Warum Ihr mit dem Heckenschnitt noch ein bisschen warten solltet
Mittwoch, 30.07.2025
HESSEN / MKK - Ein schneller sauberer Schnitt mit der Heckenschere, und schon ist die Gartenhecke wieder „ordentlich“ und in Form.
Doch wer zu schnell und
unbedacht schneidet, erlebt mitunter eine traurige Überraschung: Eine
späte Amselbrut, die im Dickicht der Hecke auf die Vogeleltern wartet,
ist nach dem Schnitt ungeschützt dem Wetter ausgesetzt und wird
vermutlich bald von einem Nesträuber verspeist.
Vogelbrutsaison geht bis September
Damit dies nicht passiert, bittet der NABU alle hessischen Gärtner um Geduld. Auch wenn es vielen in den Fingern juckt: Bis Ende Juli
brüten viele Singvögel, wie beispielsweise, Amsel, Rotkehlchen und
Zaunkönig, im Schutz des dichten Blattwerks in Gärten, Friedhöfen und
Parkanlagen. Durch Schnittmaßnahmen können sie so stark gestört werden,
dass sie ihre Brut aufgeben.
Erst ab dem 1. Oktober, wenn die
Vogelbrutsaison zu Ende ist und die Vögel ihre Reviere im Garten
aufgeben, sollte man Hecken und Bäume wieder in Form bringen. „Nicht nur
Privatleute, auch Gartenbaubetriebe sind zum Teil schon unterwegs mit
dem Auftrag, Hecken zu kürzen. Davon raten wir dringend ab. Mitunter
wird dabei ein Vogelnest freigelegt und die Firma macht sich strafbar,
da alle europäischen Brutvogelarten geschützt sind“, erklärt Maik
Sommerhage, Landesvorsitzender des NABU Hessen.
Gesetzlich zulässig ist zwar aktuell, Bäume, Hecken, lebende Zäune,
Gebüsche und andere Gehölze schonend in Form zu schneiden, um den
jährlichen Zuwachs zu beseitigen. „Doch kann das nicht noch etwas
warten? Oft reicht es ja, einzelne weit in den Weg ragende Zweige
abzuschneiden“, sagt Sommerhage. Den NABU erreichen immer wieder Anrufe
besorgter Bürger die von teils radikalen Heckenschnitten während
der Brutzeit berichten.
„Es gibt immer wieder Schilderungen von tot
aufgefundenen Jungvögeln unter frisch gestutzten Hecken“, so der
Ornithologe Sommerhage. Es könne nicht angehen, dass Hecken und Gebüsche
ohne jede Rücksicht kahlgeschoren würden. „Auf jeden Fall gehört vor
dem Schnitt eine intensive Suche nach belegten Nestern in den Sträuchern
dazu“, erklärt der Landesvorsitzende. Heckenabschnitte mit einem
bewohnten Vogelnest dürften nicht oder nur sehr vorsichtig beschnitten
werden.
Rücksicht nehmen auf Tiernachwuchs
Beim Rückschnitt von Hecken mit Heckenscheren und Motorsensen werden mitunter auch Erdkröten, Blindschleichen oder Igel und ihre Jungen gefährdet: „Von Juni bis August erblicken die meisten Igeljungen in unseren Gärten an trockenen, windstillen Flecken das Licht der Welt. Weil die Bodennester oft gut versteckt sind, kann man sie leicht übersehen. Lichtet man Hecken zu sehr aus, verlieren sie ihre schützende Funktion für Wildtiere. Zudem sollte unter Hecken grundsätzlich nicht mit Freischneidern saubergemacht werden. Und Igelfans sollten generell auf Mähroboter verzichten. Denn diese stellen für junge und erwachsene Igel eine ernstzunehmende Gefahr dar. Gleichzeitig führen die Geräte zu einem artenarmen Garten, in dem die Igel weniger Futter finden. Der Natur zuliebe sollte man sie sich also am besten gar nicht erst zulegen.
Später Heckenschnitt spart Arbeit
Hecken sind wertvolle Lebensräume und bieten einen optimalen
Unterschlupf für viele Vögel und einige Säugetiere. Die Tiere ziehen
dort ihren Nachwuchs groß, finden eine gute Versteckmöglichkeit und
ziehen sich auch mal zum Schlafen zurück. Bei vielen Singvögeln gibt es
auch im Sommer eine zweite Brut, die bei einem entsprechenden
Heckenschnitt gefährdet wird. Und auch aus gärtnerischer Perspektive ist
Geduld gefragt. Oft erfahren die Pflanzen einen zweiten Wachstumsschub.
„Wer zu früh zur Heckenschere greift, muss meist ein weiteres Mal
schneiden. Vor jedem Schnitt ist eine gründliche Suche nach bewohnten
Nestern in den Sträuchern unerlässlich. Am besten schneidet man Hecken
in der laubfreien Zeit“, so der Landesvorsitzende.
Hintergrund: Nach § 39, 5 Bundesnaturschutzgesetz dürfen Bäume außerhalb des Waldes,
Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1.
März bis zum 30. September nicht geschnitten, auf dem Stock gesetzt oder
beseitigt werden; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur
Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von
Bäumen. (red)