Strohbär vertreibt böse Geister: Seit über 100 Jahren leben die Mottgerser die Tradition
Mittwoch, 26.02.2020
von DIETMAR KELKEL
SINNTAL - In Mottgers hält die Strohbär-Jugend eine alte Tradition hoch. Immer am Faschingsdienstag zieht die Gruppe mit einem Strohbären durch das Dorf, geht von Haus zu Haus und sammelt Spenden ein. „Beim Bäcker bekommen wir Brot und Brötchen, die Mottgerser versorgen uns mit Hausmacher Speck, Wurst und Eiern. Mancher spendiert uns einen Schnaps oder ein paar Euro. Anschließend wird im Hasenheim ordentlich gefeiert und Eier mit Wurst gegessen“, berichtete Max Heidl.
Seit über hundert Jahre gebe es diesen Brauch, mit Hexen und dem Strohbären die bösen Geister zu vertreiben. „Damals gab es im Dorf keine Kirmes mehr, weil an Kirchweih ein Mann ermordet worden war. Damit dennoch gefeiert werden konnte, kamen unsere Vorfahren auf den Strohbären, vermutlich eine Figur aus der fränkischen Fastnacht“, erzählte Max Heidl. Allerdings sei der Brauch auch im Vogelsberg stark verbreitet. Vielerorts gelte der Strohbär als Symbol der Wintervertreibung.
Ohne seine Hexen wäre Strohbär Hendrik Müller aufgeschmissen. Denn durch die vielen Bündel Stroh seines rund 30 Kilogramm schweren Kostüms kann er sich kaum bewegen oder laufen. Zu viert muss man ihn aus dem großen Bollerwagen hieven.
Seit rund einem Jahrzehnt werde der Strohbär daher gezogen. Davor sei er in Ketten gelegt worden und musste selbst von Tür zu Tür laufen, kann sich Heidl noch erinnern.
Zu dem Brauch gehört es traditionell dazu, dass Strohbär und Hexen in der Grundschule die Schulkinder "befreien", die dann mit durchs Dorf laufen. „Montag und Dienstag war aber schulfrei. Wer dennoch mitlaufen wollte, hat an der Schule auf uns gewartet.“
Der 22-jährige Hendrik Müller aus Sterbfritz verkörpert seit fünf Jahren den Strohbären. „Obwohl das eigentlich den Einheimischen vorbehalten bleibt“, so Max Heidl. Aber Hendrik gehöre zur Strohbär-Jugend und habe ja Mottgerser Wurzeln. +++