Sozialmedizinische Nachbetreuung: Bunter Kreis geht in Hanau an den Start
Dienstag, 10.03.2020
HANAU - Es ist eine extrem herausfordernde Situation, und 40.000 Familien in Deutschland werden jedes Jahr damit konfrontiert: ein Baby kommt zu früh zur Welt, ein Kind wird chronisch krank oder verunglückt. Doch während in der Zeit der medizinischen Behandlung im Krankenhaus viele Strukturen vorgegeben und die Kinder rundum versorgt sind, fühlen sich Eltern oft überfordert, wenn sie mit ihrem Nachwuchs in den Alltag entlassen werden. Hier setzt der Bunte Kreis an, ein Modell, das Familien in der Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt Betreuung und Unterstützung ermöglicht. Nach Frankfurt, wo es zwei Angebote gibt, Wiesbaden, Gießen, Marburg, Fulda und Kassel ist Hanau nun die achte Stadt in Hessen, die den Bunten Kreis ins Leben gerufen hat. Und die erste im Main-Kinzig-Kreis.
Am Klinikum Hanau ist deshalb die Freude groß, betroffene Familien in der Region künftig auch über die Zeit der intensiven Klinikbetreuung hinaus begleiten zu können. Eine solche organisierte und richtig dosierte Nachsorge trage in entscheidender Weise zum Behandlungserfolg bei, betonte Klinikums-Geschäftsführer Volkmar Bölke vergangene Woche beim offiziellen Kick-off – dankbar, in schweren Zeiten wie diesen auch wieder einmal gute Nachrichten verkünden zu dürfen. Zu verdanken ist das nicht zuletzt Beate Kleemann, Leiterin des Bunten Kreises Hanau, und Martina Wichels, Vorsitzende des Fördervereins Sterntaler, die sich beide unermüdlich für die Etablierung des Modells in der Grimmstadt eingesetzt hatten.
Wie Dr. Bernhard Bungert, Sektionsleiter der Neonatologie am Klinikum Hanau, erläuterte, habe sich in verschiedenen Studien gezeigt, dass die Gefahr von Komplikationen und Folgeerkrankungen steige, wenn die betroffenen Familien beim Übergang von der Klinik nach Hause nicht begleitet werden. In einer für Familien oftmals hochbelasteten Situation fehle bisweilen der Blick für die Notwendigkeiten – mit weitreichenden Folgen für die Kinder, aber auch für das Gesundheitssystem. Insofern habe eine sozialmedizinische Nachsorge, wie sie der Bunte Kreis vorsieht, zugleich eine Vorsorgefunktion: erneute Klinikaufenthalte ließen sich vermeiden und betroffenen Kindern zugleich die bestmöglichen Ausgangsvoraussetzungen schaffen.
Das Angebot richtet sich an Familien mit Kindern zwischen 0 und 14 Jahren, in besonders schwerwiegenden Fällen auch bis zum 18. Lebensjahr. Über einen Zeitraum von mindestens 12 und maximal 48 Wochen kann sich die Betreuung erstrecken. Dabei geht es darum, Eltern bei der Krankheitsbewältigung zu unterstützen und zu motivieren, die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern. Ängste sollen abgebaut und die Eltern ermutigt und angeleitet werden. Auch wenn dabei naturgemäß das kranke Kind und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt stünden, sei der Ansatz ein ganzheitlicher und schließe auch Geschwisterkinder und das gesamte Lebensumfeld mit ein, betonte Kleemann. (GNZ)+++