So sollen die Weichen für die Zukunft des Stadthofs Hanau gestellt werden

Freitag, 27.06.2025
HANAU - Dank umfangreicher und fortlaufender Planungen, Untersuchungen und Ergebnisse stehen für den Stadthof Hanau absehbar wichtige Entscheidungen in den Bereichen Sanierung und künftige Nutzung an.
„Für die Entwicklung unserer Innenstadt ist der Stadthof Hanau ein ganz wichtiger Faktor. In den kommenden Tagen und Wochen stehen Entscheidungen und Aufgaben an, welche die Richtung definieren werden, in die sich das Haus künftig entwickeln wird. Mit guter Vorbereitung, einem kühlen Kopf, starken Partnern an unserer Seite und unseren Zielen der Stadtentwicklung im Visier, werden wir diese in typisch Hanauer Manier mutig und gemeinsam angehen“, so Oberbürgermeister Claus Kaminsky.
Die Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) aus Hamburg, die Ende 2024 als Generalplaner für die Grundsanierung ausgewählt wurden, „haben hervorragende erste Ideen für die Zukunft des Gebäudes“ entwickelt. Erstmals vorgestellt wurden diese kürzlich bei einer Sitzung des Stadthof-Beirats.
Öffentlicher Dachgarten und gastronomisches Angebot
Vorfreude bereiten dem Oberbürgermeister vor allem die Pläne für die künftige Nutzung des obersten Stockwerkes, wo ein öffentlicher Dachgarten und ein gastronomisches Angebot vorgesehen sind. Der Zugang wird über einen neuen, repräsentativen Eingang im Innenhof des Gebäudes Richtung Salzstraße erfolgen. „Der Stadthof ist ein Gebäude für die gesamte Stadtgesellschaft. Der großartige Ausblick von der Dachterrasse über den Marktplatz und das Neustädter Rathaus soll allen Menschen zur Verfügung stehen“, formuliert der OB die städtische Grundlinie. Die Bevölkerung wird sich allerdings noch gedulden müssen – die Grundsanierung des Dachgeschosses kann erst dann starten, wenn die dort derzeit beheimatete Brüder Grimm Berufsakademie ins ebenfalls noch zu sanierende 2. Obergeschoss umgezogen ist.
Nach den erfolgreichen Eröffnungstagen sei die Frequenz der Stadthof-Besuche erwartbar zurückgegangen, habe sich mittlerweile allerdings auf einem stabilen Niveau eingependelt, erklärt Martin Bieberle, Stadtentwickler und Geschäftsführer der projektverantwortlichen BauProjekt Hanau GmbH. Besonders erfreulich – und gegen den allgemeinen Trend – sei, dass seit Eröffnung des Stadthofs die Frequenzen in den umliegenden Einkaufsstraßen gestiegen seien. So verzeichnete die Hammerstraße im Vergleich Mai 2024 zu Mai 2025 eine Steigerung von acht Prozent, die Nürnberger Straße von 3,5 Prozent. Der Hanauer Marketing Verein (HMV) berichtete, dass die Umsätze der Mitglieder im Vergleich zum Vorjahr bei zahlreichen Mitgliedern gestiegen seien, teilweise um mehr als zehn Prozent. „Diese Zahlen belegen deutlich den Effekt des Stadthofs.

"Potenzial des Stadthofs noch lange nicht ausgereizt"
Dabei
sehen die Verantwortlichen das Potenzial des Stadthofs noch lange nicht
ausgereizt. Eine Besucherumfrage, die über die Website und vor Ort
jederzeit genutzt werden kann, zeige, dass die Atmosphäre im Gebäude als
sehr gut eingestuft werde; das Angebot an Geschäften indes nur als
mittelmäßig attraktiv angesehen wird. „Hier gilt es anzusetzen“, erklärt
Daniel Freimuth, Geschäftsführer der Hanau Marketing GmbH (HMG). „Wir
haben zu Beginn ein spitzes Angebot in den Stadthof gebracht. Bei den
nächsten, bewusst anstehenden Wechseln der Ladenflächen wird das Angebot
nun aber deutlich breiter aufgestellt werden“, erklärt er.
