FRANKFURT AM MAIN

Polizeieinsatz nach Musikvideodreh: Wurden die Rapper unfair behandelt?

Fotos: privat


Montag, 06.07.2020
von MORITZ PAPPERT

FRANKFURT AM MAIN - Ende Juni führte der Dreh eines Musikvideos in Frankfurt zu einem Großeinsatz der Polizei (KINZIG.NEWS berichtete). Zahlreiche Medien haben darüber berichtet. Die betroffenen Personen drehten ein Rap-Video für den Künstler C.E.M aus Frankfurt. Wenige Tage, nachdem die Pressemeldung der Polizei in den Medien zu lesen war, fragte C.E.M bei KINZIG.NEWS an, ob sie sich zu dem Vorfall äußern könnten. Die Medien hätten falsch berichtet, die Polizei hätte Gewalt angewendet und sie würden gerne klarstellen, wie es wirklich passiert ist. Wir haben die Pressestelle der Polizei in Frankfurt gebeten, zu den Äußerungen Stellung zu beziehen.

Was hattet ihr vor? Wofür war das Musikvideo? Um was geht es dort?

"Wir wollten ein Musikvideo für meinen neuen Track drehen. Ich bin Künstler und unter dem Namen C.E.M bekannt. Das Musikvideo wäre für meine Seite gewesen, also für YouTube.  Es geht bei dem Video um die Straße und das Leben, was die meisten dort erleben, da viele Geldprobleme haben, das heißt auch Gewalt steht auf der Tagesordnung."

Wie ist der Polizeieinsatz aus eurer Sicht abgelaufen?

"Der Einsatz ist ziemlich heftig abgelaufen, da klar war, worum es sich dreht bei der Ankunft. Und uns dann zu behandeln wie schwer Kriminelle geht gar nicht."

Statement Polizei: "Der größte Teil der Personen verhielt sich vor Ort ruhig und kooperativ. Einige wenige Personen störten die Amtshandlungen teils verbal, aber auch in körperlich aggressiver Art und Weise. Aufgrund dessen wurden Zwangsmaßnahmen in Form von Fesselungen dieser Personen vorgenommen."

Ist der Einsatz aus eurer Sicht berechtigt gewesen?

 "Klar war er berechtigt, da die Leute ja nur den Schuss gehört haben. Denen, die in der Nähe waren, war es wohl egal, die fanden es  - wie manche von uns  - aber auch nicht gut, aber es geht um die Straße und die Gewalt."

Statement Polizei: "Es ging bei der Polizei die Meldung über eine Personengruppe ein, die teils maskiert sei und es seien bereits Schüsse aus einer Schusswaffe gefallen. Bei derartigen Mitteilungen müssen wir als Polizei konsequent und bestimmt einschreiten, um Gefahren für Unbeteiligte auf ein Minimum zu reduzieren. Das professionelle, konsequente Auftreten der Einsatzkräfte ist zwingend erforderlich und wurde jederzeit im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durchgeführt. "

Ist es richtig, dass die Polizei Waffen und Drogen gefunden hat?

"Der Schuss wurde aus einer Schreckschusspistole mit dazu gehörigem Waffenschein abgegeben. Es sollte halt hart aussehen für das Video. Außer einem Teleskopschlagstock wurde nichts gefunden, nein. Das eine war eine Schreckschusspistole und das andere war eine aus Plastik angefertigte Requisite. Drogen, naja, es waren vielleicht zwei Gramm insgesamt und das verteilt auf mehrere Personen, der eine hatte sogar nur 0,2 Gramm, also, schlimm ist das jetzt nicht. Ist zwar illegal, aber wer hat es noch nicht mal ausprobiert?"

Statement Polizei: "Es wurden im Rahmen dieses Einsatzes knapp 4 Gramm Betäubungsmittel (Marihuana und Haschisch) aufgefunden und beschlagnahmt. "

Wieso habt ihr den Dreh nicht angemeldet?

"Ich hatte mit der Anmeldung nichts zu tun, hab nur die Daten gesagt bekommen und bin mit Freunden dann an diesem Ort erschienen. Aber im Endeffekt sind wir auch selbst dran schuld und hätten uns selbst drum kümmern sollen, aber wir sind auch nur Menschen und lernen auch aus Fehlern."

