Fünf Tage Ausnahmezustand: Mottgers feiert Kirmes
Montag, 01.09.2025
von Walter Dörr
SINNTAL - Wenn nicht gerade ein Dorfjubiläum ansteht, wie in 2023 das 1100-jährige Bestehen von Mottgers, dann ist die alljährliche Kirmes die größte Festlichkeit in dem Sinntaler Ortsteil. Der Fußballclub Hermania zeichnet sich für den Erhalt der Tradition verantwortlich und klotzt mächtig ran.
Nicht nur mit dem Aufsagen des Kirmesspruches und einer dieses Jahr 17-köpfigen Bloogesellschaft, im Zelt nahe dem Dorfgemeinschaftshaus wurde wieder ein umfangreiches Musikprogramm geboten. Von rockig hart bis zu stimmungsvollem Blech – für jeden Geschmack war etwas dabei. Highlight war das Gastspiel der populärsten Oktoberfestband „Münchner Zwietracht“ am Samstagabend. Die gestandenen Mannsbilder, alles Vollblutmusiker der Urform, aus der bayerischen Hauptstadt brachten die Stimmung im vollbesetzten Festzelt zum Kochen.
Oktoberfeststimmung an Kirmes
Am Sonntag waren auch viele Gäste gekommen und warteten auf das Aufsagen des Kirmesspruches, der seit dem vergangenen Jahr von der Bloofrau Tabea Zeller erfolgt. „Ban Mond un Sonne sich verdunkeln, un die Sterne nemme funkeln, ban de Bloo erscht Feuer speiht, is in Mudjesch wiere Kirmeszeit, so beschrieb Tabea Zeller auf einer Leiter die aktuelle Jahreszeit. Lange habe man beisammengesessen und wieder aufgeschrieben, „was die leibe Leut“ getrieben haben. Am Weihnachtsmarkt, im nahen „Hof, do brauch mer net zu foarn, kann hiegelaff, esse, tinke un Basteleien gekaff“, passierte die erste Geschichte. Nach ausgibigem Glühweingenuss schaffte es nämlich ein Mudjescher Kerl nicht mehr bis zum Kloo und verrichtete seine Notdurft in der Waschküche. Als das der Hausherr durch den Geruch entdeckte, „dud´n Schrei durch Dorf halle, dieses Schwein werd ich mir kralle.“ Der Bloo riet: „Das nächste Mal triffste bitte das Kloo oder ziehst dir halt ne Pampers ooh“. Der Strohbär, der traditionell am Faschings-Dienstag durch das Dorf zieht, fiel beim Verpacken mit bleichem Gesicht und gesundheitlichen Problemen kurzerhand aus. Selbst ein Krankenwagen sei alarmiert worden, doch das Problem war: kein Strohbär! Auf der Suche „nach einem neuen Exemplar“ gab sich „unsern Frischi en Ruck un schälte sich nei in de Strohschmuck.“ Mit zweistündiger Verspätung konnte die Tradition dann fortgeführt werden.
