SPD Sinntal im Austausch mit Heimleitung des Lebensbaum Sinntal

Dienstag, 20.05.2025
SINNTAL - Wie kann gute Pflege trotz Fachkräftemangel, steigender Kosten und wachsender Bürokratie auch in Zukunft gelingen? Dieser Frage gingen Johanna Altvater, Vorsitzende der SPD Sinntal, und Eugen Schüßler bei einem Besuch im Pflegeheim Lebensbaum Sinntal nach. Deutlich wurde im Gespräch mit Einrichtungsleiter Mario Pizzala: Die Pflege bewegt sich an der Belastungsgrenze – auch außerhalb der Ballungsräume.
Das Heim wurde 2012 gegründet und gehört seitdem zum kommunalen Verbund der Alten- und Pflegezentren (APZ) des Main-Kinzig-Kreises. Es verfügt über 60 Pflegeplätze sowie eine Service-Wohnung. Trotz eines engagierten Teams und stabiler Auslastung steht die Einrichtung vor wirtschaftlichen und organisatorischen Herausforderungen. Der Anspruch bleibt dennoch klar: Die Pflege orientiert sich am Menschen. „Wir wecken niemanden, um einen Plan zu erfüllen. Die Pflege beginnt, wenn der Mensch bereit ist“, beschreibt Mario Pizzala das Leitbild einer respektvollen Betreuung.
"Hier arbeiten Menschen für Menschen"
Im Lebensbaum wurden bislang zwei Kurzzeitpflegeplätze separat angeboten – ähnlich einer solitären Kurzzeitpflege. Der bestehende Versorgungsvertrag sieht jedoch ausschließlich sechs eingestreute Kurzzeitpflegeplätze vor, also eine flexible Nutzung innerhalb der bestehenden Pflegekapazitäten. Dadurch kann es vorkommen, dass bei kurzfristigem Bedarf nicht sofort ein Platz verfügbar ist. Die Kurzzeitpflege fällt also nicht weg, sondern wird in ein flexibleres Modell überführt. Für Angehörige wird die zeitliche Planung dadurch anspruchsvoller, eine Aufnahme bleibt jedoch weiterhin möglich.
„Wir sind nicht die Industrie. Hier arbeiten Menschen für Menschen“, betont Pizzala und benennt klar die Herausforderungen: fehlende Zeit, zu wenig Personal und mangelnder Respekt. Die überbordende Bürokratie, wie zum Beispiel die rigide Dokumentationspflicht erschwere zunehmend die eigentliche Pflegearbeit. Als besonders belastend schildert Pizzala die Vielzahl unkoordinierter Prüfungen – etwa durch die Heimaufsicht, das Gesundheitsamt, den medizinischen Dienst der Krankenkassen oder das Amt für Gefahrenabwehr. Prüfungen seien wichtig, müssten aber auf Augenhöhe erfolgen. Derzeit erlebe man teils widersprüchliche Anforderungen von verschiedenen Stellen, oft bis ins kleinste Detail. Die SPD Sinntal unterstützt die Forderung nach einer besseren Abstimmung und Vereinheitlichung dieser Kontrollen. Gemeinsame Begehungen, abgestimmte Kriterien und klar definierte Zuständigkeiten könnten entlasten und Ressourcen zurück in die Betreuung der Menschen lenken.
Fachkräftemangel
Auch der anhaltende Fachkräftemangel bleibt ein zentrales Problem. Dass es dem Lebensbaum gelingt, durch ein gutes Betriebsklima und verlässliche Personalführung neue Mitarbeitende zu gewinnen und langjährige zu halten, ist bemerkenswert, aber keine Selbstverständlichkeit. Ohne gezielte Fachkräftezuwanderung und attraktive Rahmenbedingungen für die Pflegeberufe wird sich die Personalsituation auf Dauer nicht verbessern lassen, zeigten sich die Vertreter des SPD-Ortsvereins überzeugt.
Die Zusammenarbeit mit dem Trägerverbund und dem Main-Kinzig-Kreis lobt Pizzala ausdrücklich. Doch viele der strukturellen Herausforderungen, etwa die Auswirkungen des demografischen Wandels, die komplexe Finanzierungsstruktur oder der hohe Regulierungsdruck, lassen sich nur gemeinsam mit Bund und Land angehen. Politik und Gesellschaft sind gefordert, der Pflege dauerhaft mehr Gestaltungsfreiheit einzuräumen – sowohl im Hinblick auf finanzielle Ressourcen als auch auf Wertschätzung und Anerkennung.
„Gute Pflege gelingt nur mit Verlässlichkeit, Menschlichkeit und politischem Willen“
Die SPD Sinntal bekräftigt in diesem Zusammenhang ihr dauerhaftes Engagement für eine zukunftsfähige Pflegelandschaft vor Ort. Bereits bei der Errichtung des Pflegeheims in Sterbfritz war sie maßgeblich beteiligt – unter der Führung des damaligen Bürgermeisters Carsten Ullrich und des Fraktionsvorsitzenden Oliver Habekost. Auch heute setzt sie sich weiterhin für konkrete Verbesserungen ein. Der Ausbau der Tagespflegeangebote in Sinntal bleibt ein vordringliches Ziel, denn die bestehenden Kapazitäten reichen längst nicht mehr aus, um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden. Ebenso wird die mittelfristige Erweiterung des Lebensbaum Sinntal ins Auge gefasst, etwa durch weitere Pflegeplätze oder die Einrichtung eines spezialisierten Demenzbereichs mit entsprechendem Betreuungsschlüssel. Auch unter den gegenwärtigen finanziellen Rahmenbedingungen müsse es möglich sein, politisch an den Stellen anzusetzen, wo die Bürgerinnen und Bürger in Sinntal konkrete Veränderung brauchen.
„Gute Pflege gelingt nur mit Verlässlichkeit, Menschlichkeit und politischem Willen“, fasst Johanna Altvater zusammen. Die SPD Sinntal wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass pflegerische Qualität nicht vom Wohnort abhängt. Und dass diejenigen, die für andere da sind, die Unterstützung bekommen, die sie verdienen. (red)