War euch bewusst, dass es Probleme mit der Polizei geben könnte bezüglich Corona und den Waffen?

"Nein, da es keine Veranstaltung war, sondern ein Treffen unter Freunden, halt da, wo ich wohne. Die Leute wollten wissen was wir machen und die haben es mega gefeiert. Diese Jungs unterstützen mich seit Tag 1, feiern meine Musik.

Ich wollte kein Arschloch sein und denen verbieten, dabei zu sein, dank diesen Menschen kann ich weiter an meinen Traum glauben. Die Ironie an der Sache ist ja, dass wir trotz so vieler Menschen alle Masken hatten, also sagen wir 90 Prozent und die Polizei kam ohne  - nur einer von denen trug eine. Da ist die Frage, wer hat wen in eine risikoreiche Lage gebracht. "

In eurer Nachricht war von Polizeigewalt die Rede, wie haben die Polizisten euch behandelt?

"Ein Kollege, der eine Behinderung hat, den haben sie auf den Boden geschmissen und sind ihm dabei mit dem Knie noch in die Niere gestiegen. Warum, wo ist die soziale Kompetenz für Menschen die nicht dasselbe Potenzial haben wie wir, das ist in meinen Augen asozial das Verhalten, man muss vielleicht darüber nachdenken, einen Kurs für sowas zu machen oder sich mit solchen Menschen mehr auseinandersetzen, das ist ihr Job jeden gleich zu behandeln."

Statement Polizei: "Im Laufe des Einsatzes kam es vereinzelt zu Fixierungen von Personen mittels Handfesseln. Zwangsmaßnahmen gegen eine Person mit offensichtlicher geistiger oder körperlicher Behinderung sind uns hier nicht bekannt. "

"Die ganze Kontrolle hat den meisten Angst gemacht, ein paar kannten es nicht anders. Der Kollege kennt sowas gar nicht und fragt sich, wie man die Rechte eines Menschen so verletzen kann, der hatte anfangs leicht Panik so wie ich und andere, wie die da mit ihren Mp5 ankamen und selbst Leute mit Verletzungen getriezt haben. Sie haben keine Masken getragen, wir werden als kriminell und verantwortungslos dargestellt, da es ja in Corona-Zeiten ist. Dass Unbeteiligte verhaftet wurden, wurde auch nicht erwähnt." 

Statement Polizei: "Die Polizei Hessen trifft eine Vielzahl an Maßnahmen, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor einer Infektion zu schützen und so die Handlungsfähigkeit des Staates aufrecht zu erhalten. Aktuell ist ein generelles Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) durch Polizistinnen und Polizisten des Landes Hessen während des Einsatzes im Freien nicht vorgeschrieben. Jedoch stehen MNB sowie weitere Schutzausrüstung jeder Beamtin bzw. jedem Beamten zur Verfügung, um je nach Beurteilung der Lage im Einzelfall eingesetzt werden zu können.

Basierend auf den inzwischen vorhandenen Erfahrungswerten wird die Polizei Hessen auch weiterhin alles tun, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und damit auch die Bürgerinnen und Bürger – vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu schützen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei werden intensiv von arbeitsmedizinischen Fachkräften beraten und beschult, in welchen Einsatzsituationen das Tragen von Schutzbekleidung sinnvoll und nötig ist. Letztlich obliegt es jeder einzelnen Beamtin / jedem einzelnen Beamten, den Einzelfall zu bewerten und sich anschließend für oder gegen das Tragen einer MNB zu entscheiden."

"Im Endeffekt ist die ganze Darstellung schon ziemlich verdreht und kommt meiner Meinung kaum noch an die wahren Ereignisse ran."

Statement Polizei: "Die Pressemitteilung wurde in Absprache mit den involvierten Dienststellen sowie Kolleginnen und Kollegen gefertigt. Sie ist sachlich und wertneutral formuliert, einen Bedarf der Änderung oder Ergänzung sehen wir nicht." +++