GELNHAUSEN

Neues Zuhause für viele Hunde: Corona-Auswirkungen im Tierheim

Peewee (links) und Lilly suchen ein gemeinsames Zuhause. - Fotos: Carina Jirsch


Samstag, 13.06.2020
von JOANA GIBBE

GELNHAUSEN - Seit Monaten schränkt das Corona-Virus unseren Alltag ein, nach dem Lockdown erfreuen wir uns nun an immer mehr Lockerungen. Auch im Tierheim Gelnhausen kehrt allmählich wieder etwas Normalität ein. Doch wie erging es eigentlich den Tieren und Mitarbeitern während des Lockdowns und wie hat sich die Pandemie auf das Tierheim ausgewirkt? KINZIG.NEWS hat bei Tierheim-Leiterin Corina Wink nachgefragt.

Wie für die meisten, war der Lockdown auch für das Tierheim „beängstigend, erschreckend und völlig neu“, erklärt die Hundetrainerin. Einen gewissen Vorteil habe man aber gehabt. Denn auch wenn es noch nicht so weit kam, ist das Tierheim stets auf den Ernstfall vorbereitet. Wenn zum Beispiel eine Seuche ausbricht, muss das Tierheim ebenfalls schließen und steht unter Quarantäne. Die „komplette Umsetzung der Maßnahmen war damit weniger ein Problem“, berichtet Wink. „Wir kennen es, schnell auf niedrigem Niveau zu arbeiten“, daher „waren wir nicht ganz so gelähmt. Merkwürdig war es aber trotzdem“, so die 44-Jährige. Am schlimmsten war „die Stille, auch draußen in der Welt. Weil keiner so genau wusste, was passiert“.

Seit fast 30 Jahren arbeitet Tierheim-Leiterin Corina Wink im Tierheim Gelnhausen.
Seit fast 30 Jahren arbeitet Tierheim-Leiterin Corina Wink im Tierheim Gelnhausen.
Maskottchen Schnecke wird nicht mehr vermittelt und gehört zur Tierheim-Familie.
Maskottchen Schnecke wird nicht mehr vermittelt und gehört zur Tierheim-Familie.
Auch Balou hat es sich im Tierheim gemütlich gemacht und wird aufgrund von Krankheit nicht mehr vermittelt.
Auch Balou hat es sich im Tierheim gemütlich gemacht und wird aufgrund von Krankheit nicht mehr vermittelt.

Hohe Nachfrage nach Hunden – auch schwarze Schafe unter den Tierschutzvereinen

Doch auch wenn das Tierheim nicht wie üblich öffnen konnte, stoppte die Vermittlung von Tieren nicht – ganz im Gegenteil. Denn was die Pandemie auch mit sich brachte: Viele Menschen, die viel Zeit zu Hause haben und nun die Gelegenheit sahen, einem Tier ein neues Heim zu bieten. „Gerade auch, weil viele nicht wie vielleicht geplant in den Urlaub fahren können“, sind die Anfragen nach Tieren zahlreich, erklärt Wink. Schon in den ersten Tagen des Lockdowns seien hunderte von Anfragen im Tierheim eingegangen, viele „leicht vermittlungsfähige Tiere konnten somit relativ schnell an gute Plätze und viele tolle Menschen vermittelt werden“. Vor allem Hunde seien gefragt. Aktuell beherbergt das Tierheim gerade mal noch 60 Hunde statt wie üblich bis zu 110 Hunden. Auch viele „Langsitzer“, also Hunde, die bereits eine längere Zeit im Tierheim auf neue Besitzer warteten, konnten in dieser Zeit vermittelt werden, freut sich die Tierheim-Leiterin. Für Interessenten von außerhalb lief die Vorstellung der Hunde dann auch gerne mal per Videochat, berichtet Wink.

Von den vielen Anfragen „profitierten“ aber leider auch einige schwarze Schafe unter den ausländischen Tierschutzvereinen, die Tiere aus dem Ausland direkt an die neuen Besitzer ausliefern, warnt die Hundetrainerin und berichtet von zahlreichen Anrufen besorgter neuer Hundebesitzer, die schlicht weg überfordert waren. Denn während das Tierheim die Tiere einschätzt und auf Verhaltens- und Gesundheitsmerkmale aufmerksam macht – was viele Interessenten abschrecke – verschweigen diese Tierschutzvereine solche Details schlichtweg, kritisiert die erfahrene Tierpflegerin. Nur wenige solcher Vereine nähmen die Tiere dann auch wieder zurück. „Solche Vereine gehören bestraft“, fordert Wink, denn es sei nicht nur dem Tier, sondern auch den Menschen gegenüber unfair. Neben dem „Vertrauensmissbrauch“ nehmen solche Vereine auch „Menschengefährdung“ in Kauf, erklärt die 44-Jährige. „Regierungsbehörden und Veterinäramt“ müssten in dieser Hinsicht dringend aktiv werden, denn „die Leute gehören aufgeklärt“.

