HFV-Präsident Stefan Reuß sauer auf Politik: Flickenteppich im Fußball

Dienstag, 14.07.2020
von HANS-HUBERTUS BRAUNE
GRÜNBERG - Selbst Stefan Reuß kann es langsam nicht mehr verstehen. Während zum Beispiel in Niedersachsen, Thüringen und Westfalen die Amateurfußballer wieder "richtig" trainiert und Freundschaftsspiele austragen dürfen, gibt es in Hessen nach wie vor härtere Regeln. Maximal zehn Fußballer dürfen in einer Gruppe zusammen trainieren. Spiele sind derzeit ausgeschlossen.
Jetzt fordert der Präsident des Hessischen Fußball-Verbandes antworten von der Politik in Wiesbaden. "Das ist für uns als Verband kaum mehr erklärbar. Wir brauchen keinen Flickenteppich, sondern eine einheitliche Regelung in Deutschland. Wir haben immer gesagt, dass die Wiederaufnahme des Spielbetriebs vom weiteren Infektionsgeschehen und damit zusammenhängenden behördlichen Vorgaben abhängig ist. Jetzt muss die Politik Handeln und den Flickenteppich beenden. Ich habe mich daher an die hessischen Minister Peter Beuth und Kai Klose gewandt", sagt Reuß in einem Interview, welches auf der Verbandseigenen Internetseite erschienen ist.
"Es geht aber dabei nicht nur um Worte, sondern unser Ansinnen ist auch mit wissenschaftlichen Fakten unterlegt, die besagen, dass die zeitliche Dauer eines unter dem Gesichtspunkt einer Infektionsgefahr relevanten köpernahen Kontaktes während eines 90-minütigen Fußballspiels auf weniger als eine Minute begrenzt ist. Hinzu kommt, dass beim Fußball als Freiluftsportart eine Übertragung über Aerosole nahezu ausgeschlossen werden kann. Damit hat dieser Übertragungsweg, der gerade bei Ausbruchsereignissen mit vielen Infektionsfällen ursächlich war und ist, beim Fußball keine Relevanz, was eine erhebliche Reduktion des Weiterverbreitungsrisikos bedeutet."
In dem Interview werden unter anderem die folgenden Fragen gestellt:
Also war der Lockdown im Fußball unnötig?
Stefan Reuß: Nein, das sehe ich nicht so. Zu diesem Zeitpunkt mussten wir alles tun, um ein unkontrolliertes Infektionsgeschehen zu verhindern. Dafür waren diese restriktiven Maßnahmen sinnvoll und natürlich ist es auch weiterhin wichtig, gegebene Regeln zu unserem eigenen Schutz und dem unserer Mitmenschen einzuhalten, um die Infektionszahlen niedrig zu halten und unbedingt eine zweite Welle zu verhindern.
Wie ist der weitere Plan für Hessen?
Stefan Reuß: Unser Wunsch ist es, den ersten Spieltag der neuen Meisterschaftsrunde 2020/2021 an dem Wochenende des 5. und 6. September auszutragen. Wenn es die Vorgaben zulassen, ist an dem vorherigen Wochenende Ende August eine Pokalrunde denkbar. Außerdem sollte vorher noch ausreichend Zeit für eine gute Vorbereitung sein.
Wie wahrscheinlich ist dieser Termin?
Stefan Reuß: Wenn wir uns alle an die Hygiene- und Abstandsregeln halten, wenn wir umsichtig und sind und die gebotene Vorsicht walten lassen, kann das alles gelingen. Wir unterstützen ausdrücklich die Corona-Warn-App und werben darum, dass möglichst viele Fußballerinnen und Fußballer diese installieren.
Wir appellieren auch an die Vernunft und warnen vor allzu viel Freizügigkeit und Überschwänglichkeit. Manche Bilder aus Urlaubsgebieten sollten uns eine eindringliche Warnung sein.
Was bedeutet das aktuelle Geschehen für den geplanten Verbandstag Ende November?
Stefan Reuß: Wir hoffen natürlich, diesen Verbandstag am 28. November 2020 durchführen zu können. Für eine Veranstaltung in dieser Größenordnung ist nach jetzigem Stand eine Sondergenehmigung notwendig. Außerdem müssen die bisher noch nicht abgehaltenen Kreisfußballtage im Vorfeld stattfinden. Aber mit den in den letzten Monaten gesammelten Erfahrungen, einhergehend mit der Beruhigung des Infektionsgeschehens, bin ich guten Mutes, dass es funktioniert. +++