Mein Sinntal lieb ich sehr

Buntes Programm zum 50-jährigen Jubiläum der Gemeinde Sinntal

Fotos: Walter Dörr


Dienstag, 20.05.2025
von WALTER DÖRR

SINNTAL - „Das 50-jährige Jubiläum der Gemeinde Sinntal, ein bedeutendes Kapitel in der gemeinsamen Geschichte, zu feiern, ist nicht nur Anlass, auf die letzten Jahrzehnte zurückzublicken, sondern auch den Blick nach vorne zu richten“, sagte Sinntals Bürgermeister Thomas Henfling beim Sinntal-Abend, der im Rahmen des Musikfestes zum 65-jährigen Bestehens der Trachtenkapelle Musikfreunde Weiperz in Weiperz stattfand. 

Im vollbesetzten Festzelt sagte Henfling in seiner Festansprache, dass am 1. Juli 1974 im Zuge der hessischen Verwaltungsreform die gesetzliche Grundlage geschaffen wurde, die damals eigenständigen Gemeinden zu einer großen Einheit zusammenzuführen. „Die Entstehung unseres heutigen Sinntal war weit mehr als nur eine gesetzliche Formalität. Sie war das Ergebnis intensiver politischer Debatten, langer Verhandlungsprozesse und auch mutiger Entscheidungen“, betonte Henfling. Bereits im Jahr 1969 habe die Diskussion um die Verwaltungsreform begonnen. Eine Sachverständigenkommission wurde nämlich vom Hessischen Landtag eingesetzt, um Wege zu finden, wie die Verwaltungskraft der Gemeinden gestärkt und deren Strukturen modernisiert werden könnten. Der damalige Landrat des Kreises Schlüchtern, Dr. Wolfgang Seibert, führte im Mai 1969 die ersten Informationsveranstaltungen durch. Ziel war es, die Gemeinden in ihrer Eigenständigkeit zu bewahren und gleichzeitig



Eigenständige Gemeinden mit einer effektiven Verwaltung

die Effizienz ihrer Verwaltung zu verbessern. Im Zuge dieser Reformen seien zwei mögliche Modelle diskutiert worden: Einerseits die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften, wie sie bereits in Bayern oder Niedersachsen praktiziert wurden, andererseits die Bildung von sogenannten Großgemeinden — ein Ansatz, der in Hessen favorisiert wurde. Dabei sollten sich Gemeinden entweder hauptamtlich verwalten lassen, beispielsweise in Gemeinschaftsformen mit bereits bestehenden Städten, oder zu größeren Einheiten, den sogenannten Großgemeinden, zusammengeschlossen werden. Das Modell der Großgemeinde, das sich schließlich durchgesetzt hat, sah vor, dass sich ehrenamtlich verwaltete Gemeinden freiwillig zu einer größeren Einheit zusammenschließen. 

Bereits ab Dezember 1969 schlossen sich die Gemeinden Breunings, Sannerz und Weiperz an die Gemeinde Sterbfritz an, während sich die Gemeinden Neuengronau und Altengronau auch zusammenschlossen. Für viele sei klar gewesen: Nur so könne eine starke Verwaltung entstehen, die den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist. „Der weitere Verlauf ist bekannt: In den Jahren bis 1972 gab es vielfältige Diskussionen über die genauen Grenzen, die Beziehung zu den Nachbarkommunen und die endgültige Zusammensetzung“, sagte Henfling. Im Zuge der landesweiten Gemeindegebietsreform wurden schließlich im Juli 1972 die Gemeinde Sinntal aus den Gemeinden Mottgers, Schwarzenfels und Weiperz gegründet — ein freiwilliger Zusammenschluss, der mit großem Engagement vorangetrieben wurde. Die Gemeinden hatten sich nach vielen auch kontroversen Gesprächen entschlossen, ihre Eigenständigkeit aufzugeben, um gemeinsam stärker zu sein.


Sinntal – eine Gemeinde per Dekret

„Es war eine mutige Entscheidung, die auf den Überlegungen basierte, eine flächendeckende, effiziente Verwaltung zu schaffen und die Entwicklung der Region nachhaltig zu unterstützen“, blickte der Bürgermeister zurück. Am 1. Juli 1974 wurde durch das Gesetz des Hessischen Landtages die Neugliederung per Dekret vollzogen — die offizielle Geburtsstunde der heutigen Großgemeinde Sinntal. Die damaligen Gemeindevertreter, sowie der kommissarisch eingesetzte Bürgermeister Konrad Roth wurden Staatsbeauftragte, und die Verwaltung wurde in vielen Orten durch Übergangsregelungen und vorübergehende Strukturen stabilisiert. Der Beginn war holprig, doch mit der Zeit wurde aus den vielen einzelnen Gemeinden eine lebendige und vielfältige Gemeinschaft. Nach der ersten Wahl im Oktober 1974 und der konstituierenden Sitzung im November begann am 13.Januar 1975 das Zeitalter einer neuen Großgemeinde, in dem sich über die vielen Jahre das Gemeinsame immer mehr in den Mittelpunkt stellte.


