HANAU

Die Mauer der Trauer: Eine Stadt zwischen Alltag und Fassungslosigkeit

Die Mauer der Trauer in der Metzgerstraße - Fotos: Moritz Pappert


Dienstag, 03.03.2020
von MORITZ PAPPERT

HANAU - "Gökhan war mein Kumpel". Ein Mann steht vor der Midnight-Bar, ist nachdenklich und trauert um seinen Freund. Gökhan Gültekin starb bei dem Attentat von Hanau. "Er war immer ein ruhiger Typ. Ich wohne schon seit meiner Geburt hier, so etwas habe ich noch nicht erlebt. Hier stimmt doch etwas nicht, oder?", fragt der Mann mit türkischen Wurzeln. Auch knapp zwei Wochen nach der Tat ist in Hanau noch lange nichts wie es mal war. Die Menschen kommen an die Tatorte, legen Blumen und Kerzen nieder. Sie sind fassungslos. 

Zwei Männer kommen vorbei. Bei einem Bild, auf dem alle Opfer abgebildet sind bleiben sie stehen. "Ich habe die fast alle gekannt", sagt der eine zu seinem Kumpel. Beim Blick in die Bar "La Votre", direkt neben der Midnight-Bar sieht man Schilder der Spurensicherung. An der Theke, sowie an der Wand dahinter sind Einschusslöcher zu erkennen. Die Tür ist von der Polizei versiegelt worden. Auch am Montag sind noch zahlreiche Fernsehteams vor Ort.

Einschusslöcher in der La Votre
Einschusslöcher in der La Votre
Hier schrieb der Täter seine URL an die Mauer
Hier schrieb der Täter seine URL an die Mauer

Die Mauer der Trauer

Auch am Marktplatz stehen die Leute vor dem Grimm-Denkmal, und trauern um die Opfer. Eine Frau zündet Kerzen an, die der Regen erloschen hat. Die Stimmung ist bedrückt. Verstehen kann das alles hier niemand. Auf einer Wand des Kultur-Zentrums „Metzgerstraße 8" stehen die Namen der zehn Opfer in riesigen Graffiti-Buchstaben. Eine Mauer der Trauer.

Am zweiten Tatort, an der Arena Bar am Kurt-Schumacher-Platz steht eine Gruppe Schulkinder vor dem Kiosk. Sie reden über die Tat und die Opfer, die sie kannten. In der Nähe war die URL der inzwischen gelöschten Internetseite des Hanau-Terroristen auf die Wand einer Unterführung gesprüht worden. Die Polizei hat den Schriftzug inzwischen übermalt. Wenige Meter weiter durchsuchen Ermittler noch immer das Wohnhaus des Täters.

Aus der Arena Bar kommt ein Mann heraus. Er gibt den Kindern Süßigkeiten. Eine Frau mit Kopftuch erzählt, dass sie einige der Opfer immer mal vor dem Kiosk gesehen hat. Vor dem Bild von Ferhat steht eine Flasche Eistee. "Man erzählt sich, dass er gerade was zu trinken und essen bestellt hat, als der Täter reinkam. Den Eistee hat er noch bekommen. Zu der Pizza kam er nicht mehr. Ich hoffe das war das erste und das letzte Mal, dass so etwas passiert ist", sagt sie. +++

Einschusslöcher in der La Votre
Einschusslöcher in der La Votre
Das Wohnhaus von Tobias R.
Das Wohnhaus von Tobias R.