Mit Musik gegen die Einsamkeit: So ist die Situation in den Alten- und Pflegezentren
Mittwoch, 02.09.2020
von MORITZ PAPPERT
MAIN-KINZIG-KREIS - Die Corona-Krise hat uns alle in den letzten Monaten auf die Probe gestellt. Doch besonders die älteren Menschen hatten es schwer. Besuchsverbote und strenge Hygieneregeln prägten das Leben in den Alten- und Pflegezentren der Region. Auch in den Alten- und Pflegezentren des Main-Kinzig-Kreises (APZ-MKK) hat sich der Alltag verändert. Wir haben darüber mit dem Pressesprecher Theodor Vasilache gesprochen.
Wie hat Corona die Arbeit in den Alten- und Pflegezentren verändert?
"Es war in der Tat ein ereignisreiches halbes Jahr. Bereits Mitte März haben die Alten- und Pflegezentren des Main-Kinzig-Kreises erste Maßnahmen ergriffen, um einer durch das Besuchsverbot drohenden Isolation der Bewohnerinnen und Bewohner in den 12 Einrichtungen des Kreises entgegenzuwirken. Auf Initiative der Geschäftsleitung wurde das unternehmensweite Projekt „Gemeinschaft trotz(t) Distanz“ ins Leben gerufen. Ziel aller im Rahmen des Projekts umgesetzten Maßnahmen ist es, den Bewohnern, die in dieser schwierigen Lage in ihren Möglichkeiten eingeschränkt sind, soziale Kontakte, Nähe trotz räumlicher Distanz und eine Teilhabe am gesellschaftlichen Miteinander zu ermöglichen. Die Leitung des Projektes liegt in der Hand der Geschäftsführung. Zur Koordination der notwendigen Schutzmaßnahmen im Unternehmen, beriefen die APZ-MKK zu Beginn der Pandemie einen Krisenstab ein. Der Krisenstab stimmt sich täglich ab, um die Entwicklung der Pandemie zu beobachten und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
In den einzelnen Einrichtungen werden die geltenden Pandemiepläne umgesetzt und, wenn notwendig, durch neue Erkenntnisse aktualisiert. Interne Newsticker für Mitarbeiter und kontinuierliche Kommunikation an die Angehörigen und Öffentlichkeit schaffen eine transparente Informationspolitik. Für Angehörige wurde die CORONA-Hotline geschaffen. Diese steht bis heute unter einer allgemeinen Rufnummer für Fragen rund um Corona zur Verfügung. Besuche und Ausgänge können künftig nun über ein Besuchssystem auch online gebucht werden."
Welche besonderen Maßnahmen gab es?
"Erlassene Besuchseinschränkungen und die damit erzwungene Isolation können das Gefühl von Einsamkeit hervorrufen, dem ist die Gemeinschaft aus Geschäftsleitung, Krisenstab, Mitarbeitern und Bewohnern aktiv begegnet. Das Handeln aller Beteiligten richtete sich von Beginn an darauf, Gemeinschaft unter den gegebenen Umständen für die Bewohner unser Einrichtungen spürbar und erlebbar zu machen. Nach Einführung des generellen Besuchsverbots in den Einrichtungen wurden zur Kompensation der nicht möglichen Familienbesuche den Einrichtungen Laptops zur Verfügung gestellt, um Videotelefonie mit Angehörigen und Freunden zu ermöglichen. Da zu Beginn der Pandemie auch alle Gruppenangebote und Veranstaltungen abgesagt werden mussten, erschien es den Verantwortlichen geboten, soziale Kontakte im möglichen Umfang zu gewähren, ohne die Arbeitssituation der Pflegekräfte zu verschärfen. So entstand die Idee der ehrenamtlichen Telefonbetreuung (durch Telefonpaten), die Gespräche zwischen Interessierten und Bewohnern vermittelte. Sie gewährleistete eine Verbindung der Einrichtungen in das örtliche Umfeld. Ebenfalls sollte der enge Kontakt zu Schulen und Kindergärten in der Nähe der Einrichtungen, der sonst durch gemeinsame Aktionen der Kinder mit den Senioren gepflegt wird, nicht abbrechen. Deswegen wurden Grüße und Gemälde der Kinder in diesem Jahr per Post verschickt."
Wie ist die Situation aktuell?