Die Angst und Vorurteile der Menschen, das Tierheim halte nur „schwierige Hunde“ sei dagegen falsch. Der Tierheim-Leiterin ist es jedoch ein Anliegen, alle über das Tier bekannten Merkmale zu erwähnen, betont sie. Von Tieren, die ein neues Heim finden und wegen unerwähnter Eigenschaften plötzlich zur Belastung werden und letztendlich wieder im Tierheim landen, habe immerhin keiner etwas. 

Rund 60 Hunde warten im Tierheim Gelnhausen noch darauf, eine neue Familie zu finden.
Rund 60 Hunde warten im Tierheim Gelnhausen noch darauf, eine neue Familie zu finden.
Carmen kümmert sich seit vielen Jahren ehrenamtlich um die Hunde im Tierheim.
Carmen kümmert sich seit vielen Jahren ehrenamtlich um die Hunde im Tierheim.

Spannende Zeit mit Vor- und Nachteilen

In der Zeit des Lockdowns konnten aber nicht nur zahlreiche Tiere erfolgreich vermittelt werden, auch für die Tierheim-Bewohner war mehr Zeit übrig. Zwar blieben die alltäglichen Aufgaben für die Tierpfleger gleich, durch die Schließung habe man sich aber noch intensiver um die Tiere kümmern können. Auch die Stamm-Spaziergänger, die unter Auflagen mit den Vierbeinern ins Grüne durften, profitierten von längeren Gassi-Zeiten. Die Hunde selbst schienen die Ruhe ebenfalls zu genießen, berichtet Wink, denn „manchmal ist weniger eben mehr“. Durch „weniger Umtrieb, sind auch die Stresshormone runtergefahren“. Dennoch sei es eine Gratwanderung gewesen. Denn die „Begegnungsstätte“, die das Tierheim auch sei, habe unter dem Lockdown gelitten, erklärt die Leiterin. Gut vermittelbare Hunde hätten zwar trotz des Lockdowns neue Besitzer gefunden, für die weniger gut zu vermittelnden fehlten aber die Besucher. „Oft ist es auch so, dass Interessenten wegen eines speziellen Hundes kommen und sich dann doch für einen anderen Hund entscheiden, von dem sie dachten, er sei zu schwierig oder ähnliches“, berichtet Wink. Viele Neuankömmlinge gibt es außerdem nicht, was auch der zeitweisen Grenzschließung zuzuschreiben ist. 

Mittlerweile hat das Tierheim in Gelnhausen aber wieder offen und freut sich, Interessenten und Tierfreunde begrüßen zu können. Durch den starken „Zusammenhalt, viele Hilfsangebote und dadurch, dass wir weiter vermitteln konnten“, ist das Tierheim vorerst gut durch die Krise gekommen. Das alljährliche Tierheimfest am 27. Juni kann aber trotzdem nicht stattfinden. 

„Ich bin gespannt, wie es weiter geht“, betont Wink. „Im Moment sind wir gut dran, aber die Rechnung ist noch nicht geschrieben.“ Es ist „wichtig, guten Rückhalt und Rücklagen zu haben sowie vernünftige Notpläne“. Der eigentliche Kreislauf von der Vermittlung von Tieren und der Aufnahme neuer Tiere sei etwas ins Stocken gekommen, erklärt die Tierheim-Leiterin. Außerdem bleibt zu hoffen, dass die wegen „Corona-Freizeit“ vermittelten Tiere auch dann noch gewünscht sind, wenn der Alltag wieder zurück ist. Im Moment blickt Wink aber positiv in die Zukunft und freut sich für die Vierbeiner, die ein „schönes neues Zuhause gefunden haben“. 

Welche liebenswerten Vierbeiner noch auf der Suche nach einem neuen Zuhause sind, erfahren Sie unter www.tierheim-gelnhausen.org +++

Tierpflegerin Steffi mit Hündin Lina.
Tierpflegerin Steffi mit Hündin Lina.
Anni ist schon vier Jahre lang im Tierheim.
Anni ist schon vier Jahre lang im Tierheim.
Regelmäßig kümmert sich Carmen um Roy, der ebenfalls noch ein Zuhause sucht.
Regelmäßig kümmert sich Carmen um Roy, der ebenfalls noch ein Zuhause sucht.
Yoshi würde sich auch über ein neues Zuhause freuen.
Yoshi würde sich auch über ein neues Zuhause freuen.
Schoki ist sehr lebhaft und sollte lieber in einen Haushalt ohne Kinder.
Schoki ist sehr lebhaft und sollte lieber in einen Haushalt ohne Kinder.
Mambo sollte trotz seines beharrlichen Aussehens nicht unterschätzt werden.
Mambo sollte trotz seines beharrlichen Aussehens nicht unterschätzt werden.
Jeanne d‘Arc sucht auch noch ein Zuhause.
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Serafina zog mit ihren Welpen ins Tierheim. Während ihre Babys vermittelt wurden, ist sie noch im Tierheim.
Serafina zog mit ihren Welpen ins Tierheim. Während ihre Babys vermittelt wurden, ist sie noch im Tierheim.
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