Main-Kinzig-Kreis: Unfallkommission befasst sich intensiv mit Gefahrenpunkten im Straßenverkehr
Mittwoch, 24.09.2025
MAIN-KINZIG-KREIS - Ein weißer VW fährt mit hoher Geschwindigkeit auf der L3445 an Neuberg-Ravolzhausen vorbei in Richtung Erlensee. Auf diesem Abschnitt der Landesstraße darf die Autofahrerin Tempo 50 nicht überschreiten. Ein Schild weist zudem auf den „Unfallpunkt“ hin. Dennoch dürfte sie die zugelassene Höchstgeschwindigkeit deutlich überschritten haben.
„Gewöhnungseffekt“ würde die Unfallkommission da sagen. Kommt es öfters zu Unfällen an einer Stelle im Straßennetz, befasst sich die Kommission damit. Sie bewertet die Lage vor Ort und ordnet Maßnahmen an. Alleine in diesem Jahr bereiste sie 32 Stellen im Kreisgebiet, unter anderem die L3445 an der Einmündung zur Langenselbolder Straße nach Neuberg-Ravolzhausen.
Unfallschwerpunkte und Gefahrenstellen sicherer machen
Nicht zum ersten Mal ist diese Strecke Gegenstand der Beratungen in der Unfallkommission. Sichtbar wird das, wenn man sich die Straße und die Straßenränder genauer beschaut. Straßenmarkierungen wurden verändert, die zulässige Höchstgeschwindigkeit gedrosselt, Schilder versetzt, neue Schilder hinzugefügt. Ziel ist es, Unfallschwerpunkte und Gefahrenstellen wie diese sicherer zu machen. Im Erlass des Landes Hessen ist die Aufgabe genau beschrieben: Die „Verbesserung der Verkehrssicherheit“ solle durch das „Erkennen und Beseitigen von Unfallursachen durch die örtliche Untersuchung von Straßenverkehrsunfällen“ erfolgen. Und dafür treten die Fachleute jedes Jahr zusammen.
Der Unfallkommission gehören die Polizei, Hessen Mobil und die Straßenverkehrsbehörde des Main-Kinzig-Kreis an. Sie ist zuständig für die Bundes-, Landes- und Kreisstraßen im Main-Kinzig-Kreis – zusammen immerhin mehr als 1.000 Straßenkilometer. Die Federführung liegt beim Main-Kinzig-Kreis im Amt für Sicherheit und Ordnung, Migration und Integration.
„Am liebsten wäre es den Mitgliedern, wenn sie sich über keinen echten Unfallschwerpunkt unterhalten müssten“, erklärt Andreas Hofmann, Erster Kreisbeigeordneter und zuständiger Dezernent. „Das ist aber leider utopisch. Die Gesamtzahl an Unfällen in der Region ist zuletzt leicht zurückgegangen, aber alleine im vergangenen Jahr sind auf Bundes-, Landes- und Kreisstraßen im Main-Kinzig-Kreis neun Menschen tödlich verunglückt.“
Für die Verkehrssicherheit regelmäßig vor Ort
Mindestens
einmal im Jahr tagt die Unfallkommission. Die Mitglieder begutachten die
Gefahrenstellen dabei vor Ort, schauen sich die Beschaffenheit der
Straßen, die Kurven, die Beschilderung, die Sichtweite, die
Unfallhistorie und noch einige Faktoren mehr an. „Tagen“ kann man dabei
wörtlich nehmen: Die Bereisung sämtlicher Gefahrenstellen erstreckt sich
über einen ganzen Tag. Es geht schon mal von Sinntal bis nach Maintal,
je nach Unfallstatistik und Meldungen. Die Unfallhäufungsstellen werden
nach den Kriterien des entsprechenden Erlasses des Landes Hessen
definiert und ausgewählt. In diesem Jahr kamen auf diese Weise 32
Straßenabschnitte zusammen. Gibt es dringliche neue Fälle, tagt die
Unfallkommission auch öfter. In diesem Jahr werden es insgesamt drei
Treffen sein.
Der Einmündungsbereich nach Neuberg-Ravolzhausen
auf der L3445 gehört zu den Verkehrsknotenpunkten mit erhöhter
Unfallhäufigkeit. Für den Zeitraum von 2021 bis 2024 hat die Kommission
insgesamt 22 Vorkommnisse ausgewertet. Dabei handelte es sich um 14
Unfälle beim Abbiegen nach Ravolzhausen und um acht Unfälle beim
Einbiegen auf die Landesstraße von Ravolzhausen beziehungsweise „Bei den
Tongruben“ kommend. Zu welcher Uhrzeit haben sich die Unfälle ereignet?
Welche Ursache lag zugrunde? Was hätte den Unfall weniger
wahrscheinlich gemacht? Die eine allgemeingültige Antwort gibt es meist
nicht. Und doch versucht die Kommission, wirksam die Unfallgefahr zu
senken. Dazu gehört auch, in Kooperation mit den Städten und Gemeinden,
die Geschwindigkeiten zu messen. Im konkreten Fall auf der L3445 fuhr
bei verschiedenen Messungen im Jahr 2023 etwa jeder 18.
Verkehrsteilnehmer zu schnell. Verschiedene Messungen über das Jahr 2024
zeigten keine Besserung: Sogar jedes elfte Fahrzeug war zu schnell.
Unfallkommission behält Gefahrenstellen im Blick
Die
„Verbesserung der Verkehrssicherheit“ ist auf manchen Strecken also
eine langwierige Aufgabe, während andere Gefahrenstellen hinzukommen
können. Wie zum Beispiel die Kreuzung Hauptstraße/Bahnhofstraße in
Bruchköbel, die von der Unfallkommission in diesem Jahr in den Blick
genommen wurde: Das aktuelle Unfallgeschehen war Anlass dafür, die
Stelle vor Ort zu begutachten. Ist die Ursache für die Unfälle die
Erkennbarkeit der Ampel? Oder liegt es daran, dass die Kreuzung
unübersichtlich ist? Oder schlicht daran, dass die Ampel in der Nacht
auf gelbes Blinklicht umgestellt ist? Insgesamt wurden mehrere mögliche
Ansatzpunkte erkannt und erste Änderungen vorgenommen, etwa bei den
Stop-Schildern in der Bahnhofstraße.
Zu einer höheren Zahl an Unfällen ist es in jüngster Zeit auch in Steinau-Marjoß gekommen. Insbesondere in den Kurvenlagen der L3196 verletzten sich Motorradfahrer durch Stürze, teils mit erheblichen gesundheitlichen Folgen. Aus diesem Grund wird es noch in diesem Jahr ein Sondertreffen der Unfallkommission geben, um über die Situation auf der Strecke zu beraten. Als denkbare Lösungen kommen eine deutlichere Beschilderung und durchgezogene Fahrbahnmarkierungen in kritischen Abschnitten in Betracht – weitere Schritte nicht ausgeschlossen.
„Die Mitglieder der Unfallkommission machen es sich nicht leicht. Sie haben die Erfahrung und Expertise, was eine Unfallgefahr reduzieren kann und was rechtlich möglich ist. Das sind nicht immer die drastischen Sofortmaßnahmen, die sich manche Anwohnerinnen und Anwohner vielleicht wünschen“, sagte Erster Kreisbeigeordneter Andreas Hofmann. „Die Vielzahl an Beispielen, wie sich die Unfallgefahr nachhaltig hat verringern lassen zeigt den Erfolg der beständigen Sacharbeit.“ (red)

