Ein Friedhof als begehbares Geschichtsbuch
Dienstag, 25.11.2025
von Walter Dörr
SINNTAL - Er ist ein einzigartiges historisches Kulturdenkmal in Altengronau: der jüdische Friedhof.
Hoch oben auf dem Grauberg, südöstlich von Altengronau, gelegen, gilt er als der schönste jüdische Friedhof in Hessen. Mit einer Fläche von 8.887 Quadratmetern und 1.489 Grabsteinen ist er zudem der zweitgrößte. Wer hätte das gedacht?
1661/62 wurde der Friedhof als Verbandfriedhof angelegt. Das heißt, es fanden neben Juden aus Altengronau, Sterbfritz, Oberzell und Züntersbach auch welche aus Bad Brückenau, Burgsinn, Detter, Heubach, Lohrhaupten, Mittelsinn, Rieneck, Uttrichshausen, Völkersleier und Zeitlofs hier ihre letzte Ruhe.
Der Friedhof, der dem Landesverband der jüdischen Gemeinden in Hessen, gehört, ist für jedermann offen und kann besucht werden. Nur an den jüdischen Fest- und Fasttagen sowie am Shabbat ist das Betreten verboten. Mit dem Auto kommt man über einen schmalen Flurweg bis an die massive Sandsteinmauer, die den abschüssigen Friedhof unten begrenzt. Stilvoller ist aber der Aufstieg zu Fuß über das "Judenpflaster", ein sehr steiler 250 Meter langer mit Sandsteinen gepflasterter Weg, auf dem früher die Verstorbenen in üblicherweise schmucklosen Särgen mit einem Leichenwagen zum Friedhof gebracht wurden. Und weil der Weg so steil ist, musste schon mal ein Sechserpferdegespann mächtig ziehen.
Gräber reichen zurück bis ins 17. Jahrhundert
Durch eine hölzerne Tür betritt man den Friedhof. Der Blick fällt direkt auf das Totenhaus, ein Sandsteinbau, in dem die Verstorbenen auf einem kniehohen Steintisch gewaschen und dann in ein Tuch gehüllt wurden. Besonders die Grabsteine im unteren Teil des Friedhofs (die ältesten Stelen sind von vom Ende des 17. Jahrhunderts), stehen in Reih und Glied ausgerichtet nach Osten in Richtung Jerusalem. „Tote“ Blätter von den uralten Bäumen bedecken den Waldboden. Die braunen, roten und gelben Farbnuancen des Laubes sind ein schmückender Farbtupfer.
Jüdische Gräber kommen im Gegensatz zu den christlichen ohne Blumenschmuck oder Kränze daher, die Grabsteine aus Sandstein oder Granit sind schlicht und ohne Goldschrift. Der Name des Toten mit Angaben seiner Herkunft und das Sterbedatum ist stattdessen in hebräischer Schrift in den Stein gemeißelt. Teilweise schmücken den oberen Teil Zeichen und Kultgegenstände, wie eine Menora, ein siebenarmiger Leuchter, Davidsterne, segnende Hände oder verschiedene Wappentiere wie Löwen (Wappentier Judas), Hirsche, Adler oder eine Taube.
Ein beeindruckendes Erlebnis
Bei Gräbern, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts angelegt wurden, dienen Säulen, Obelisken oder Minitempel als Grabsteine. Auch sind sind die Inschriften nicht mehr nur in hebräischer sondern auch in deutscher Sprache gehalten. An dem heiligen Ort darf übrigens nichts verändert werden. So sind auch viele Gräber zu sehen, deren Grabsteine mit den Jahren eine Schieflage bekamen.
Anders als im christlichen Glauben haben Juden ein Recht auf ein ewiges Grab. Sprich: die Gräber werden nicht nach einer gewissen Zeit eingeebnet. Auch das macht den Friedhof zu einer besondere Sehenswürdigkeit, die einen Besuch lohnt.
Ein Rundgang über das jahrhundertealte Gelände ist ein beeindruckendes Erlebnis. Wer mehr wissen möchte, kann sich in verschiedenen Schriften informieren. In unregelmäßigen Abständen bietet der Naturpark Hessischer Spessart Rundgänge über den Friedhof an (www.naturpark-hessischer-spessart.de).




























