Henfling: „Im Laufe der Jahre hat sich viel getan. Heute können wir stolz sein auf das, was in fünf Jahrzehnten aus diesem Zusammenschluss geworden ist: eine lebendige, vielfältige Gemeinde, in der Tradition und Innovation Hand in Hand gehen, und die sich ständig weiterentwickelt.


Erfolgreiche Vergangenheit und noch viel vor

Vor Allem auch meinen Amtsvorgängern Hans Eberhard Priemer, Johann Heberling und Carsten Ullrich ist das zu verdanken. Vier Bürgermeister in 50 Jahren zeugt von einer gewissen politischen Kontinuität, die eine Großgemeinde wie Sinntal auch benötigt. Unser Erfolg basiert auf diesem langen, manchmal auch widersprüchlichen, aber immer zielgerichteten Weg der Zusammenarbeit.“ Im attraktiven Sinntal gibt es aktuell 8.996 Einwohnerinnen und Einwohnern — Tendenz steigend. „Unser gemeinsames Engagement für Traditionen, wie unsere inzwischen wieder 13 Kirmesfeste bei zwölf Ortsteilen, zeigen wie tief die Verbundenheit in den einzelnen Ortsteilen ist, und wie sehr unsere Gemeinschaft auf Tradition und Zusammenhalt aufbaut. Gleichzeitig ist unsere Gemeinde ein Ort der Innovation und des Wandels. 

Das größte Projekt in unserer Geschichte, wird der Bau des neuen Kindergartens in Sterbfritz werden, der eine massive Investition in die Zukunft ist. Es zeigt, wie wir gezielt die Rahmenbedingungen schaffen, um Familien zu unterstützen und unsere Gemeinschaft noch lebendiger und zukunftsfähiger zu machen.“ Ein Meilenstein sei auch die nachhaltige Weiterentwicklung der Infrastruktur – wie eine noch effizientere Wasserversorgung. Die Gebäude sollen energetisch modernisiert werden, um nachhaltiger zu wirtschaften und den ökologischen Fußabdruck der Gemeinde zu verringern. „Denn wir haben alle die Verantwortung, unseren Kindern und Enkelkindern eine lebendige, gesunde Umwelt aber vor Allem eine lebenswerte Gemeinde zu hinterlassen“, so Henfling. Ein weiterer Schwerpunkt liege auf dem Schutz vor Naturgefahren. Starkregen- und Hochwasserschutz werde in den kommenden Jahren eine entscheidende Rolle spielen. Gemeinsam mit dem Main-Kinzig-Kreis werde ein Frühwarnsystem für Starkregen installiert, das frühzeitig vor Gefahren warnt. Ein Dank galt dem Kreis für die Unterstützung, denn ohne seine finanzielle und organisatorische Hilfe wären solche Maßnahmen kaum möglich.

Gemeinsam effektiver arbeiten

Die gute Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen funktioniere. Außerdem würden die Partnerschaften in der Region, wie zu den Nachbarkommunen in Bad Brückenau, Zeitlofs, Kalbach, Schlüchtern und Steinau intensiviert. Besonders werde die Zusammenarbeit mit den Städten Schlüchtern und Steinau in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. Gemeinsam wurde die Initiative ergriffen, die touristische Arbeitsgemeinschaft „TAG Bergwinkel“ zu gründen. Ziel sei es, die wunderschöne Region Bergwinkel als touristisches Ziel wieder lebendig zu machen, Erlebnisse zu bündeln und regionale Potenziale sichtbar zu machen.

„Das wird unserer ganzen Region Vorteile bringen: für die lokale Wirtschaft, für den Naturschutz und für den Tourismus“, sagte der Rathauschef. Auch die Zusammenarbeit der Gewerbevereine in der Bergwinkelregion habe Fahrt aufgenommen. Die Initiative „Kauf im Bergwinkel“ sei ein Beispiel dafür, die Wirtschaft zu stärken und die Betriebe regional zu vernetzen. „Diese Arbeit wird uns in Zukunft noch mehr zusammenbringen, denn nur zusammen können wir unsere Region noch attraktiver machen“, motivierte Henfling. 

Bezüglich der finanziellen Mittel sei in den letzten Jahren immer wieder bewiesen worden, dass man gemeinsam in der Lage ist, visionäre Projekte umzusetzen - auch wenn das Geld knapp ist. Investitionen in Infrastruktur, Sicherheit und nachhaltige Entwicklung erforderten ein kluges, verantwortungsvolles Handeln und transparente Entscheidungen. Zusammen zu feiern, die Gemeinschaft zu stärken und nach vorne zu blicken gelte es beim 50jährigen Jubiläum. „Ein Dank denen, die dazu beigetragen haben, aus einer innerlich zerrissenen Verwaltungsreform eine lebendige, vielfältige und zukunftsorientierte Gemeinde zu machen. Lassen Sie uns das Erreichte würdigen, die Zukunft mit Mut und Optimismus angehen und weiterhin gemeinsam an einem starken Sinntal arbeiten.


