals noch selbständigen Gemeinden Mottgers, Schwarzenfels und Weichersbach zu einer Gemeinde Sinntal zusammengeschlossen. Durch diesen freiwilligen Zusammenschluss war auch die Gründung einer hauptamtlichen Verwaltung notwendig und man wählte sogar für sechs Jahre einen Bürgermeister – gegen den Rat des Landrats und aller staatlichen Stellen. So bestand die heutige Gemeinde Sinntal von Juli 1972 bis Juli 1974 aus den hauptamtlich verwalteten Gemeinden Altengronau, Sinntal und Sterbfritz und den ehrenamtlich verwalteten Gemeinden Jossa, Oberzell und Züntersbach. Vor der Einbringung des Gesetzentwurfes zur Neugliederung der Landkreise und Gemeinden in Hessen hatte der Kreistag in Schlüchtern nochmals die Gelegenheit, über den vom Ausschuss für Verwaltungsreform im Hessischen Landtag vorgeschlagenen Zusammenschluss aller selbständigen Gemeinden des jetzigen Gemeindebezirks – außer Züntersbach - zur Gemeinde Sterbfritz Stellung zu nehmen. In der Sitzung am 28. Januar 1974 wurde das Modell mit 8 Stimmen dagegen, 10 dafür und 7 Enthaltungen abgelehnt. 7

Ungeachtet davon hat der Hessische Landtag mit Wirkung vom 1. Juli 1974 per Gesetz die heutige Gemeinde Sinntal beschlossen. Die Namensgebung und später in der Großgemeinde Sinntal sorgte in der Staatsbeauftragtenzeit für misstrauisches Beäugen. Die Geburt von Sinntal war „gesetzlich verordnet“ und per Dekret wurden 15 Gemeindevertreter der ausgelösten Gemeindevertretungen zu Staatsbeauftragten der Großgemeinde Sinntal. Die wählten Johannes Strott aus Weichersbach zu ihrem Vorsitzenden und Johann Heberling aus Sterbfritz wurde Stellvertreter. Die Bürgermeister der seitherigen Gemeinden bildeten den kommissarischen Gemeindevorstand. Konrad Roth aus Sterbfritz wurde kommissarischer Bürgermeister, Hans-Eberhard Priemer aus Altengronau hauptamtlicher Erster Beigeordneter und Konrad Dorn aus Oberzell und Johannes Zeller aus Jossa kommissarische Beigeordnete. Nach einem holperigen Start konnten die Bürger Sinntals am 27. Oktober 1974 erstmals ihre Gemeindevertretung und ihren Ortsbeirat wählen.

Aus Staatsbeauftragten wurden gewählte Gemeindevertreter


Die neu gewählte Gemeindevertretung konstituierte sich am 25. November 1974 und beendete damit die Staatsbeauftragtenzeit und kommissarische Tätigkeit des Gemeindevorstandes. Vordingliche Aufgabe der Gemeindevertretung war die Wahl eines hauptamtlichen Bürgermeisters für die Großgemeinde – Hans-Eberhard Priemer (war von 1975 bis 1999 Bürgermeister). Ortsteildenken prägte in den ersten Jahren die politische Arbeit. Beim 25jährigen Jubiläum Sinntals freute sich der damalige Bürgermeister Johann Heberling, dass das Gegeneinander vom „Wir-Gefühl“ abgelöst worden sei. Im Gemeindeparlament werde sachliche Arbeit geleistet. Zu einer Gemeinde ist aber in den vergangenen fünfzig Jahren Sinntal nicht geworden. Durch die Flächengemeinde sind die Bürger naturgemäß getrennt. Jeder ist Einheimischer seines Ortsteils und auch Bürger Sinntals. Wie vielfältig die Großgemeinde Sinntal ist, werden die Ortsteile beim Sinntal-Abend beweisen, der am Freitag, 16. Mai, 19 Uhr im Festzelt in Weiperz stattfindet – und dass alle Sinntal gemeinsam feiern können.

Übrigens:

Sinntal mit seinen zwölf Ortsteilen erstreckt sich auf eine Fläche von 11.186 Hektar. Da wohnen aktuell 9.479 Einwohner. Der Slogan „Natürlich zu Hause im Grünen“ wird bei der Fotostrecke aus allen Ortsteilen unseres Fotografen Walter Dörr deutlich.  

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