Wichtige
Grundlagen werden in den kommenden Wochen im Bereich der
Gebäudesubstanz und der Sanierung geschaffen. Gemeinsam mit gmp wurden
in zwei umfangreichen Workshops sogenannte „Nutzungscluster“, also
verschiedene Varianten für den Nutzungsmix der einzelnen Geschosse,
erstellt. Diese dienen als Grundlage für die weiteren Planungen für die
rund 12.000 zur Verfügung stehenden Quadratmeter. In der folgenden
Leistungsphase drei soll ein Planungsstand erreicht werden, der eine
Kostengenauigkeit aufzeigt, mit der die Stadtverordnetenversammlung eine
Entscheidung für die Umsetzung der Grundsanierung treffen kann –
geplant ist dieser nächste Meilenstein in der Projektentwicklung für
Ende dieses Jahres.
„Eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach,
Begrünungsmaßnahmen und moderne Regenwassernutzung – all das sind
Bausteine, mit denen wir die Nachhaltigkeit des Gebäudes deutlich
steigern werden“, sagt gmp-Partner Jan Stolte. Hinzu kommt eine
denkmalschutzgerechte, energetische Erneuerung der Außenhülle mit Hilfe
einer zweiten, innenliegenden Glasfassade. “Wir wollen den optischen
Charakter des Gebäudes in seiner Ursprünglichkeit bewahren“, so Stolte.
Insgesamt lautet das Ziel, den Energieverbrauch des Gebäudes um mehr als
die Hälfte zu senken.
"Professionelle Kooperation eingegangen"
„Die Zusammenarbeit mit gmp hat sich
bereits auf vielen Ebenen bewährt. Durch die professionelle Kooperation
sind wir in vielen Bereichen vor dem Zeitplan und können unsere Kräfte
auf neue Herausforderungen richten. Alles läuft auf den Punkt hin, dass
wir im November zur Stadtverordnetenversammlung wissen, mit welchen
Nutzungen wir weitermachen und was die Sanierungen kosten. Wenn die
Stadtverordneten zustimmen, könnte die Grundsanierung, nach Abschluss
der Genehmigungsverfahren und Ausschreibungen, im dritten Quartal des
kommenden Jahres beginnen“, so Bieberle. Dabei sei noch offen, mit
welcher Etage die Grundsanierung beginnen würde, dies hänge von
zahlreichen Faktoren ab, die sich in den nächsten Monaten entscheiden
würden.
Eine erste, konkrete Empfehlung der Untersuchungen und
Planungsarbeiten von gmp lautet, dass eine öffentliche Tiefgarage im
Untergeschoss wirtschaftlich aufgrund dafür notwendiger umfassender
Umbaumaßnahmen an der Lüftung keine verfolgenswerte Nutzung sei. Somit
fokussiert sich die Planung für das Untergeschoss auf zwei Varianten:
Weiterhin ist der Komplex Entertainment, Sport und
Familien-Kind-Angebote eine Option. Gleichzeitig stehen die
Projektverantwortlichen „in sehr guten Gesprächen mit zwei großen,
bekannten Einzelhandelsunternehmen, die Interesse an der Nutzung der
gesamten Fläche des Untergeschosses bekundet haben.“, so Freimuth. Im
Herbst soll eine Entscheidung für die künftige Nutzung des
Untergeschosses getroffen werden. „Dass sich große Handelsunternehmen
aktiv bei uns melden, belegt aber eindrucksvoll, dass wir grundsätzlich
mit dem Stadthof auf dem richtigen Kurs sind“, unterstreicht der
Oberbürgermeister.
Umgesetzt oder in aktueller Bearbeitung
befinden sich zahlreiche weitere Teilprojekte des technischen
Gebäudemanagements. So werden bei einer umfassenden Sprinklerprüfung
mehr als 1.000 Sprinklerköpfe ausgetauscht. Der provisorische Öltank,
durch den das Gebäude in den vergangenen Monaten beheizt wurde, ist
abgebaut. Der Anschluss an das Fernwärmenetz soll noch vor der kommenden
Heizperiode erfolgen.
