BERLIN / HESSEN

Ratspräsidentschaft beginnt: Das will Deutschland erreichen - KN-Interview

Europaminister Michael Roth (SPD) übernimmt durch die Ratspräsidentschaft Deutschland in den sechs Monaten wichtige Aufgaben bei der EU. - Foto: privat


Mittwoch, 01.07.2020
von HANS-HUBERTUS BRAUNE / KEVIN KUNZE

BERLIN / HESSEN - Der 1. Juli ist traditionell ein Tag der Veränderung, auch in der Politik. Eine wichtige Veränderung kommt durch die halbjährige Ratspräsidentschaft Deutschlands in der Europäischen Union (EU), auf den osthessischen Bundestagsabgeordneten Michael Roth (SPD, Bad Hersfeld) zu.

In seiner Funktion als Europaminister übernimmt er mehr Verantwortung, unter anderem im Rat der Europaminister.Im Gespräch mit KINZIG.NEWS-Redakteur Hans-Hubertus Braune nimmt der 49-jährige Sozialdemokrat zu den Zielen und seiner Rolle in Europa Stellung.

KINZIG.NEWS: Welches sind die Kernziele für die sechsmonatige Ratspräsidentschaft?

Michael Roth: Ganz klar: Die Bekämpfung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie wird unsere Ratspräsidentschaft entscheidend prägen. Das schaffen wir nur gemeinsam und solidarisch. Aber gerade diese schwere Krise hat auch gezeigt, wie wichtig die Schwerpunkte sind, auf die wir uns bereits vor Corona verständigt haben: Nachhaltiger Klimaschutz, Stärkung des sozialen Zusammenhalts, Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, Ausbau der Digitalisierung und die Notwendigkeit, dass die Europäische Union in einer krisenbestimmten Welt mit einer Stimme spricht.

KN: Inwiefern verändert sich ihre tägliche Arbeit als Europaminister?

Michael Roth: Da ändert sich eine Menge. Für ein halbes Jahr wechseln wir jetzt von der Spieler- auf die Trainerbank. Das bedeutet unter anderem, dass ich für den Rest des Jahres den Rat der Europaminister leite und die Ratspräsidentschaft gegenüber dem Europäischen Parlament vertrete. Ich werde viel öfter als sonst in Brüssel und Straßburg sein. Da wird es unter anderem mit dem mehrjährigen Haushalt der EU und dem Programm zur sozialen und wirtschaftlichen Erholung um hunderte von Milliarden Euro gehen. Auf der Tagesordnung meines Ministerrates stehen zudem die Stärkung von Rechtsstaatlichkeit durch einen neuen Rechtsstaats-Check, dem sich alle Mitgliedstaaten unterziehen müssen, sowie der Brexit und Erweiterungsfragen. Das flößt mir gehörigen Respekt ein, aber mein Team und ich freuen uns auch sehr auf diese Zeit. 

KN: Sie sind ja auf den sozialen Medienplattformen aktiv und planen - wenn ich es richtig sehe - Formate, um das Thema Europa den Menschen näherzubringen?

Michael Roth: Ich nutze meine Social-Media-Kanäle, um meine Arbeit als Bundestagsabgeordneter und als Staatsminister transparent zu machen, Politikverdrossenheit entgegenzuwirken und bei Menschen jeden Alters Begeisterung und Interesse für meine Arbeit zu wecken - und für jene Themen, die mir besonders am Herzen liegen. Da geht es schon jetzt sehr oft um Europa. Die Ratspräsidentschaft bietet dazu natürlich eine ganz besondere Gelegenheit und Plattform - die möchte ich selbstverständlich nutzen. Deshalb habe ich mir einiges überlegt. Zum Beispiel kurze Erklärvideos, mit denen ich möglichst vielen Menschen die Ratspräsidentschaft nahebringen und verständlich machen möchte. Das ist aber nicht alles, auch Dialogformate mit Expertinnen und Kollegen sowie Frage-Antwort-Runden oder Einblicke hinter die Kulissen des täglichen Politikgeschäfts gehören dazu - egal ob in Berlin, Brüssel, Straßburg oder zu Hause im Wahlkreis.

KN: Welche wesentlichen Chancen sehen Sie aufgrund der Corona-Pandemie?

Michael Roth: Diese globale Krise hat ja ganz deutlich gezeigt: Der Virus hat keinen Reisepass und schert sich nicht um nationale Grenzen. Anders als es uns Nationalisten und Populisten vorgaukeln wollen: Nationale Alleingänge bringen uns nicht weiter, im Gegenteil. Wir werden am Ende nur erfolgreich sein können, wenn wir unsere Kräfte bündeln und gemeinsam gegen das Virus angehen. Das bedeutet zum einen, dass wir in der Gesundheitspolitik stärker zusammenarbeiten und solidarisch zusammenstehen werden. Das heißt aber auch, dass wir nun die Chance ergreifen müssen, unsere Wirtschaft neu aufzustellen und fit für die Zukunft zu machen. Die Europäische Union wird so viel Geld investieren, wie niemals zuvor in ihrer Geschichte. Dieses Geld muss zukunftsweisend, innovativ und klimagerecht verausgabt werden. Das heißt, wir wollen nicht in gestrige Technologien investieren, sondern in moderne Arbeitsplätze, in moderne Technologien. Wir wollen mit den großen Programmen den notwendigen sozialökologischen Umbau unserer Wirtschaft voranbringen. Die EU muss ihre Bevölkerung noch besser schützen - vor Pandemien, den Risiken der Globalisierung, vor sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit, dem Klimawandel, Terror und Krieg. Dafür arbeiten wir. +++

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