Wasser für den Wald

1.000 Liter pro Tag: Wie Jäger in Gelnhausen Tiere vor der Trockenheit schützen

Mit 1.000 Litern Wasser auf dem Pick-up kämpfen Philipp Buchenau (li.) und seine Jäger Abend für Abend gegen die Trockenheit in Gelnhausens Wäldern. - Fotos: privat


Dienstag, 24.06.2025

GELNHAUSEN - Wenn der Wald durstig wird, rücken sie aus: Mit 1.000 Litern Wasser auf dem Pick-up kämpfen Philipp Buchenau und seine Jäger Abend für Abend gegen die Trockenheit in Gelnhausens Wäldern. Ein stiller Einsatz mit großer Wirkung für die Tiere.

Wenn sich am Abend die Sonne hinter den Hügeln rund um Gelnhausen senkt, beginnt für Philipp Buchenau und sein Team der tägliche Einsatz. Der Jagdleiter in der Gelnhäuser Kernstadt und seine Mitstreiter – allesamt ehrenamtlich unterwegs – setzen sich ans Steuer eines Pick-ups. Auf der Ladefläche: ein mit Wasser gefülltes 1.000-Liter-Fass. Ihr Ziel: Der Stadtwald und die angrenzenden Streuobstwiesen.

„Gerade jetzt, in den heißen Wochen, können wir die Tiere nicht alleine lassen“, sagt Buchenau, während er an einer kleinen Wasserstelle hält. Dort gurgelt frisches Wasser in eine Versickerungsmulde, daneben schwirren Insekten, ein Vogel zwitschert in der Nähe, ein Rehkitz späht vorsichtig aus dem Dickicht. „Es ist faszinierend, was hier innerhalb weniger Tage entsteht, wenn man Wasser bringt. Das Leben kommt zurück.“

Hitze und Trockenheit setzen dem Wald zu


Die Sommer in Hessen werden heißer, trockener – und das hat gravierende Folgen für die heimische Tierwelt. Studien des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung zeigen, dass Wildtiere zunehmend unter der Hitze leiden, besonders Jungtiere, die noch auf die Versorgung durch ihre Mütter angewiesen sind. Diese brauchen wiederum mehr Wasser, um Milch zu produzieren und bei Kräften zu bleiben. „Wir beobachten immer häufiger völlig erschöpfte Tiere. Die brauchen einfach Flüssigkeit – sonst sterben sie“, betont Buchenau.

Ein Beispiel, das ihn in der zurückliegenden Woche besonders bewegt hat: „Am Mittwoch hat uns ein besorgter Spaziergänger informiert, dass er einen vermeintlich kranken Fuchs auf einem Feld gesehen hat. Vor Ort haben wir schnell gesehen – dass es sich um ein Muttertier handelte, das einfach entkräftet war. Nach etwas Wasser war sie wieder auf den Beinen.“ Solche Vorfälle zeigen: Für die Tiere geht es ums Überleben.

Um die Lage zu entschärfen, fahren Buchenau und sein Jäger und Jagdhelfer derzeit täglich Wasser in den Stadtwald. Der Aufwand ist enorm: Pro Fahrt werden rund 1.000 Liter in Versickerungsmulden, kleine Tränken und Suhlen für Wildschweine gegossen. Letztere werden übrigens auch von Rehen und Dammwild genutzt. „Das hilft uns auch, die Tiere von den Gärten und Straßen fernzuhalten. Sie suchen ja sonst dort nach Wasser – was in der Vergangenheit zu großen Konflikten geführt hat“, sagt der Jagdleiter. Der Einsatz ist nicht nur arbeitsintensiv, sondern auch teuer. Das Wasser zahlen die Jäger selbst. Pro Fahrt sind mindestens zwei Personen notwendig.

Äsungsflächen für mehr Waldgesundheit


Neben der Wasserversorgung kümmern sich die Jäger auch um neu angelegte Äsungsflächen – kleine Oasen, in denen Tiere nicht nur Nahrung finden, sondern auch gezielt vom jungen Waldbestand weggeleitet werden. „Das reduziert die Verbissschäden erheblich und hilft, den Forst gesund zu halten“, erklärt Buchenau. Die Vorbereitung war aufwendig: Die Jäger haben alte Wurzeln entfernt, Böden geglättet und neu eingesät. Das nötige Saatgut stellte der Landschaftspflegeverband Main-Kinzig zur Verfügung. In den Trockenperioden bewässern die Jäger die Flächen ein- bis zweimal pro Woche – ebenfalls mit dem 1.000-Liter-Fass.

Großen Dank sprechen Buchenau und seine Helfer dem evangelischen Kirchenvorstand aus. Er hat ihnen mehrere Grundstücke zur Verfügung gestellt, auf denen neue Äsungsflächen entstehen konnten. „Das Vertrauen freut uns sehr – und es zeigt, wie wichtig das gemeinsame Engagement für den Wald ist“, sagt der Jagdleiter.

Ein Paradies für Eidechsen – Schutzmaßnahmen am Schulfestplatz


Doch die Gelnhäuser Jäger engagieren sich noch weit darüber hinaus. Bereits 2024 haben sie die städtische Ausgleichsfläche für den Funkturm von Dickicht befreit und gezielt für Reptilien und weitere Kleintiere umgestaltet. Auf dem Areal am ehemaligen Schulfestplatz wurden unter anderem strukturreiche Hügel aufgeschichtet, die Eidechsen Schutz, Verstecke und sonnige Plätze zum Aufwärmen bieten – ein echtes Eidechsenparadies.

Im Frühjahr 2025 ist das Projekt in die nächste Runde gegangen: 20 Tonnen Sandsteine wurden mit einem Lastwagen in den Bereich gebracht, wo sie demnächst zu weiteren Rückzugsorten für die Tierwelt aufgeschüttet werden. An die Stadt richtet Buchenau in diesem Zusammenhang eine dringende Bitte: „Bitte überfahrt diese Flächen künftig nicht mehr mit der Mulchraupe. Gerade in solchen Rückzugsräumen leben viele Tiere. Da herkömmliche Mulcher über eine Sogwirkung verfügen, werden die Tiere eingesaugt und getötet. Wir verwenden für die Pflege solcher Areale eine Spezialmaschine, die die Kleintiere nicht gefährdet.“

Auch an die Bevölkerung richtet Buchenau einen klaren Wunsch: „Bitte bleibt beim Spaziergang auf den Wegen und stört die Tiere nicht. Gerade jetzt brauchen sie Ruhe – besonders die Muttertiere mit Nachwuchs.“ Zudem ruft er Menschen dazu auf, auch im eigenen Garten Wasserstellen bereitzustellen. „Das hilft nicht nur Vögeln und Igeln, sondern auch unzähligen Insekten, von denen viele ohnehin stark bedroht sind.“ (red)

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