Das erste Obergeschoss bleibt kurz- und
mittelfristig Ausstellungen vorbehalten. So gibt es für die Nachfolge
der Körperwelten-Ausstellung, die bis Mitte Januar 2026 in Hanau bleiben
wird, bereits fortgeschrittene Gespräche für eine nachfolgende,
ebenfalls sehr reichweiten- und publikumsstarke Ausstellung, die ab
Februar das erste Obergeschoss beziehen könnte. Ein Designer- und
Secondhand-Flohmarkt wird am 30. August noch vor dem Start der
Körperwelten den Stadthof im ersten Obergeschoss beleben. Langfristig
war für die Fläche eine Gesundheits-Etage vorgesehen, die aufgrund der
aktuellen Untersuchungen durch gmp genauer auf den Prüfstand gestellt
werden muss. Die Versorgung mit notwendigen Wasserleitungen für die
einzelnen Bereiche erschwert das Nutzungsszenario aus wirtschaftlicher
Sicht.
Länger als erhofft dauern indes die Baumaßnahmen für ein
Café mit Bäckerei zur Nürnberger Straße raus („Pausenhof“). Neben der
Tatsache, dass aus einer reinen Verkaufs- eine Gastronomiefläche wird,
wird dort die gesamte Fassade neu gemacht – und zwar so, wie sich die
Außenhülle im Erdgeschoss künftig auch in der Gesamtheit zeigen wird.
„Der Pausenhof wird dann ein vorgezogenes Muster dafür, wie sich der
Stadthof nach der abgeschlossenen Grundsanierung nach Außen darstellen
wird“, so Bieberle. Die Grundlinie bei der Sanierung sei es, das unter
Denkmalschutz stehende Gebäude in der Anmutung zum Ursprungsbaujahr 1957
zurückzuführen. Wegen der umfangreichen Arbeiten werde der „Pausenhof“
zwar erst Anfang 2026 eröffnen können, sei dann aber langfristig nutzbar
und quasi die Blaupause für die weiteren Schritte bei der
Fassadensanierung.
"Der Stadthof bleibt deutschlandweit ein
großes Thema"
„Der Stadthof bleibt deutschlandweit ein
großes Thema und wird sehr genau beobachtet. Durch die umfangreiche
Berichterstattung rücken wir immer wieder in den Fokus von Unternehmen
und Personen, die dann auf uns zukommen und Interesse an einer
Zusammenarbeit bekunden. Bei allen Planungen und Schritten, die wir
vornehmen, bewahren wir ein hohes Maß an Agilität und Flexibilität.
Gleichzeitig gilt es, Zwischennutzungen und endgültige Nutzungen im
Blick zu behalten. Gemeinsam mit unserem Partner gmp schichten wir die
verschiedenen Nutzungsszenarien ab, um nach Abwägung der
Untersuchungsergebnisse und unserer Ziele im Rahmen der
Innenstadtentwicklung das bestmögliche Ergebnis zu erzielen“, so
Freimuth.
Dass dabei die mittlerweile bundesweit beachtete „Hanauer Tempohärte“ zum Tragen kommt, verdeutlichen verschiedene Untersuchungen. Im Durchschnitt vergingen an anderen Standorten vom Zeitpunkt der Schließung bis zur Wiedereröffnung zwölf Jahre, in Hanau waren es gerade mal 13 Monate. Eine Geschwindigkeit, welche die „Immobilien-Zeitung“ jüngst dazu veranlasste, Hanau zum „inoffiziellen Weltrekordhalter für die Agilität einer Stadtverwaltung“ zu küren.
„Immer wieder werden wir gefragt, wie wir das in Hanau mit der hohen Geschwindigkeit anstellen. Der wesentliche Schlüssel ist und bleibt die politische und gesellschaftliche Geschlossenheit. Das Wohl der Stadt wird von allen Beteiligten an erste Stelle gesetzt“, so Oberbürgermeister Kaminsky. (red)