Profis bei der Arbeit (8): Unterwegs auf der Autobahn mit Straßenwärter Hans Werner Günther

Montag, 09.03.2020
von JOANA GIBBE
LANGENSELBOLD - „Fließbandarbeit wäre für mich der Tod“, erklärt Hans Werner Günther, während er ganz selbstverständlich über den Seitenstreifen der A 66 spaziert. Als Straßenwärter gehört die Bundesautobahn zu seinem täglichen Arbeitsplatz. Die vorbeisausenden Autos und LKWs scheinen Günther nach über 10 Jahren bei der Autobahnmeisterei Langenselbold nicht weiter zu beeindrucken: „Ich konzentriere mich auf die Arbeit, den Rest bekommt man irgendwann gar nicht mehr mit.“
Doch was sind eigentlich die Arbeiten der Männer und Frauen in orange? Von Häckseln, Heckenschneiden, Arbeiten an den Entwässerungsanlagen, Kehren über das Absichern und Aufräumen von Unfallstellen bis hin zum Schneeschieben, Streuen und vielem mehr erstrecken sich die vielseitigen Aufgaben der Straßenwärter - stets mit dem Ziel, die „Verkehrssicherheit herzustellen“ und aufrechtzuerhalten. Genau das Richtige also für Günther, für den „monotone Arbeit“ nicht in Frage kommt. „Ich kann nie genau vorhersagen, was ich heute mache“, erklärt der 40-jährige Straßenwärter von Hessen Mobil. Gerade auch durch die unzähligen Verkehrsteilnehmer sei die Arbeit oft „unvorhersehbar“. Die geforderte Flexibilität und Teamfähigkeit sowie die großen Maschinen, die es zu bedienen gilt, machen die Arbeit für Günther aber gerade so reizvoll.
Dabei kann der Job auch seine Kehrseite haben, wenn es zu Unfällen zwischen Verkehrsteilnehmern und Straßenwärtern kommt. Denn das „Verhalten der Autofahrer wird immer rücksichtsloser“, erklärt Günther. „Sie fahren uns buchstäblich den Hintern weg“, fährt er fort. Doch was scherzhaft klingt, ist manchmal bittere Realität, die ihre Opfer fordert. Eine psychische Belastung, die der körperlichen in nichts nachsteht. Auch Günther selbst ist schon mal jemand „auf den Unimog gefahren“, seinem über acht Tonnen schweren Gefährt, mit dem er seit zwei Jahren „fast ständig unterwegs ist“. Nicht immer geht es allerdings so glimpflich aus.
„Ein dickes Fell“ sollte ein Straßenwärter also mitbringen. Denn nicht nur die Gefahren, denen sie selbst täglich ausgesetzt sind, können belastend sein. Bei den meisten ist man der „Buhmann“ und das, obwohl sie bei Unfällen oftmals auch als mentale Stütze agieren, erklärt der begeisterte Handwerker. Alle zwei Jahre steht deswegen auch ein Erste-Hilfe-Kurs auf dem Plan.
Gerade das Thema Rettungsgasse spielt daher auch für die orangenen Allrounder eine große Rolle. Da die Fahrzeuge der Autobahnmeisterei kein Blaulicht haben, wird das Durchkommen zur Unfallstelle immer wieder zur Herausforderung. Dabei besitzen sie Sonderrechte, von denen nur die wenigsten Autofahrer zu wissen scheinen. So dürfen Fahrzeuge der Autobahnmeisterei ebenso wie Rettungskräfte durch die Rettungsgasse fahren. Diese Einsicht haben jedoch leider die wenigsten und versperren teils absichtlich die Wege für die Straßenwärter. Ohne darüber nachzudenken, dass die Unfallstelle oftmals geräumt werden muss, was wiederum zum Arbeitsfeld der Autobahnmeisterei zählt. In vielen Fällen kann dies also zu weiteren Verzögerungen führen, an denen doch eigentlich keiner interessiert ist.
Bei all der physischen und psychischen Belastung, denen sich die Straßenwärter Tag für Tag – durch die Rufbereitschaft auch rund um die Uhr – stellen, dürfen auch amüsante Momente nicht zu kurz kommen. Gerade beim Aufsammeln von Müll auf Parkplätzen und entlang der Strecken sind den Kuriositäten scheinbar keine Grenze gesetzt. Von ganzen Küchenausstattungen bis hin zu „Pornoheftchen und Gummipuppen“ ist alles dabei, berichtet Günther. Insgesamt werde „der Müll immer schlimmer“. Ganze Säcke voll Haushaltsmüll – der, wie der Name schon verrät zu Hause entsorgt werden sollte – werden auf Raststätten und Parkplätzen abgeladen.
Mit rund 175 Kilometern Strecke zählt die Autobahnmeisterei in Langenselbold zu einer der größten in ganz Hessen. Dabei sind die Straßenwärter für die Bundesautobahnen A 45, von Wölfersheim bis Alzenau, und A 66, von Bergenenkheim bis Steinau an der Straße, sowie für die Bundesstraße B 43a rundum Hanau Wolfgang und die Landstraße L3209 bis Kesselstadt zuständig. Die Arbeit verteilt sich dabei rund um die Strecke und hört nicht „am Straßenrand auf“, betont Günther. Parkplätze und Bepflanzungen sowie Lärmschutzwände fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Autobahnmeisterei.
„Die Tätigkeit einer Straßenwärterin bzw. eines Straßenwärters sind sehr interessant und abwechslungsreich. Die Arbeit im Team macht mir sehr viel Spaß. Jeden Tag an der frischen Luft in modernen Fahrzeugen unterwegs zu sein, ist für mich sehr erfüllend.“ Mit diesen Worten verabschiedet sich Hans Werner Günther und steigt wieder in seinen Unimog. +++