Hanau: Baumaßnahme für Schulneubau - Vielversprechende archäologische Grabung im Fronhof
Mittwoch, 23.07.2025
HANAU - Seit Anfang Juli legen Archäologen im Fronhof hinter der „Alten Kanzlei am Schlossplatz“ historische Baustrukturen auf einer 240 Quadratmeter großen Untersuchungsfläche frei.
Dies ist die erste Maßnahme im Zuge des Neubaus für die Karl-Rehbein-Schule. Für den Oktober ist der Abriss des „Haus des Handwerks“ geplant, im Januar 2026 soll Baubeginn des Erweiterungsbaus der Schule sein, die Fertigstellung ist für den Mai 2028 geplant (KINZIG.NEWS berichtete).
"Ein Meilenstein für die Hanauer Schulentwicklung"
„Dieses Bauprojekt ist ein Meilenstein für die Hanauer Schulentwicklung, ein städtebauliches Leuchtturmprojekt und zugleich lernen wir Dank der Grabungen etwas über die Hanauer Stadtgeschichte“, so Bürgermeister Dr. Maximilian Bieri. Denn in dem Areal, das seit September 2020 als Gastronomie „Wirtschaft im Hof“ und als öffentliche Aufenthaltsfläche dient, kommen nun Zeugnisse der Vergangenheit Hanaus ans Licht.
Da sich der Schulneubau im Bereich der alten Stadtmauer befindet, ist man bereits bei der Planung des Schulneubaus von historischen Funden an dieser Stelle ausgegangen. Aus diesem Grund wurden die archäologischen Grabungen bereits im Vorfeld zwischen dem Eigenbetrieb Hanau Immobilien- und Baumanagement, der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Hanau sowie dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt. Damit das Schulbauprojekt wie geplant im Oktober dieses Jahres beginnen kann, erfolgen die archäologischen Grabungen und die Dokumentation der historischen Funde bereits zu jetzigem Zeitpunkt.
Grabungsleiter David Bauer und sein Kollege Ralf König von „AAFL-Archäologische Ausgrabungen Frank Lorscheider“ in Wiesbaden gehen bei der Dokumentation methodisch vor. Zwar erfolgt der Erdaushub mit einem Bagger, trotzdem haben sie viel Handarbeit zu leisten, um die archäologischen Befunde wie Erdverfärbungen, Mauerstrukturen und Kellerpflaster für die Drohnenaufnahmen vorzubereiten.
Gibt es noch einige Überraschungen?
„Für die Rekonstruktion der Vergangenheit ist der Befund in der Erde
wichtig. Ein Befund ist ein Bodeneingriff, der sich durch Verfärbung
und Zusammensetzung von der umgebenden Erde absetzt. Befunde sind nicht
bewegliche archäologische Funde wie Grabgruben, Abfallgruben,
Pfostenlöcher oder auch Mauerreste,“ erläutert der Grabungsleiter.
Archäologinnen und Archäologen haben mit der Grabungstechnik eine
sinnvolle Methode entwickelt, die sie immer wieder verfeinern. Ziel ist
es, während der Ausgrabung möglichst viele Informationen zu erhalten und
weiterzuverarbeiten.
Die meisten archäologischen Entdeckungen
werden bei den großen Erdabtragungen im Vorfeld von Bauarbeiten
gemacht. Nachdem der Oberboden mit dem Bagger abgezogen wurde, werden
die freigelegten Befunde fotografiert. Im nächsten Arbeitsschritt werden
Profilschnitte angelegt, um die verschiedenen Füllschichten von Gruben
zu erkennen, diese zu dokumentieren und auszugraben. So können die
geborgenen Funde einer bestimmten Schicht im Befund zugeordnet und
dieser über die Funde datiert werden.
Um einen guten Überblick über die Gesamtfläche zu erhalten, werden Fotos von den hohen Abraumhaufen gemacht. Auch Drohnen werden dazu eingesetzt. Heutzutage ist eine Ausgrabung ohne Computer, lasergestützte Vermessung mit Tachymeter, GPS, Drohnenfotos, Laser-Scans (LiDAR), geomagnetische Voruntersuchung und digitale Datenerfassung nicht mehr denkbar und führt zu präziseren Daten. Für den Erfolg einer Ausgrabung ist die Beurteilung und genaue Dokumentation des Befundes vor Ort entscheidend.
Reste der mittelalterlichen Stadtmauer aufgedeckt
„Bisher
wurden die Reste der mittelalterlichen Stadtmauer über eine Länge von
mehr als 50 Metern aufdeckt. Weiterhin ist ein viereckiger Wehrturm, der
in die mittelalterliche Stadtmauer aus der ersten Hälfte des 14.
Jahrhundert baulich integriert ist, zu sehen. Ferner zeigt sich ein
Keller, der über einen längeren Zeitraum genutzt wurde. Schließlich
haben sich verschiedene Bruchsteinmauern der ehemaligen Bebauung des
Fronhofs erhalten. In diesem Zusammenhang trat eine Sickergrube zutage.
Und schließlich haben wir in einem Bereich eine schwarz gefärbte
Erdschicht mit gebranntem Lehm, der auf eine durch Feuer zerstörte
Bebauung hinweist,“ sagt Sabine Küppers von der Unteren
Denkmalschutzbehörde der Stadt Hanau über die ersten Ergebnisse des vor
Ort arbeitenden Archäologen-Teams.
„Leider verzögern und erschweren die sintflutartigen Regenfälle der vergangenen Tage den Dokumentationsfortschritt und da die Grabung noch nicht abgeschlossen ist, könnte es noch einige Überraschungen geben.“ (red)