Ein jubelnder Dank bei der Kirmes. Dass man schlafende Hunde nicht wecken soll, sagt bereits ein altes Sprichwort. Den Milliardär von der Hochstraße störte das aber nicht und wünschte seinem Hund ein gutes Neues Jahr. „So isses dann passiert, der hot die Nose vom Herrche fast obrasiert.“
Millionär mit Tollwutangst
Nachts um vier wurde er ins Krankenhaus gefahren und bandagiert. „wiere in Mudjesch zurück woar sei größt Frach, hot der Hund Tollwut un ich dann aach?“ Also fuhr er direkt zum Klinikum Fulda und hat dort noch eine Spritze bekommen. Eine weitere „Köter-Geschichte“ war im Spruch. Weil ihn der Dackel seines Bruders nicht erkannte, endete das Spielen mit einem Biss und anschließend einen Krankenhausbesuch. „Medikament un de Arm in der Schlaufe, do woar erscht mol Schluss mit Musik un em Saufe. Nur Telefonbanking un kein Dienst in de Kasse, die Veletzung hot nur Homebanking zugelasse,“ berichtete Bloofrau Zeller. Alkohol war auch bei der Relegation des FC Mottgers im Spiel. Das Sportlerheim habe „gebabbt wie Kleister, egal: Mir sein etz Meister“, so hochoben auf der Stehleiter Tabea Zeller. „Ein Tunnel im Tal war jahrzehntelang allen egal,“ berichtete der Bloo. Als Durchgang beim Schlittenfahren oder als Abkürzung von der Grillhütte sei er benutzt worden. Als er als Gäulsstall benutzt und mit einem Tor verschlossen wurde, habe man gestutzt. Ein aufgehängter Teppich sorge jetzt für Staunen. „Zum Beten macht der keinen Sinn, nach Mekka geht’s nämlich woannerscht hin. Ob esoterisch oder religiös – auf jeden Fall sehr misteriös“, beschrieb der Bloo. Dass drei Mottgerser zum Eishockey-Spiel nach Düsseldorf gefahren sind und die Security bemüht werden musste, weil nach ihrer Rückkehr die Karten nicht im Hotelzimmer passten, war im Spruch, denn die Mottgerser hatten Orientierungsschwierigkeiten und waren im falschen Hotel. Nach reichlich Bier hätten „zwei Stratege Scheiße gebabbelt, dass wackeln die Wände, von Gran Canaria un El Klemente“. Neben Kritik an der großen Politik und angeblich dreckigen Trikot der Fußballer, hätten sie sich entschlossen, etwas für die Heimat zu tun und beschrifteten Schilder. „Wahrscheinlich war Google mit eigebonne, denn Rechtschreibfehler hon mir kei gefonne.“ Mit onserner Sprache sin se net vertraut, trotzdem wird ganz Mudjesch ömgebaut. Mit Bagger un Spaten ziehe se los, oh Mann, do geht in die Hos“, leitete Tabea Zell zur Glasfaser-Geschichte über. Nach zwei Wochen sei den Arbeitern erst aufgefallen, dass sie kein Kabel, sondern nur ein Schlauch verlegten. Schlechte Straßen seien in Mottgers bekannt und jetzt habe man noch e paar Dellen mehr neigerannt. „Mir wolle uns gar net beschwern, für 80 Euro dun se jo aach privat ein Quadratmeter teern,“ wusste der Bloo.
Heiße Geburtstagsfeier mit anschließendem Brand
Nach seiner Geburtstagsfeier entsorgte ein Mottgerser die Asche im Gebüsch. Als am nächsten Morgen ganz Mottgers von Qualm überflossen war, musste gelöscht werden. „Nun muss es Wasserfass her, ab zur Hoarmühl, sonst kommt die Feuerwehr. Der sauberste Bulldog in Mudjesch wurd endlich dreckig gemacht, un 3000 Liter von de Sinn zum Kalkofen geschafft. Gottseidank woar es Feuer schnell gebannt, sonst hätte mit es jährliche Thema „Bahngleich in Brand“.“ Dem 20jährigen Verursacher empfahl der Bloo, zur Feuerwehr als Aktiver zu gehen. Mit Blick auf den nächstjährigen Kirmesspruch Sagte Tabea Zeller: „Passt schö auf un gegt schö Ruh, de Mudjescher Bloo is watching you.“
Ausklang am heutigen Montag
Am heutigen Montag geht die Kirmes um 11 Uhr mit einem Frühschoppen mit Dunkelbier und Haxen weiter. Um 16 Uhr starten die gelben Wulleentchen zum traditionellen Entenrennen auf der Sinn. Ab 18 Uhr gibt es Blasmusik vom Musikverein Oberzell und ab 20.30 Uhr tritt die Band „The Jets“ auf.
Die Mudjescher Bloogesellschaft: Elias Stark, Erik Ritter, Finn Müller, Max Heidl, Joel Nietgen, Joshua Schäfer, Julius Kirchner, Lars Diehm, Elias Fröhlich, Joline Schäfer, Louis Kailing, Maylin Frings, Morris Mohr, Nico Goskowitz, Lilly Przewosnik, Marie Stern und Tabea Zeller.
Viel Spaß bei der Fotostrecke unseres Fotografen Walter Dörr.










































