Katastrophe in Kenia: Zu Corona kommt die Dürre
Donnerstag, 23.07.2020
GELNHAUSEN/KENIA - Am vergangenen Wochenende hat der Gelnhäuser Verein „Wir helfen in Afrika“ erneut mehr als 17 Tonnen Hilfsgüter in und um Mamba Village im Südosten Kenias verteilt. Die Lebensmittelpakete helfen den Menschen im Projektgebiet des Vereins, die seit Ausbruch der Corona-Pandemie ihre Einkünfte und damit die Grundlage des Überlebens verloren haben. Zwar gibt es auch in Kenia inzwischen Lockerungen der strengen Ausgangs- und Kontaktsperren. Die Situation verbessert sich für die Menschen aber nicht. Schlimmer noch: Ihr Leben wird durch eine weitere Katastrophe bedroht.
Seit Anfang April waren Nairobi, Mombasa und die Distrikte Kalifi und Kwale, in dem Mamba Village, Ukunda und Lunga Lunga liegen, abgeschottet, wenige Wochen später folgte der Lockdown im gesamten Land. Seitdem hat der Großteil der Menschen im Projektgebiet ihre Lebensgrundlage verloren. Kinder gehen nicht mehr zur Schule, ihre Eltern haben ihre Jobs im Tourismussektor verloren. Nicht nur Hotelmitarbeiter sind betroffen: Handwerker, Taxi- und Busfahrer, Reiseführer, Großhändler, Kleinbauern – sie alle hängen direkt oder indirekt vom Tourismus ab.
Solch ein Kleinbauer ist Umazi Gude. Vereinsmitglied Peter Musomba hat ihn und seine Frau Elam Mugusi besucht. Die beiden leben in Mamba Village von dem, was sie auf ihrem Land anbauen. Es hat schon vor Corona nicht gereicht, auch nur eines ihrer neun Kinder in die Schule zu schicken. Alle Kinder sind Analphabeten wie ihre Eltern. Zumindest für eine Mahlzeit am Tag hat es bisher gereicht. Doch nun droht eine verheerend schlechte Ernte. Zu Beginn der Regenzeit gab es heftige Wolkenbrüche. Es folgte eine Dürre, die bis heute anhält. Sie kam viel zu früh, als es eigentlich noch Wochen hätte regnen sollen. „Unsere Maiskolben sind winzig. Die Pflanzen verdorren, die Körner können sich gar nicht richtig ausbilden“, klagt der Kleinbauer. Dabei ist nicht nur die Region an der Küste betroffen. Landwirtschaftsinitiativen aus dem gesamten Land berichten vom unberechenbaren Wetter – auch und vor allem aufgrund des Klimawandels.
„Ich habe Elam Mugusi und Umazi Gude gegen Mittag besucht, eigentlich die Zeit des Tages, in der gemeinsam gegessen wird“, berichtet Peter Musomba. „Doch auf dem Herd köchelte nur eine dünne Brühe. Nährwert gleich Null.“ Das WhiA-Vereinsmitglied drückte der Familie 200 Kenia-Shilling in die Hand, als erste Soforthilfe. Inzwischen hat sie auch ein Hilfspaket erhalten. „Wir absolvieren derzeit einen Staffelmarathon, dessen Ziellinie wir noch nicht erkennen können“, beschreibt Vorsitzender Helmut Günther die Situation des Vereins.
„Glücklicherweise halten viele Menschen in Gelnhausen und der gesamten Umgebung mit uns diesen Staffelstab. Sie reichen ihn weiter an Freunde und Bekannte. Darum können wir diese riesige Menge an Hilfsgütern beschaffen und verteilen lassen.“ Eigentlich hatten die Verantwortlichen in Gelnhausen und Kenia gehofft, die Menge reduzieren zu können. „Denn jetzt beginnt die Erntezeit. Dann sollten zumindest die Familien mit eigenem Land etwas besser gestellt werden.“ Doch diese Hoffnung hat sich mit dem Blick über die kargen Felder mit mickrigen Pflanzen und staubtrockenen Feldern zerschlagen. „Eigentlich schießt der Mais derzeit geradezu in den Himmel. Auf den Fotos aus Mamba Village sehe ich aber nur kümmerliche Pflänzchen“, so Günther. „Wir werden also einen langen Atem brauchen auf unserem Marathon. Doch uns treibt weiterhin die große Hoffnung, am Ende der Pandemie unsere Freunde so fest in den Arm nehmen zu können, wie wir derzeit unseren gemeinsamen Staffelstab in der Hand behalten.“
Wer mit dem Verein gemeinsam den Staffelstab halten will, kann dies durch eine Spende auf das Konto mit der Iban DE59506616390007330073. Weitere Infos gibt es im Internet unter www.wirhelfeninafrika.de.
Zum aktuellen Soforthilfeprojekt
Ein Hilfspaket für etwa 40 Euro kann eine kleine Familie wochenlang versorgen. Außerdem verteilt der Verein kleinere Pakete im Wert von etwa zehn Euro. In der Krankenstation in Lunga Lunga erhält jeder Patient zwei Kilo Maismehl und ein Kilo Reis. Örtliche Näherinnen haben inzwischen mehr als 8000 Mund-Nase-Masken genäht, die der Verein in den Krankenstationen in Lunga Lunga und Mamba Village verteilen lässt.
Zur Corona-Situation in Kenia
In Kenia werden nur wenige Menschen auf das Corona-Virus getestet. Alarmierend ist aber, dass derzeit knapp 20 Prozent der getesteten ein positives Ergebnis erhalten. Insgesamt gab es 13.771 positiv getestete Menschen in Kenia seit März, 238 starben. „Die Zahl der Genesenen ist mit mehr als 5700 erfreulich hoch. Das liegt wohl vor allem an unserer jungen Bevölkerung“, so Peter Musomba. Mehr als 58 Prozent der kenianischen Bevölkerung ist jünger als 25 Jahre. Gleichzeitig verfügt das 50-Millionen-Volk über nicht einmal 1000 Intensiv-Betten. Auch deshalb hat Kenia strenge Ausgangs- und Kontaktsperren verhängt, die die Bevölkerung in mehrfacher Hinsicht treffen. (PM) +++