WÄCHTERSBACH

Ein Jahr nach dem Anschlag auf Bilal (27) - Vorwürfe bei Kundgebung

Rund 80 Menschen trafen sich am Mittwochabend vor dem Bahnhof in Wächtersbach - Fotos: Hans-Hubertus Braune


Donnerstag, 23.07.2020
von HANS-HUBERTUS BRAUNE

WÄCHTERSBACH - Vor einem Jahr wurde der damals 26-jährige Bilal in der Industriestraße in Wächtersbach aus einem Auto heraus angeschossen. Der Familienvater aus Eritrea überlebte den Anschlag - nach einer Notoperation mit schweren Verletzungen. Sechs Schüsse gab der Täter ab und erschoss sich wenig später selbst.

In einem Exklusivinterview sagt das Opfer gegenüber dem Hessischen Rundfunk, dass es ihm seelisch schlecht gehe und er am liebsten Deutschland verlassen wolle. Er habe Angst, könne kaum schlafen und traue sich in der Dunkelheit nicht mehr aus dem Haus. Er lebt mit seiner Familie jetzt in Hanau.

Ausgerechnet dort kam es am 9. Februar dieses Jahres zu einem weiteren Anschlag, bei dem zehn Menschen aus verschiedenen Herkunftsländern erschossen wurden, sich der Täter ebenfalls erschoss. Bei einer Kundgebung am Mittwochabend auf dem Bahnhofsvorplatz erinnerten rund 80 Menschen an die Taten - ebenso an die Anschläge in Halle und Wolfhagen-Istha.

Sie erinnerten an die Opfer von rechter Gewalt etwa in Wächtersbach oder Hanau
Sie erinnerten an die Opfer von rechter Gewalt etwa in Wächtersbach oder Hanau

Das Aktionsbündnis gegen rechts hatte dazu aufgerufen, genau ein Jahr nach der Tat von Wächtersbach. Einen Tag zuvor erinnerten politische Vertreter wie Bürgermeister Andreas Weiher und Landrat Thorsten Stolz am Tatort an das Geschehene in einer nicht öffentlichen Versammlung.

"Lückenlose Aufklärung" gefordert

"Wir fordern lückenlose Aufklärung aller rassistischen Mordversuche und Gerechtigkeit der Opfer von rechter Gewalt", sagte Sarah Krüger. In den weiteren Redebeiträgen wurden die politischen Verantwortlichen kritisiert, die Aufklärung und Ermittlungen nicht genügend voranzubringen. Worten müssten Taten folgen. Sie forderten den Rücktritt von Innenminister Peter Beuth, aber auch von Bürgermeister Weiher. Die Taten würden laut den Aktionsbündnissen nicht ordentlich aufgeklärt und Konsequenzen daraus gezogen.

Das Aktionsbündnis sowie eine Vertreterin der Initiative "19. Februar" aus Hanau übten scharfe Kritik an der Politik. Die Sprecherin der Hanauer Initiative rief zur Teilnahmen an einer Demonstration am 22. August dieses Jahres in Hanau auf. "Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen" lauten die Forderungen nicht nur für die Anschläge in Hanau und Wächtersbach.

"Unsere Frage an die Politik und die Behörden: Worauf wartet ihr eigentlich, wenn nicht auf den nächsten Anschlag?" heißt es in einem Aufruf zur Demonstration. In Wächtersbach folgten rund 80 Menschen auf den von einigen Polizeibeamten abgesicherten Bereich vor dem Bahnhof der Kundgebung. Rund die Hälfte waren junge Leute, die mit einem Regionalzug aus dem Raum Frankfurt am Main nach Wächtersbach kamen. Nur wenige Einheimische waren vor Ort. Zwei Damen hielten Plakate in die Luft "Wächtersbach ist bunt". Nach knapp einer Stunde war die friedliche Kundgebung beendet. +++

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