MAIN-KINZIG-KREIS

Von wegen "Rettungsschirm": "Spahn lässt Krankenhäuser im Stich"

Landrat Thorsten Stolz - Foto: Laura Struppe


Sonntag, 22.03.2020

MAIN-KINZIG-KREIS - Als die Corona-Pandemie in den vergangenen Wochen zunehmend ernster für Deutschland wurde, zögerten die hiesigen Krankenhäuser nicht, umgehend drastische Schritte zu gehen, um sich schnellstmöglich auf die Versorgung zahlreicher Covid-19-Patienten vorzubereiten. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn forderte die Kliniken auf, planbare Aufnahmen, Eingriffe und Operationen abzusagen, um Kapazitäten zu schaffen.

"Die Krankenhäuser haben geliefert und ihren Teil unverzüglich umgesetzt", erklärt Thorsten Stolz, Landrat und Aufsichtsratsvorsitzender der Main-Kinzig-Kliniken: „Doch das Gesundheitsministerium in Berlin lässt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Krankenhäuser nun im Stich.“ Mit dem uneingeschränkten Verzicht auf planbare und elektive Eingriffe sind den Kliniken dringend benötigte Einnahmen weggebrochen. „Bei Allgemeinkrankenhäusern liegt der Anteil der planbaren Eingriffe bei rund 50 Prozent. Das sind Erlöse, die derzeit fehlen und uns vor erhebliche finanzielle Schwierigkeiten stellen“, erläutert Dieter Bartsch, Geschäftsführer der Main-Kinzig-Kliniken und Vizepräsident der Hessischen Krankenhausgesellschaft (HKG). Doch Spahn habe in einem Schreiben an die Krankenhäuser eine schnelle, unkomplizierte finanzielle Unterstützung zugesagt. Er versicherte darin, dass die dadurch entstehenden wirtschaftlichen Folgen für die Kliniken ausgeglichen würden und kein Krankenhaus dadurch ins Defizit komme.

Seit Samstag liegt nun der Gesetzentwurf zu diesem angekündigten Rettungsschirm vor. „Der Entwurf ist eine bittere Enttäuschung für alle Krankenhausmitarbeiter, die schon heute bis an ihre Grenzen gehen“, lautet Stolz‘ erstes Reaktion. Und auch Bartsch ist entsetzt: „Wird das Gesetz in dieser Form realisiert, gehen die Kliniken in die Knie und werden binnen kürzester Zeit zahlungsunfähig sein.“ Konkret beinhaltet der Gesetzentwurf: Es wird keinen einzigen Euro für die hohen Mehrkosten für die persönliche Schutzausrüstung der Mitarbeiter geben. Die finanziellen Hilfen zur Schaffung der von der Politik so vehement geforderten zusätzlichen Intensivplätze sind viel zu niedrig angesetzt. Und als Höhepunkt verlangt das Ministerium von den Krankenhäusern, dass in einem klein-klein mit den Krankenkassen sogar die Personalkosten für Krankenschwestern und Pfleger ausgehandelt werden sollen.

Landrat Stolz: "Das ist in der aktuellen Lage eine Zumutung"

Landrat Stolz: „Das ist in der aktuellen Lage eine Zumutung! Unsere Krankenhäuser ringen um jeden zusätzlichen ärztlichen und pflegerischen Mitarbeiter, um für die Versorgung Schwerstkranker parat zu stehen. Und während es im Gesundheitsministerium zuerst hieß, die Kliniken müssten sich um die Finanzierung weiterer Pflegekräfte keine Sorgen machen, ist das nun das Ergebnis.“ Die Krankenhäuser in Deutschland hätten das Potential, Situationen wie in Italien und Spanien zu verhindern; allerdings nur mit entsprechend politischer Unterstützung, betonte der Landrat.

Ein Eckpunktepapier der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), in dem die notwendigen Maßnahmen benannt wurden, sei in dem vorliegenden Gesetzentwurf völlig ignoriert worden, wie Bartsch berichtet. Vor den Forderungen des GKV-Spitzenverbandes, dem Spitzenverband der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen, sei Spahn jedoch eingeknickt. „Wer ist denn bei der Bewältigung dieser nie dagewesenen Herausforderung, wie wir sie aktuell erleben, das Rückgrat unserer Gesundheitsversorgung? Krankenhäuser, die schon geschwächt in die Situation gegangenen sind, oder Krankenkassen, die auf Milliardenbeträgen sitzen, die eigentlich für die Versorgung gedacht sind?“, formuliert Bartsch spitz.

So fordert auch Landrat Stolz: "Ich bin sicher, dass unsere Bürger keinerlei Verständnis für diese Art von Politik haben. Der Rettungsschirm ist ein löchriges Cocktailschirmchen, gar eine Unverschämtheit. Wer erst unseren Krankenhausträgern, Patienten und Beschäftigten verspricht, sie in der Krise zu unterstützen und jetzt so wenig Geld wie möglich bereitstellen will, dem sagen wir öffentlich unsere Meinung. Das dürfen wir so nicht zulassen. Das sind wir vor allem unseren Mitarbeitern schuldig, die ihre ganze Kraft in die Bewältigung der Corona-Krise stecken." (pm) +++

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