Impuls von Stefan Buß: Die barmherzige Dreieinigkeit

Samstag, 14.06.2025
von STEFAN BUß
FULDA / MKK - Eine sehr beeindruckende Darstellung der Dreifaltigkeit drückt wesentlich mein Gottesbild aus. Es findet sich in einem Relief im Haus Werdenfels, einem Bildungshaus der Diözese Regensburg, wo ich schon einige Jahrzehnte zu Fortbildungen und Tagen der Ruhe fahre.
Das Keramik-Relief von Schwester Caritas Müller, einer Dominikanerin von Cazis in der Schweiz befindet sich in der Hauskapelle von Haus Werdenfels. Es rührt mich immer wieder neu an, wenn ich in Werdenfels die Kapelle aufsuche.
Es liegt eigentlich ganz im Trend der Zeit, dass der Mensch im Mittelpunkt steht. Gott als Schöpfer, als Herrscher über den Kosmos, als Heilsvollender ist an den Rand gedrückt oder abgeschafft worden. Das ist das Menschen- und Gottesbild einer weiten Mehrheit unserer Zeit. Auch bei dieser Darstellung ist der Mensch im Mittelpunkt. Aber was für ein Mensch! Nicht der autonome, selbstbewusste und selbstherrliche Mensch. Es ist der Mensch in seiner ganzen Schwachheit und Erbärmlichkeit.
Auch hier ist Gott sozusagen «an den Rand gedrückt». Es wäre eine Fehldeutung dessen, was die Künstlerin ausdrücken wollte. Der Mensch ist wohl im Mittelpunkt. Doch wovon? Im Mittelpunkt der ganzen göttlichen Zuwendung, Liebe und Barmherzigkeit. Der Mensch in seiner Erbärmlichkeit ist umschlossen von der Barmherzigkeit Gottes. Der an den Rand gedrängte Gott umgibt ihn von allen Seiten. Liebevoll neigt sich der Vater dem Menschen zu. Er hebt und trägt ihn, umsorgt ihn mit Hingabe und küsst ihn. Es erinnert an das Gleichnis des verlorenen Sohns. Jesus, der Sohn Gottes, beugt sich tief herab. Er kommt ganz auf die Ebene des Menschen. Er hält ihm die Füße, küsst sie, wäscht sie. Er tut uns den größten Liebesdienst und übt dabei den geringsten Dienst aus. «Ich bin nicht gekommen, dass ich mir dienen lasse, sondern dass ich diene…» Gott, der Heilige Geist, in der Gestalt der Taube und der Feuerflamme zugleich, kommt von oben her zum Menschen, will ihn erfüllen, von ihm Besitz ergreifen.
Bei Gott steht der Mensch im Mittelpunkt! Dies mit dem Ziel, dass der Mensch Gott zum Mittelpunkt seines Lebens macht. Noch einmal: Gott wählt dazu den Weg der hingebenden Liebe, der unerschütterlichen Barmherzigkeit, des überfließenden Beschenktwerdens durch seinen Geist. – Wer möchte da nicht im Mittelpunkt des Geschehens stehen? Der Mensch im Mittelpunkt der Zuwendung Gottes, im Mittelpunkt der göttlichen Liebe, die sich hingibt, eines Gottes, der Zuneigung ist, buchstäblich von Kopf bis Fuß, Begegnung und Liebe.
Manchmal gibt es Situationen oder Augenblicke im Leben, da kann ich mich in dem Menschen in der Mitte des Bildes wiederfinden: arm, schwach, hilflos, angewiesen…
Wie gut ist es dann, menschliche Hilfe zu erfahren und an einen Gott glauben zu können, der so liebevoll und barmherzig ist und einen nicht fallen lässt. Gottes Zuwendung und Liebe, sein Erbarmen und sein Trost sind für mich aber auch Aufruf und Aufforderung, es ihm gleich zu tun und so die Botschaft der Erlösung hinzubuchstabieren in meine Umgebung, hier und heute. Denn Gottes guter Geist ist dann lebendig und am Wirken, wo Menschen barmherzig, versöhnlich und friedfertig miteinander umgehen.

Impuls von Stefan Buß: Christi Himmelfahrt – „Nicht in den Himmel starren, sondern handeln“
„Ich bin Stadtpfarrer Stefan Buß aus Fulda!“