Bürgermeister im Gespräch: Hessentag-Absage "trifft uns wirtschaftlich hart"

Sonntag, 14.06.2020
von HANS-HUBERTUS BRAUNE
BAD VILBEL - Mit dem Hessentags-Festzug sollte der 60. Hessentag an diesem Sonntag in Bad Vilbel seinen Höhepunkt erreichen. Wegen der Corona-Pandemie wurde auch das Landesfest schon vor einigen Wochen abgesagt.
Großveranstaltungen sind derzeit nicht erlaubt. "Wir bringen Hessen auf die Bühne" - so lautete das Motto der Quellen- und Festspielstadt. Frühestens im Jahr 2025 können die Bad Vilbeler ihren Hessentag nachholen. Bis dahin sind die Gastgeber bereits fest - im kommenden Jahr im osthessischen Fulda.
In Bad Vilbel waren die Vorbereitungen bereits auf der Zielgeraden als die Absage kam. Im KINZIG.NEWS-Gespräch schildert Bürgermeister Dr. Thomas Stöhr die Gefühlslage in seiner Stadt.
Herr Stöhr, die Corona-Pandemie hat auch die Pläne in Bad Vilbel zunichte gemacht. Normal läuft bei Ihnen gerade der Hessentag. Was fühlen Sie gerade?
Dr. Thomas Stöhr: Wir sind in Bad Vilbel alle sehr traurig, dass der Hessentag nicht stattfinden kann. Natürlich wären wir jetzt gern auf dem Gelände unterwegs und würden uns in der Landesausstellung informieren oder beim Landessportbund Sport treiben. Wir wären gern auf den Konzerten in der Arena oder im Festzelt oder bei der Höhner Rockin‘ Roncalli Show gewesen. Diese Vorstellungen sind natürlich gerade sehr präsent. Aber wir wissen auch, dass es die richtige Entscheidung war, den Hessentag gemeinsam mit dem Land Hessen abzusagen.
Wie beurteilen Sie die wirtschaftlichen Folgen für Ihre Stadt und den Unternehmen?
Dr. Thomas Stöhr: Die Absage trifft uns auch wirtschaftlich hart. Wir sind gerade dabei alle Zahlen zusammenzutragen. Da Verträge gekündigt oder Aufträge storniert wurden, gibt es derzeit auch noch Gespräche mit dem einen oder anderen Partner. Insgesamt aber hat Bad Vilbel für investive Maßnahmen rund 6,5 Millionen Euro vom Land Hessen erhalten und diese bleiben, da sie nachhaltig in die Stadtentwicklung investiert wurden. Ferner hat uns das Land Hessen zugesagt, dass man sich an nicht abwendbaren Kosten, die im Zusammenhang mit der coronabedingten Absage des Hessentags stehen, beteiligen wird.
Natürlich haben sich auch die Unternehmen auf Umsätze zum Hessentag gefreut, die nun allgemein wegbrechen.
Mit dem Hessentag sind ja einige Projekte mit Landesförderung verbunden. Konnten diese trotzdem umgesetzt werden?
Dr. Thomas Stöhr: Die Projekte, für die wir die erwähnten Zuschüsse erhalten haben wurden und werden umgesetzt, daran hat die Absage nichts geändert.
Bad Vilbel kann sich frühestens für das Jahr 2025 bewerben. Wie ist der Stand?
Dr. Thomas Stöhr: Zunächst einmal hat das Land Hessen uns den nächsten freien Hessentag im Jahr 2025 freigehalten. Hierauf können wir uns bis Ende des Jahres bewerben. In der zweiten Jahreshälfte werden wir hierzu Gespräche führen. Da wir hier viele Dinge beachten müssen, ist es jetzt noch zu früh einen Stand anzugeben.
In Fulda laufen derzeit die Diskussionen auf Hochtouren. Die Unsicherheit ist groß, in welcher Form der Hessentag 2021 geplant und durchgeführt werden kann. Wie ist Ihre Meinung, Sie waren ja mit den Planungen schon wesentlich weiter. Macht ein "halber" Hessentag mit deutlich weniger Angeboten wirtschaftlich Sinn?
Dr. Thomas Stöhr: Zunächst einmal drücke ich der Hessentagsstadt Fulda für einen erfolgreichen Hessentag 2021 alle Daumen. Fulda hat den großen Vorteil im Gegensatz zu uns, nicht mit so unmittelbarer Wucht von der Corona-Pandemie bei einem nahezu vollständig geplanten und vertraglich vereinbarten Hessentag zu stehen. Dies erhöht die Planungsflexibilität. Entscheidend ist meiner Meinung nach, wie man sich als Stadt präsentieren will. Immerhin richten sich alle Augen auf die Hessentagsstadt und man erhält eine einmalige Chance auf die Attraktivität der Stadt aufmerksam zu machen. Wir hatten uns auf eine Million Gäste eingestellt. Ich bin mir sicher, dass die Verantwortlichen der Stadt ein gutes Konzept erstellen werden.
Wie versucht die Stadt Bad Vilbel, vor allem auch die touristischen und kulturellen Angebote zu stärken?
Dr. Thomas Stöhr: Unser Kurhaus wird gerade saniert und nebenan entsteht eine neue Stadthalle. Dieses Ensemble wird zum einen ein Standort für neue und weitere kulturelle Veranstaltungen, aber soll auch dem Tagungsgewerbe zuträglich sein, weshalb in der unmittelbaren Nachbarschaft auch ein Tagungshotel gebaut wird. Die Therme, die die bekannte und erfahrene Thermengruppe Josef Wund bauen wird, wird Bad Vilbel nicht nur das Prädikat „Bad“ auf lange Sicht sichern, sondern auch im Naherholungs- und Tages- sowie Wochenendtourismus Bad Vilbel bekannter machen. Zudem weisen wir neue Wanderwege aus und bauen gezielt Radwege aus, teilweise gemeinsam mit regionalen Partnern, um das Radwegenetz in die Region deutlich zu verbessern. Unsere Burgfestspiele sind zwar für dieses Jahr ausgesetzt, aber sollen im kommenden Jahr wieder über 100.000 Besucherinnen und Besucher in die historische Wasserburg locken, hierfür sind wir mittlerweile weit über die Grenzen der Region bekannt. +++