Die nächsten Jahre gemeinsam gestalten

Denn nur gemeinsam werden wir die nächsten 50 Jahre ebenso erfolgreich gestalten“, appellierte Sinntals Bürgermeister Thomas Henfling. Die Vorsitzende der Gemeindevertretung, Brigitte Hartmann, die zusammen mit Bürgermeister Thomas Henfling den Sinntal-Abend moderierte, begrüßte die zahlreichen Gäste – und besonders die Ehrengäste, wie den Bundestagsabgeordneten Johannes Wiegelmann und den Landtagsabgeordneten Michael Reul. Eine bessere Ausstattung der Kommunen aus Berlin wünschte sich Hartmann von Wiegelmann und sah Reul als Vorsitzender des Finanzausschusses im Hessischen Landtag ein gewogener Mentor für Sinntal. Ein Gruß galt dem Ersten Kreisbeigeordneten Andreas Hofmann und dem Kreisbeigeordneten Jannik Marquart, in denen Hartmann verlässliche Partner der Kommune sah, und an „Alt“-Bürgermeister Carsten Ullrich, der maßgeblich die Geschicke der neuen politischen Gemeinde gestaltet habe. 

Genesungswünsche gingen an den ersten von der Bevölkerung direkt gewählten Bürgermeister Johann Heberling, der trotz seines hohen Alters „seiner“ Gemeinde eng verbunden sei. Willkommen hieß Hartmann die Repräsentanten der Nachbarkommunen, wie den Ersten Stadtrat von Schlüchtern Reinhold Beier, Bürgermeister Mark Bagus aus Kalbach, sowie die 1. Bürgermeisterin Lioba Zieres (Obersinn) und den 1. Bürgermeister Matthias Hauke (Zeitlofs). Nach Pfarrer Lukas Altvater wurden zahlreiche Mandatsträger begrüßte, die sich ehrenamtlich für das Allgemeinwohl ihrer Heimat einsetzten. Eine regionale Politik brauche gewissenhaftes demokratisches und ehrenamtliches Engagement. Im Kreis der Ehrengäste waren auch die Ehrensiegelträger der Gemeinde Sinntal Ursula Hohmann und Günter Walther.


Mit Böllerschüssen ging es los

Die zehn Böllerschützen des Schützenvereins Altengronau eröffneten lautstark die bunten Ortsteilbeiträge – natürlich vor dem Festzelt. Bürgermeister Henfling stellte die Akteure und die einzelnen Ortsteile jeweils kurz vor, wie Neuengronau, das über Pfingsten sein 730jähriges Jubiläum feiert – die nächste größere Veranstaltung. Das Jugendorchester Schwarzenfels „Bläserbande“ (über 30 Aktive - mit Unterstützung junggebliebener Musiker) unter Leitung von Franz-Josef Schwade war dann gleich ein Höhepunkt.


Coolman Felix – ein 11-jähriger Showman

Neben den Stücken lieferte vor allem der 11jährige Felix Richter als cooler Ansager auf einer Bierkiste eine stimmungsvolle Schau. Dass er aus dem schönsten Sinntaler Ortsteil und dem kleinen Musikdorf Schwarzenfels (eine Anspielung auf das Musikdorf Weiperz) komme, kam nicht überall gut an. Vom TSV Weichersbach tanzten die Gruppen „Youngster“ und „New Generation“. Aus Sterbfritz hatten die neun Mitglieder des historischen Brauches „Neujahrsgäulje“ einen gesanglichen Vortrag. Das Männerballett „Welle Watze“ aus Breunings zeigte grazil einen Feuerwehreinsatz. Die aus Mottgers angekündigte „Kalli-Hendrix-Band“, die das Mottgerser Heimatlied und natürlich den Senf-Song intonierte, entwickelte sich zu einem ARGE-Massenauflauf auf der Bühne mit gefühlt den meisten Mudjescher-Bürgern. 

Und als man noch gelbe Luftschlangen verschoss, war die Stimmung nicht zu übertreffen. Im letzten OT-Beitrag heizte die Oberzeller Tanzgruppe „Zell’s Angels“ als Paketzustellerinnen mächtig ein. Bis auf Züntersbach und Jossa trugen alle Sinntaler Ortsteile mit Beiträgen zum Gelingen des Jubiläumabends teil, der vom Musikverein Sannerz musikalisch umrahmt wurde. Natürlich sprachen die Polit-Promis auch Grußworte und bekundeten ihr Wohlwollen gegenüber den Sinntalern. Sehr gelungen waren die Worte von Pfarrer Lukas Altvater, der die Sinntaler mit einer Pralinenmischung „Edition Sinntal“ verglich. Eine langweilige Schokolade mit gleichem Geschmack oder eine Sinntal-Pralinenmischung, wo Altengronau, Jossa oder Züntersbach nebeneinander liegen – die Verpackung Sinntal halte alles zusammen. Auch in der Kirche gehörten alle zusammen. Altvater hoffte noch eine lange Zeit in Sinntal sein zu können. 

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