"Auch die soziale Betreuung der Bewohner*innen musste entsprechend angepasst werden. Gruppenangebote wurden durch ein umfangreiches Angebot der Einzelbetreuung ersetzt. Fachkräfte der sozialen Betreuung nutzten das Außengelände der Einrichtungen als Übungsraum für Balance- und Krafttraining. Im Rahmen der bereits zuvor bestehenden Veranstaltungsreihe „Kunst & Kultur erleben“, wurden seit Mitte März Kulturveranstaltungen und Konzerte auf dem Gelände bzw. den Außenanlagen der Einrichtungen angeboten. Um Bewohner weiterhin vor einer Ansteckung bestmöglich schützen zu können, organisierte der Koordinator der Veranstaltungsreihe zusammen mit unterschiedlichen Künstlern zahlreiche Balkon-, Terrassen- und Parkplatzkonzerte auf dem Gelände aller zwölf Einrichtungen des Kreises. Die Bereitschaft der Musiker, bis zu viermal aufzutreten, damit jeder Bewohner von seinem Fenster aus, die Musik hören konnte, zeigt das Engagement der Künstler und ihr Anliegen, dass sich die verbindende und tröstende Kraft der Musik überall verbreiten konnte."
Die Besuchsregelungen waren in den letzten Monaten eingeschränkt. Wie hat sich das auf die Bewohner ausgewirkt?
"Das Gefühl, gemeinsam der Herausforderung gewachsen zu sein, wurde dabei einerseits durch den Einsatz von Ehrenamtlichen und Partnern verstärkt. Beispielsweise durch Ehrenamtliche, die sich um Desinfektionsmittelspenden bemühten oder Stoffmasken für die Pflege-und Betreuungskräfte nähten. Darüber hinaus verschafften Ehrenamtliche den Bewohnern durch Rikscha-Fahrten eine wunderbare Zeit im Freien – unter Einhaltung strenger Hygieneregeln. Andererseits würdigten Dankesaktionen, an denen sich besonders der Betriebsrat – als fester Bestandteil im Krisenstab – beteiligte, das Engagement der Mitarbeiter, die sich in diesen besonderen Zeiten mit viel Einsatz um die Bewohner gekümmert haben, und sich fast täglich auf neue Herausforderungen einstellen mussten. So wurde durch einen Eiswagen ein mobiles Mitarbeitersommerfest organisiert, wöchentlich kleine Präsente und MNS mit einem lachenden Gesicht verteilt und der Zusammenhalt aller, denen das Wohlergehen der Bewohner am Herzen liegt, gestärkt."
Was haben die Alten- und Pflegezentren den Bewohnern geboten, um dieser harten Zeit entgegenzuwirken?
"Die Geschäftsführung und der Krisenstab stimmen alle im Rahmen des Projektes „Gemeinschaft trotz(t) Distanz“ durchgeführten Aktionen vorher ab, um zu gewährleisten, dass sie mit den geltenden Schutzmaßnahmen in Einklang stehen. In enger Zusammenarbeit mit den Einrichtungsleitungen und Fachabteilungen (IT, soziale Betreuung, Qualitätsmanagement, Marketing & Pressearbeit) werden die unter Punkt 3 beschriebenen Maßnahmen umgesetzt. Alle geplanten Aktionen orientieren sich an den Bedürfnissen und Wünschen der Bewohner unserer Einrichtungen und werden daran ausgerichtet. Täglich finden Video- und Telefonkonferenzen statt, um eine enge Abstimmung zu erreichen und zu gewährleisten, dass alle Maßnahmen und Aktionen sich ergänzen und zu einem Gesamtprojekt ineinander greifen."
Welche Erkenntnisse ziehen die Alten- und Pflegezentren Aus der Corona-Zeit für die Zukunft?
"Nach einem halben Jahr im Umgang mit der Pandemie lässt sich trotz aller Schwierigkeiten eine positive Bilanz ziehen. Die Bereitschaft der Ehrenamtlichen und Mitarbeiter zu helfen ist und war sehr hoch und zeichnete sich durch viele kreative Ideen und Vorschläge aus. Die von Beginn an offene Kommunikation zwischen dem Unternehmen und den Angehörigen trug zur Akzeptanz der getroffenen Maßnahmen bei. Nicht zuletzt stärkte das gemeinsame Bemühen den Zusammenhalt aller Beteiligten. Die gemeinsamen Anstrengungen im Zeitraum des halben Jahres hatten zur Folge, dass die Infektionszahlen in den Einrichtungen erfreulich niedrig und symptomfrei geblieben sind." +++